Unser Hotlist-Blog ist umgezogen

Mit Beginn des Jahres 2014 ist unser Hotlist-Blog umgezogen. Alle künftigen Einträge sind zu finden unter derhotlistblog.wordpress.com

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Simon Grant (Hg.), Ref/verenz

Simon Grant (Hg.), Ref/verenz. Zeitgenössische Wahlverwandtschaften
Simon Grant (Hg.), Ref/verenz. Zeitgenössische Wahlverwandtschaften

"Kunstgeschichte(n) neu erzählt – von 80 zeitgenössischen Künstlern, die darüber Auskunft geben, welche Künstler früherer Zeiten sie lieben, welche Werke früherer Meister sie nachhaltig inspiriert und in ihrer Arbeit beeinflusst haben.

 

Rachel Whiteread (geb. 1963) beschreibt Piero della Francesca (um 1415–1492) als Maler mit so herausragenden plastischen und architektonischen Qualitäten, dass sie, die zeitgenössische britische Bildhauerin, behauptet, vor dessen Gemälden seit Jahren immer wieder aufs Neue sehen und arbeiten zu lernen.

 

Urs Fischer (geb. 1973) hingegen, der Schweizer, hat in Medardo Rosso (1858–1928) sein Vorbild gefunden. Er erzählt von so merkwürdigen (ja abstrusen) Dingen, dass man danach sowohl Fischer als auch Rosso neu wahrnimmt.

 

Und Ed Ruscha (geb. 1937), der kalifornische Altmeister, bekennt, dass er seit Jahrzehnten – seit 1961! – bei jedem Besuch in London die Tate Gallery aufsuchen muss, um dort der engelsgleichen, im Wasser treibenden Ophelia des englischen Präraffaeliten John Everett Millais (1829–1896) zu begegnen ...

 

Immer wieder gerät man ins Staunen und empfindet das Buch wie ein Kaleidoskop: Blättert man eine Seite um, tun sich neue Einsichten und Zusammenhänge auf.

An einer Stelle sagt Jeremy Deller (geb. 1966), der britische Konzept-, Video- und Installationskünstler, über seinen Landsmann William Hogarth (1697–1764): "Zwar ist er seit fast 250 Jahren tot, aber er ist ein zeitgenössischer Künstler."

Eine größere Reverenz kann einem längst Verstorbenen wohl nicht erwiesen werden.

 

Das ist das Schöne an diesem vielstimmigen Buch: Jeder Text ist mit Herzblut geschrieben. Grenzen und Distanzen zwischen Generationen, zwischen Räumen und Zeiten werden – weil die Augen von Künstlern es so empfinden – wieder und wieder aufgehoben, von Seite zu Seite macht man Entdeckungen: ein Buch voll neuer Referenzen!"

(Text: Piet Meyer Verlag)

 

  • Simon Grant (Hg.), Ref/verenz. Zeitgenössische Wahlverwandtschaften. Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. 208 Seiten, 152 Abbildungen, davon 135 in Farbe. Gebunden mit Schutzumschlag. 18,8 x 26,6 cm. Piet Meyer Verlag, Bern 2013. 28,40 Euro (= Kapitale Bibliothek Nr. 7)
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Ulf Stolterfoht, Die 1000 Tage des BRUETERICH

Ulf Stolterfoht, Die 1000 Tage des Brueterich
Ulf Stolterfoht, Die 1000 Tage des Brueterich

"1000 Tage lang, vom 10. September 2010 bis 5. Juni 2013, erschien unter der Adresse http://ulfstolterfoht.wordpress.com die linke Tageszeitung BRUETERICH TM.

Allnächtlich, um genau 00:01h, fanden sich der aktuelle Beitrag und ein liebevoll ausgewähltes Musikstück in den elektronischen Briefkästen der Leser.

Unter dem Motto "Und wenn man sie fragt: Wo haben Sie's zum ersten Mal gehört? Dann sagen Sie, ganz schlicht, ganz keusch und ganz husch-husch: Auf BRUETERICH TM!" formierten sich so tausend kleine Fünfzeiler zum monumentalen Systemgedicht.

 

Der vorliegende roughbooks-Band dokumentiert das immer weiter ausfransende Textgeschehen erstmals und vollständig auf Papier. Statt eines Nachworts findet sich eine Listung aller neununddreißig Kammern des Systems BRUETERICH, die gemeinsam mit ihrer Speerspitze BRUETERICH TM im Juni 2013 in den virtuellen Tiefen verschwanden. 

(Text: roughbooks)

 

"besser eine biene im bett als eine drohne über kabul!"

(Brueterich TM, Eintrag vom 7. November 2012)

 

Wahrscheinlich werden bei einem Buchhandelskunden, dem auf dem Neuheitentisch ein Cover wie das nebenstehend abgebildete auffällt, sofort alle Warnlämpchen aufblinken (au wei, experimentelle Literatur!). Aber warum eigentlich Warnlämpchen?! Wäre nicht auch eine andere Reaktion denkbar, zum Beispiel Neugierde auf verrücktes Zeug? Oder einfach nur: Neugierde auf Neues?

 

Übrigens ist dieser allererste Text des "Tagesmediums" BRUETERICH nicht typisch für das weitere "Textgeschehen" (gutes Wort!). Was als "Systemgedicht" beginnt, als fortlaufendes Gedicht des Systems BRUETERICH, nimmt bald eine andere, geschmeidigere Gestalt an. Gedichte sind es gleichwohl, nur überhaupt nicht in der Art, wie man sie vielleicht erwartet.

 

Die Form von Kurztext + (meist) Musikvideo ist recht bald gefunden, und selbstverständlich sind beide jeweils, muss schon sagen: liebevoll, aufeinander abgestimmt, wenn es nicht gerade eine Morricone- oder Thema Bär-Woche gibt, mit Art Bears, Grizzly Bear, Panda Bear, Richard T. Bear, Yogi Bear, Minus The Bear und Elvis Presleys "Teddy Bear" ... da kann sich die Tonspur schon mal verselbständigen.

Inhaltlich gibt sich BRUETERICH TM free, alles ist poesiefähig, allein das schön Poetische, das klassisch Poetische, wird gemieden, es gibt keine Naturgedichte (Stadtgedichte ja), keine Liebesgedichte, keine (dezidiert) politischen Gedichte.

Dafür klingt ein überzeichneter, parodistischer Bildungsroman an (mit dem Helden BRUETERICH, auch BRUETI oder BRUETERA), der Literaturbetrieb wird ironisch ins Auge gefasst.

 

Neben dem Band Ammengespräche, der auf hochwitzige Weise Fragestellungen der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie behandelt und der Preissatire Das deutsche Dichterabzeichen, ist Die 1000 Tage des BRUETERICH als leicht zugängliches Werk für Stolterfoht-Neuleser sehr zu empfehlen. So viel Kurzweil gibt's selten zwischen zwei Buchdeckeln! / mr

 

  • Ulf Stolterfoht, Die 1000 Tage des BRUETERICH. Herausgegeben von Urs Engeler und Christian Filips. 282 Seiten, broschiert. roughbooks, Solothurn 2013. 15,80 Euro (= roughbook 029)
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Fliegende Wörter, Geschichten vom Pech und eine Gedichtanthologie

Die Tage bis zum 31. Dezember sollen durchaus nicht ungenutzt verstreichen. Daher heute der Hinweis auf drei Publikationen des Daedalus Verlags in Münster: den Postkartenkalender Fliegende Wörter, die Literaturzeitschrift Am Erker (Heft Nr. 65) und die Anthologie zeilenweise.

 

Fliegende Wörter

 

"Klassisch oder modern, besinnlich oder heiter – auf jeden Fall überraschend: 53 Gedichte aus vielen Ländern und Epochen, jedes für sich typografisch einfallsreich gestaltet.

Im Jubiliäumsjahrgang mit Gedichten u.a. von Rose Ausländer, Charles Baudelaire, Wilhelm Busch, Catull, Günter Eich, J. W. Goethe, Ernst Jandl, Franz Kafka, Christian Morgenstern, Rainer Maria Rilke, Joachim Ringelnatz, William Shakespeare, Wislawa Szymborska, W. B. Yeats ..."

(Text: Daedalus Verlag)

 

Eine Leseprobe gibt es, via Verlagswebsite, hier.

 

  • Fliegende Wörter. Postkartenkalender. 20. Jahrgang 2014. 53 Qualitätsgedichte zum Verschreiben und Verbleiben. Herausgegeben von Andrea Grewe, Hiltrud Herbst und Doris Mendlewitsch. 56 Blatt, durchgehend vierfarbig. 16 x 18 cm, Spiralbindung mit Aufhänger. Daedalus Verlag, Münster 2013. 16,95 EUR

 

Nicht weniger repräsentativ für den Verlag als sein Postkartenkalender ist die halbjährlich erscheinende Zeitschrift für Literatur Am Erker, deren aktuelle Ausgabe 65 unter dem Motto "Dreizehn Geschichten vom Pech" steht.

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Grüße, Wünsche und ein Ausblick

Allen Leserinnen und Lesern des Hotlist-Blogs frohe Weihnachtstage und die besten Wünsche für das Neue Jahr! Danke für die treue und aufmerksame Begleitung!

 

Zweifellos wird es auch 2014 wieder viele gute, schöne Bücher aus unabhängigen Verlagen geben ("unabhängig" definiert als Nichtzugehörigkeit zu Konzernen), so dass der Hotlist-Blog weiter hinlänglich Stoff für Lektürehinweise haben wird.

 

In einem sind die Unabhängigen aber doch abhängig, nämlich von der Neugier, Offenheit, Gunst, Leselust und Informiertheit des Publikums, die alle ausdrücklich nicht nur den jeweils neuesten Büchern gelten können, sondern überhaupt allen Büchern von Qualität, die die deutschsprachige Verlags- und Buchhandelslandschaft zwischen Graz, Biel und Fuhlsbüttel lieferbar und oft auch vorrätig hält, bereit zur Entdeckung.

Eine Buchhandlung, die nur das Neueste führte, wäre doch arg langweilig, und ein Verlag, dem sein eigenes Vorjahresprogramm schnuppe wäre, würde wohl wenig glaubwürdig erscheinen.

 

Dieser Idee folgend, wird der Hotlist-Blog weiterhin immer auch ein Auge auf Veröffentlichungen früherer Jahre haben, d. h. auf die Backlist der Verlage, die ja kein Bleifuß ist, sondern ein Rückgrat.

 

2014 wird für den Hotlist-Blog einige Neuerungen mit sich bringen. Vor allem wird es einen Umzug zu Wordpress geben.

Möglicherweise bekommen wir zudem Unterstützung durch eine Schweizer Kollegin? Das jedenfalls wäre unser Wunsch! / mr (im Namen der Hotlist-Blogger)

 

Zum Schluss, weil Weihnachten ist, ein schönes ruhiges Stück von The Red Krayola und Art & Language (aus dem Album "Sighs Trapped By Liars", 2007). Buon ascolto.

 

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16. Gruß aus Wien: Schiff, äh Schrift ahoi!

Foto: sw
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Lyrik-Taschenkalender 2014

"Mit dem Lyrik-Taschenkalender 2014 wird das kollektive Gespräch über Gedichte fortgesetzt. Michael Braun hat erneut 17 zeitgenössische Dichterinnen und Dichter, substantielle Stimmen der Gegenwartslyrik, eingeladen, jeweils zwei Lieblingsgedichte deutscher Sprache auszuwählen und kompakt zu kommentieren.

 

Der Herausgeber stellt seinerseits die von ihm eingeladenen Autorinnen und Autoren mit je einem Gedicht vor: Urs Allemann, Nico Bleutge, Bianca Döring, Kurt Drawert, Gerhard Falkner, Simone Kornappel, Christian Lehnert, Brigitte Oleschinski, Kerstin Preiwuß, Silke Scheuermann, Àxel Sanjosé, Lutz Seiler, Kathrin Schmidt, Markus R. Weber, Ron Winkler, Christian Uetz, Henning Ziebritzki und als special guest: Eckhard Faul. Als Ergebnis dieser Gemeinschaftsaktion wird im Lyrik-Taschenkalender 2014 das Gedicht der Woche präsentiert, mit umfassenden Informationen zu Autor und Text."

(Text: Verlag Das Wunderhorn)

 

  • Lyrik-Taschenkalender 2014. Herausgegeben von Michael Braun. 160 Seiten, gebunden. 10 x 17 cm. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2013. 15,80 Euro
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Monika Rinck, Hasenhass

Monika Rinck, Hasenhass. Eine Fibel in 47 Bildern
Monika Rinck, Hasenhass. Eine Fibel in 47 Bildern

Zu den Eigenarten der Bücher Monika Rincks zählt es, dass der Leser das Gefühl hat, nach ihrer Lektüre schlauer zu sein als vorher, mag er auch nicht aus allem klug werden.

Rincks jüngste Veröffentlichung (nach dem feinen, mit dem Peter Huchel-Preis ausgezeichneten Band Honigprotokolle, siehe auch den Blog-Eintrag Honig im Buch vom 8.11.2012) bildet hierin keine Ausnahme.

Hasenhass. Eine Fibel in 47 Bildern heißt das schöne, intelligente und alberne poetische Buch, das der Peter Engstler Verlag nun in bibliophiler Ausstattung herausgebracht hat. Hätte Engstler nicht auch Helmut Höges „Kleinen Brehm“ im Programm – man könnte, dem Titel nach, und in Anbetracht der erst vor wenigen Monaten erschienenen Gedichtsammlung wider die wiesel von Ulf Stolterfoht, beinahe eine zoophobe Tendenz des Verlags vermuten, was natürlich absurd ist. Wenn Rinck Honig mit Hohn und Hasen mit Hass verbindet, so hat dies eine rein poetische Bewandtnis und eine eigene zwingende Logik.

 

  • Monika Rinck, Hasenhass. Eine Fibel in 47 Bildern. 40 Seiten, geheftet. Mit Illustrationen von Monika Rinck. Verlag Peter Engstler, Ostheim 2013. 12,00 Euro

 

Innerhalb der Veranstaltungsreihe Lyrik im ausland laden am kommenden Sonntag, 15.12.2013, Monika Rinck, Ann Cotten (herzlichen Glückwunsch zum Adelbert von Chamisso-Preis!), Christian Filips, Stephan Kammer und Lukas Matthaei zu einem "Abend über Witz und ABERWITZ"; genauen Termin und Ort siehe unten. / mr

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Kettly Mars, Vor dem Verdursten

Kettly Mars, Vor dem Verdursten (Litradukt Verlag)
Kettly Mars, Vor dem Verdursten (Litradukt Verlag)

 

"Ein Land braucht Hilfe und erhält stattdessen NGOs: "Vor dem Verdursten" - so düster sieht die Romanautorin Kettly Mars die Lage Haitis nach dem Erdbeben von 2010."

(Ruthard Stäblein, Jury Weltempfänger)

 

"Haiti, Anfang 2011. Fito Belmar könnte als Erfolgsautor und Architekt ein ruhiges Leben zwischen seinen Freunden und seiner Geliebten führen, wäre da nicht eine dunkle Seite seiner Persönlichkeit, die er in Canaan, einem Lager für Erdbebenopfer, auslebt.

Im "gelobten Land" in der Nähe der Hauptstadt leben in Notunterkünften aus Plastikplanen über 80 000 Menschen; Gewalt, Bandenkriminalität, Drogenhandel und Prostitution sind allgegenwärtig.

Fito, der ursprünglich im Rahmen eines Projekts zur Verbesserung der Lebensbedingungen in das Lager gekommen ist, kämpft vergeblich gegen seine Neigung zu den blutjungen Mädchen an, die sich dort aus Not dem Meistbietenden hingeben. Der Besuch von Tatsumi, einer japanischen Journalistin, die eine Reportage über Haiti verfassen soll, bringt ihn zusätzlich in Bedrängnis: Fito muss sein Geheimnis vor ihr verbergen, fühlt sich aber auch zu ihr hingezogen." (Text: litradukt)

 

"Kettly Mars’ ungewöhliches Talent vermag die Trostlosigkeit der Verhältnisse drastisch zu beschreiben und sie zugleich immer wieder in poetischen Metaphern zu verdichten. Diese Geschichte ist ein adäquates Spiegelbild von Haiti: eines Landes, geschlagen von vielen Katastrophen, aus denen immer wieder Poesie entsteht."

Peter B. Schumann, SWR 2, Buch der Woche

 

Vor dem Verdursten steht auf Platz 6 der litprom-Bestenliste Weltempfänger Nr. 21 vom 1.12.2013

 

Ein Kurzportrait der Autorin finden Sie hier. Ein Interview mit Kettly Mars über ihren Roman hat das Internetfernsehen Latizón TV. Fernsehen über Lateinamerika geführt (Französisch mit deutschen Untertiteln und Zwischentexten), siehe hier.

Ein weiteres Gespräch bei Faust-Kultur.

 

Ergänzend sei auch auf Mars' Bericht "Ich habe überlebt" hingewiesen, der am 21.1.2010 in der Wochenzeitung DIE ZEIT erschienen und online abrufbar ist.

 

  • Kettly Mars, Vor dem Verdursten. Roman. Aus dem Französischen (Haiti) von Ingeborg Schmutte. 124 Seiten, Softcover. litradukt, Trier 2013. 12,90 Euro
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Neu im Nimbus Verlag: Jürg Amann und Barbara Klemm

"Nimbus. Kunst und Bücher wurde 1996 von Bernhard Echte in Zürich gegründet. Seit April 2000 hat der Verlag seinen Sitz in der "Villa zum Abendstern" in Wädenswil, dem Schauplatz von Robert Walsers Roman Der Gehülfe.
Im August 2007 trat Walter Feilchenfeldt als gleichberechtigter Teilhaber in den Verlag ein, der seitdem als AG firmiert.

Bernhard Echte war lange Jahre Leiter des Robert Walser-Archivs in Zürich und entzifferte zusammen mit Werner Morlang Walsers rätselhafte "Mikrogramme". Daneben gab er mehrere Bände der Werke und Briefe Friedrich Glausers heraus, edierte Hugo Ball, Marieluise Fleisser, Emmy Hennings, Franz Hessel und andere. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ausstellungsmacher produzierte er verschiedene Katalog-Publikationen, was ihn zur Gründung des Verlags anregte."

So die Geschichte des Verlags, wie sie auf der Website von Nimbus nachzulesen ist.

 

"Kunst und Bücher" ist offen formuliert, mit der Akzentsetzung auf Kunst aber gegenüber der stets zu meidenden Beliebigkeit abgegrenzt. Neuerdings (oder kommt es mir nur so vor, und es geht schon länger?) verlegt Nimbus auch Belletristik. Der literarische Haupttitel ist in diesem Jahr Die erste Welt von Jürg Amann (1947-2013):

 

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15. Gruß: Wiens Bücher haben ein Gesicht

Und leuchten (Foto: sw)
Und leuchten (Foto: sw)
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14. Post aus Wien: Das liebe Buch

BUCH WIEN 13: Internationale Buchmesse (21.–24.11.2013) und Lesefestwoche (18.–24.11.2013)
BUCH WIEN 13: Internationale Buchmesse (21.–24.11.2013) und Lesefestwoche (18.–24.11.2013)

 

 

 

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Lee Miller. Drei Bücher

Lee Miller. Fotografin, Muse, Model
Lee Miller. Fotografin, Muse, Model

Zwei neue Bücher von/über Lee Miller und ein älteres. Eines widmet sich ihrer Modephotographie, eines ihren Kriegsreportagen.

Eine kritische Würdigung (à propos Lee Miller) hat Antony Penrose verfasst; sein Buch ist auch das Suchbild einer Frau, die ihm als Mutter zeitlebens fremd blieb.

 

Becky Conekin, Lee Miller. Fotografin, Muse, Model

 

"Schönheit, Krieg und Fotografie: Die Amerikanerin Elizabeth "Lee" Miller (1907–1977) wurde ab 1927 als Model von Edward Steichen und als Muse des Surrealisten Man Ray bekannt. Doch bald machte sie sich selbst einen Namen als Porträt-, Mode- und Kriegsfotografin: Ihre Bilddokumente von der Invasion der Alliierten oder der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau gingen um die Welt, setzten ihr psychisch jedoch sehr zu; ab 1947 zog sie sich vom Bildjournalismus zurück.


Dieses reich illustrierte Buch enthüllt eine eher unbekannte Seite der Ikone Lee Miller: ihre Modeaufnahmen. Die erste umfassende Darstellung von Millers Tätigkeit als Model und als Modefotografin 1920 bis 1950 ermöglicht eine grandiose Entdeckung, nicht nur für Modefans."

(Text: Scheidegger & Spiess)

 

Einblicke ins Buch gibt es hier.

 

"Gleichrangig neben dem in bestem Druck wiedergegebenen Bildmaterial stehen ausführliche Texte mit viel Aufschlussreichem und bisher häufig Unbekanntem über die verschiedenen Lebensrollen Lee Millers. Zur Wiederentdeckung einer außergewöhnlichen Fotografin des 20. Jahrhunderts."

Reinhold Heckmann, ekz.bilbiotheksservice

 

  • Becky E. Conekin, Lee Miller. Fotografin, Muse, Model. 224 Seiten, 41 farbige und 101 s/w-Abbildungen, gebunden mit Schutzumschlag. 18,5 x 24,5 cm. Scheidegger & Spiess, Zürich 2013. 38,00 Euro
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Bestenliste "Weltempfänger"

Ana Paula Maia, Krieg der Bastarde
Ana Paula Maia, Krieg der Bastarde

Nun, da wir schon ein paar Wochen lang Herbst haben, ist es angebracht, auf die Herbstausgabe (#20) der Weltempfänger-Bestenliste der litprom, Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e. V., hinzuweisen.

Neben Titeln aus dem Fischer Taschenbuch Verlag und dem Rowohlt Verlag, sind Bücher von A1, Schöffling, Assoziation A, Transit und C. H. Beck nominiert; dieser letztere fällt ob seiner Größe und seiner jahrhundertealten Tradition zwar aus der Reihe der unabhängigen Verlage heraus, soll in diesem Eintrag aber trotzdem berücksichtigt werden.

Wegen des gekürten Titels des Transit Verlags weise ich auf einen früheren Eintrag des Hotlist-Blogs hin, hier.

 

In unserem stark auf den angelsächsischen Raum ausgerichteten Buchmarkt (viel Einstampfbares, das übersetzt wird), ist die Initiative "Weltempfänger" unbedingt zu begrüßen, da sie sich gegen eine monokulturelle Bewirtschaftung der Buchhandelstische und -regale wendet und zugunsten einer Vielfalt des Buchangebots arbeitet, wie sie faktisch ja besteht, nur sich viel zu wenig in den Auslagen abbildet. Diese Vielfalt gilt es zu erhalten und zu stärken. Wenn in jeder 300. Buchhandlung im deutschsprachigen Raum der Dan Brown-Stapel durch einen Luiz Ruffato-Stapel ersetzt wird, sind wir schon einen Schritt weiter in Richtung Demokratisierung der Literatur.

 

Ana Paula Maia, Krieg der Bastarde

 

"Amadeu wittert seine große Chance, als er eine Tasche voll Kokain aus dem Chefbüro der Pornoproduktionsfirma entwendet, für die er arbeitet. Er macht es zu Bargeld, um seine Geliebte Gina Trevisan, eine illegale Preisboxerin, von ihren Schulden zu befreien und mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Den Erlös und einen Rest des Kokains versteckt er unter den Dielen eines Dachbodens. Doch dann kommt alles anders, Amadeu wird überfahren.

 

Kaum einer weiß, dass Amadeu nicht mehr lebt, und die Suche nach ihm, nach dem Stoff und dem Geld bringt immer groteskere Situationen hervor. Auftragskiller jagen den Toten, der Chef der Produktionsfirma braucht einen neuen Kühlschrank und mehr Geld, Amadeus ehemaliger Vermieter quartiert nach einem brutalen Boxkampf dessen Geliebte Gina bei sich ein, und der Erzähler zieht auf den Dachboden, ohne zu ahnen, dass unter seinen Füßen Tausende Real verborgen liegen.

 

Ana Paula Maia bedient sich in ihrem unterhaltsamen und packenden Roman eines schwindelerregenden Reservoirs an Situationskomik mit absurden Zufällen, Toten und zwielichtigen Gestalten, die sich ihren Lebensunterhalt mit Raub, Mord, Organhandel, kultigen Pornofilmen und Drogengeschäften verdienen, mit einstürzenden Fußböden und einem Schmuck schluckenden, koksenden Chihuahua.

 

Krieg der Bastarde widmet sich mit Witz, Härte und Melancholie den Verkommenen, Maßlosen und Abtrünnigen und führt den Leser in cineastischer Manier in die Halbwelt einer modernen brasilianischen Großstadt."

(Text: A1 Verlag)

 

  • Ana Paula Maia, Krieg der Bastarde. Roman. Aus dem Portugiesischen (Brasilien) von Wanda Jakob. 224 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. A1 Verlag, München 2013. 18,80 Euro
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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten. Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben
Performer, Styler, Egoisten. Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben

"Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben"– Bernhard Heinzlmaier, seit über zwei Jahrzehnten in der Jugendforschung tätig, schlägt in seinem Buch einen ungewohnt kritischen Ton an, fährt (potentiell, denn der Hörer ist schon willenlos) der Bildungswirtschaft mit einem Paukenschlag in die Pisa-Parade:

 

"Die ökonomischen Imperative des Neoliberalismus greifen auf alle Sphären der Gesellschaft über – Schule, Familie, Kultur, Bildung usw.

Die Gesellschaft ist zum Anhängsel des Marktes geworden.

 

Wir treffen heute auf ein Phänomen, das in den Sozialwissenschaften als Werteverschiebung vom Postmaterialismus zum Neomaterialismus bezeichnet wird. Der Neomaterialismus steht für eine Grundhaltung, die postmaterielle Werte der '68er Generation wie Solidarität, Toleranz, idealistische Selbstverwirklichung und die Kritik an gesellschaftlicher Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch ein neomaterialistisches Wertesetting ersetzt, in dem die beherrschenden Werte Sicherheit, Konsum, sozialer Aufstieg, Nutzenorientierung und Affirmation der gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Berechtigt ist nur, was sich vor dem Richterstuhl der ökonomischen Imperative bewähren kann. Was sich nicht verwerten lässt, wird exkludiert, auch wenn es sich dabei um Menschen handelt.

 

In verschulten und autoritär reglementierten Universitäten, in denen Bildung durch die unkritische Akkumulation von Fachwissen und dessen Abprüfung im geistlosen Multiple Choice-Verfahren verdrängt wird, werden die Jugendlichen systematisch für die Verwendung im Markt hergerichtet. Kritische Reflexionen sind nicht mehr gefragt.

Bildung als Erziehung zur Freiheit, Bildung der "Gesinnung und des Charakters" (Humboldt) – längst verabschiedet und auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen.

 

Am Ende verlässt schön verpacktes Humankapital die bildungsökonomisch hocheffizienten Ausbildungsfabriken.

 

Doch die gut ausgebildeten Ungebildeten sind ängstliche Kreaturen. Mit begrenztem Horizont und engem Herz geht diese neue Elite durch die Welt, die Angst im Nacken, von anderen, ebenso 'coolen' Charakteren wie sie selbst aus dem Feld geschlagen zu werden."

(Text: Archiv der Jugendkulturen)

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13. Post aus Wien: Aber Hallo, Österreich!

Auf Reisen gehen kann man bekanntlich am besten in Büchern. Wer noch nie in Österreich war oder das Land nur vom Hörensagen kennt, wen es hinzieht oder wer dort schon regelmäßig bergwandert, selbst wer in Österreich fix lebt, muss ein Augenmensch sein. Als dieser betritt er an die Hand genommen von dem Buch Total alles über Österreich von Sonja Franzke und no.parking, jetzt erschienen beim Folio Verlag, ein schillernd buntes Wunderland. Hier wird Österreichs Seele anders, sagen wir experimenteller aufgeblättert, und zwar total alles zum staunenden Anschauen. Die Autorin bekennt, dass Österreich schon ausgiebig beschrieben worden sei. Die Alpen, die Dialekte oder der Opernball, jeder Landstrich, die liebe Heimat findet sich in Buchform festgehalten. Jetzt haben äußere und innere Wahrnehmung der Alpenrepublik eine neue Facette bekommen.

 

Die in Wien lebende Sonja Franzke und die vier Gestalterinnen der Südtiroler Agentur no.parking gehen es in ihrem Band schmähiger und frohsinniger an und vermischen dabei ebenso produktiv und originell wie nachdenkenswert österreichische und italienische Sichtweisen auf das Land. Allein mit der Übertreibung im Titel wird augenfällig der erste Schmäh platziert. Ihre Grundausrüstung ist die Infografik, eine visuelle Darstellungsform, die bereits im Vorgängerband Total alles über Südtirol (2012) erfolgreich erprobt wurde. Vom Wesen her ist die Infografik anschaulich, präzise, wertfrei, und sie spricht für sich.

 

So gelingt den Macherinnen ein schöner Entdeckungsschmöcker mit über hundert Schautafeln von A wie Almdudler über K wie Kaiser, S wie Sprache bis Z wie Zuzüge, in dem Fakten und Wissenswertes, „nützliches und unnützes Wissen, Charakteristisches und Skurriles“ über Österreich versammelt sind. Freilich gingen dem Ganzen aufwendige und fundierte Recherchen der Autorin voraus. Neben eigenen Wühlarbeiten behalf man sich mit aktuellen Informationen durch Spezialisten, aber auch Google und Wikipedia, nachgewiesen im Quellenverzeichnis am Schluss des Buches. Dort ist darüber hinaus angehängt ein „historischer Parcours“ – die Jahre von 1914 bis 2013 im Schnelldurchlauf.

 

 

 

 

 

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12. Meldung aus Wien: Markttage in der Stadt - ein Rückblick

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Kritische Ausgabe Nr. 25 (2013)

Cover 1
Cover 1

Wenn die Kritische Ausgabe, in Bonn erscheinende "Zeitschrift für Germanistik & Literatur" den Themenschwerpunkt ihres aktuellen Hefts "Ausschnitte aus dem literarischen Jetzt" überschreibt, klingt unverkennbar der Titel der von Jan Wagner und Björn Kuhligk herausgegebenen Anthologien Lyrik von Jetzt (DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2003) und Lyrik von Jetzt 2 (Berlin Verlag, Berlin 2008) an. Die Onlinezeitschrift lyrikkritik.de hat seinerzeit die Diskussion, die vor allem der erste Band auslöste, dokumentiert (s. dort unter: Rezensionen 2004). Hoch ging's her!

 

Die Kritische Ausgabe nun widmet sich neben der Lyrik auch der Epik und Dramatik, in Verzahnung von literarischen und literaturkritischen – philologischen – Texten, ganz wie es ihr Konzept vorsieht.

Die Prosa wird vertreten durch, in der Reihenfolge ihres Auftretens, Luise Boege ("Bild von der Lüge"), Roman Ehrlich ("Das kalte Jahr"), Thomas von Steinaecker ("Das Jahr, in dem ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und anfing zu träumen") und Konstantin Ames ("Schlechtes Wetter netter Menschen", ein Auszug aus dem noch nicht erschienenen Roman Verbleichen immer, verblichen nimmer!), denen als Interpreten Sabine Frost, Barbara Bausch und Ute Friederich, Chefredakteurin der KA, sekundieren.

Jan Böttcher, u. a. bekannt als Verfasser der Erzählung Lina oder: Das kalte Moor – zuletzt erschien der Roman Das Lied vom Tun und Lassen – leitet diese Abteilung ein mit seiner Reflexion über: "Die Figur als Persönlichkeit. Aus der Lektürewerkstatt zur ausgereiften deutschen Erzählliteratur".

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11. Meldung aus Wien: Markttage in der Stadt

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Geneviève Castrée, Ausgeliefert

Geneviève Castrée, Ausgeliefert
Geneviève Castrée, Ausgeliefert

"Die Tagträumerin Goglu wächst in den 1980er und 90er Jahren bei ihrer jungen, überforderten Mutter und einem feindseligen Stiefvater auf und ist der Willkür der Erwachsenen ausgesetzt. Um sich zu schützen, schottet sich das sensible Mädchen ab und findet Zuflucht im Zeichnen und in der Musik.

 

Ergreifend schildert Geneviève Castrée eine Kindheit, deren Protagonistin früh lernt, erwachsener zu handeln als die Erwachsenen um sie herum. Die emotionale Zeichnung der Figuren transportiert eine unvoreingenommene, kindliche Wahrnehmung, die Schritt für Schritt die Härte der ihr entgegengebrachten Abweisung erkennt, bis hin schließlich zur selbstbewussten Abnabelung von einem unsicheren Familiengefüge."

(Text: Reprodukt)

 

Geneviève Castrée wurde 1981 in Loretteville (seit 2002 ein Stadtteil von Québec) geboren. Sie lebt im pazifischen Nordwesten der USA und arbeitet als Comiczeichnerin, Illustratorin und Musikerin.

Weitere Bücher: Lait Frappé, Pamplemoussi sowie, ein Auftragswerk für Reprodukt, Die Fabrik.

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Lorbeer für den Weidle Verlag und die Edition Nautilus

Der Preis der Hotlist geht 2013 an den Weidle Verlag für "Die Manon Lescaut von Turdej"
Der Preis der Hotlist geht 2013 an den Weidle Verlag für "Die Manon Lescaut von Turdej"

Wsewolod Petrow, Die Manon Lescaut von Turdej

 

Tusch für den Weidle Verlag: Die Erzählung Die Manon Lescaut von Turdej von Wsewolod Petrow (1912-1978), die 2012 in der hervorragenden Übersetzung von Daniel Jurjew auf Deutsch erschienen ist (nur sechs Jahre nach der russischen Erstveröffentlichung; dem Nachwort zufolge die erste Übersetzung in eine Fremdsprache) und mittlerweile in dritter Auflage vorliegt, erhielt auf der Frankfurter Buchmesse am vergangenen Freitag den Preis der Hotlist 2013.

Zur Preisvergabe im Literaturhaus Frankfurt waren der Übersetzer Daniel Jurjew, das Verlegerpaar Stefan und Barbara Weidle sowie das Schriftstellerpaar Oleg Jurjew und Olga Martynova, die das Nachwort geschrieben bzw. Anmerkungen beigesteuert hatten, in einer Art Familienzusammenführung versammelt.

"Wir wollten immer ein Buch mit Oleg und Olga machen und mussten nur solange warten, bis Daniel groß genug war, um zu übersetzen", so ungefähr sprach der Verleger ins Mikrophon von Carsten Otte, dem Moderator des Abends.

Das Warten hat sich gelohnt. Die Manon Lescaut von Turdej ist tatsächlich, wie Oleg Jurjew schreibt, "einer der schönsten Prosatexte der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts". Das will, bei der Geniehäufung, die Russland aufzuweisen hat, einiges heißen, und doch, wollte man den Gesichtskreis auf das 19. Jahrhundert ausweiten, so hätte der Superlativ doch immer noch seine Berechtigung.

Es sollte mich nicht wundern, wenn Daniel Jurjews Übersetzung und Weidles verlegerisches Engagement, das Oleg Jurjew in seiner kurzen Ansprache rühmend hervorhob, dem Buch den Weg in weitere Sprachen und Literaturen ebnen würden.

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10. Grüße aus Wien: Apropos Hotlistpreise

Wiener Riesenrad (Foto: sw)
Wiener Riesenrad (Foto: sw)

Gustav Ernst erhält Literaturpreis der Stadt Wien 2013

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9. Meldung aus Wien: Wenn die Blätter fallen (III)

Die Herbstbücher des Literaturverlags Droschl

Heute letzter Teil: Behütete Väter

 

Hier geht es zu Droschl (I) und Droschl (II)

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Jens Steiner, Carambole / Hasenleben

Nominiert für den Schweizer Buchpreis 2013

 

"Zwei Wochen bis zu den Sommerferien, dachte Igor, und noch immer ist nichts passiert. Alles wird an uns vorbeigelotst. Einen Anfang müsste man machen, einen kräftigen Satz hinein ins Leben, aber wie?"

Jens Steiner, Carambole

 

Carambole

 

"Da sind die drei Jugendlichen, die Pläne aushecken für die bevorstehenden Schulferien und dabei genau wissen, dass auch dieses Jahr nichts geschehen wird, da ist die Troika, die sich regelmäßig zum Carambole-Spiel trifft, da ist Schorsch, der immer dann auftaucht, wenn man ihn nicht erwartet, und da sind die beiden verfeindeten Brüder, die seit jenen Erbschaftsstreitigkeiten nie mehr miteinander gesprochen haben. Im Dorf verharren die Menschen in ihrem Alltag wie gelähmt, während sich um sie herum alles verändert: Restaurants schließen, neue Wohnviertel entstehen, soziale Netze zerbrechen, Familien fallen auseinander.

In zwölf Runden nähert sich Jens Steiner diesem sozialen Gefüge an, lässt die Dorfmenschen in ihrer Hilflosigkeit erstarren und öffnet ganz kleine Lücken, durch die hindurch ein Schritt in eine – wenn auch unsichere – Zukunft möglich wäre."

(Text: Dörlemann Verlag)

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Carl Nixon, Settlers Creek

Im Oktober kommt der neuseeländische Autor Carl Nixon zu Lesungen nach Deutschland (Berlin, Bonn, Hamburg, Frankfurt/Main). Zusammen mit Zoë Beck wird er seinen Roman Settlers Creek vorstellen, der jetzt auf Deutsch im Weidle Verlag herausgekommen ist, wo im vergangenen Jahr auch schon Nixons Debütroman Rocking Horse Road erschien und sich, von der Kritik (vielleicht überraschend für den Verlag) als Kriminalroman klassifiziert, zu einem großen Bucherfolg entwickelte.

 

Settlers Creek

 

"Box Saxton ist ein erfolgreicher Bauunternehmer und Immobilienmakler in Christchurch, bis die Finanzkrise ihm den Boden unter den Füßen wegreißt.  Er muß sein Haus mit Meerblick verlassen und sich in einer nicht gerade erstklassigen Gegend einmieten. Die teure Privatschule für seine beiden Kinder läßt sich nicht länger finanzieren. Sein 19jähriger Sohn Mark wird mit diesen Veränderungen nicht fertig und nimmt sich das Leben. Box, der nun als einfacher Bauarbeiter weit entfernt arbeitet, fliegt sofort nach Hause, um bei seiner Frau Liz und Tochter Heather zu sein und die Beisetzung im Familiengrab vorzubereiten. Doch da taucht Marks leiblicher Vater auf, Tipene, ein Maori, der die Mutter des Jungen bald nach der Geburt verlassen hat. Mark hatte nie eine Verbindung zu ihm. Nach dem Gesetz der Maori muß ein Familienmitglied in der Grabstelle der Ahnen beigesetzt werden, und dieser Tradition will Tipene folgen. Box und seine Frau weigern sich, den Leichnam des Jungen herauszugeben, deshalb stiehlt Tipene ihn, wobei er das neuseeländische Recht auf seiner Seite hat. Box verfolgt ihn in seinem alten Pickup, um die Leiche seines Sohnes zurückzubekommen.
Carl Nixon beschreibt in seinem spannenden Roman sehr genau die Auswirkungen der Finanzkrise, ebenso den unlösbaren Konflikt zwischen zwei verschiedenen Formen der spirituellen Bindung an das eigene Land.


Carl Nixon wurde 1967 in Christchurch geboren, wo er lebt und arbeitet. Settlers Creek erschien 2010 und war nominiert für den International IMPAC Dublin Literary Award 2012.
Sein erster Roman, Rocking Horse Road, war äußerst erfolgreich, das Buch stand 4 Monate auf der KrimiZEIT-Bestenliste."

(Text: Weidle Verlag)

 

"Mit seiner Rasanz, Kühnheit und Konsequenz ist Settlers Creek von Carl Nixon einer der besten neuseeländischen Romane der letzten Jahre: nicht nur ein packender Thriller, sondern zugleich die schonungslose Durchleuchtung eines Landes und seiner Kultur."
(Witi Ihimaera, Autor u. a. von Whale Rider)

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Kai Pohl, Solanum nigrum antichoc

Solanum nigrum antichoc ist Kai Pohls jüngst erschienene Sammlung von Cut-ups und Gedichten betitelt. Der Band enthält 43 Texte aus dem Zeitraum von 2001 bis 2013. Ihr politischer Anspruch leuchtet im nachfolgend zitierten Verlagstext auf, nur dass beide, sowohl der politische Impetus als auch der Waschzettel, genügend unscharf bleiben, um das Buch klar der Sphäre der Literatur (und nicht der mehr oder weniger außerliterarischen des Agitprop) zuzuordnen, wofür natürlich an erster Stelle die Gedichte und Cut-ups selbst sprechen, auf die ich noch zurückkommen werde, aber nicht hier. Hier empfehle ich sie nur. Kai Pohls Texte machen keine Zugeständnisse an irgendwelche Geschmäcker, Erwartungen oder Moden (es sei denn, die Cut-up-Technik wäre eine Mode) und sind doch zugänglich und eingängig, und übrigens auch schön gesetzt, in einer serifenlosen Type, die das Kunststück fertigbringt, nicht kalt zu wirken.

 

"Die künstlerische Spannung spricht mit dem Reichtum der Raumeindrücke, Hütte spricht mit Stalinstadt, das Hähnchen-Eck, von Rentnern bevölkert, spricht mit dem letzten Nachtasyl. Die Konzeptionslosigkeit spricht mit der geistigen Leere, während der Käse den Quark austreibt, der an der Wand in der Küche hängt. Das Gewitter um Mitternacht ruft mit den Kollaborateuren visionärer Donnerbalkenbilanzen im Chor: "Auf daß die Unhöflichkeiten methodisch werden, daß sie systematisch werden, sich zu einer diffusen effizienten Guerilla vereinen, die uns wieder zu unserer wesentlichen Unregierbarkeit zurückführt, zu unserer Undiszipliniertheit!""

(Text: Moloko +)

 

  • Kai Pohl, Solanum nigrum antichoc. Cut-ups und Gedichte. 96 Seiten mit Graphiken des Autors, Englische Broschur. Moloko +, Pretzien 2013. 15,00 Euro (= Moloko Print 007)

 

Links:

Distillery

floppy myriapoda

pappelschnee (Archiv Kai Pohl)

Rumbalotte continua

Solanum nigrum (Schwarzer Nachtschatten)

 

Zum Weiterlesen:

Bertram Reinecke, "Kai Pohl. Phantomkalender / da kapo mit CS-Gas"

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Elektrosmog und Raumanzug. Gedichte von Simone Kornappel und Jan Skudlarek

Heute soll's im Hotlist-Blog um Lyrik gehen. Die angezeigten Bände sind noch nicht erschienen, aber bereits angekündigt. Bald dann mehr zu weiteren Herbstneuerscheinungen des luxbooks Verlags, der sich, wie sein um wenige Jahre älterer Fast-Namensvetter kookbooks, in vorbildlicher Weise für das Gedicht einsetzt.

 

Jan Skudlarek, Elektrosmog

 

"In Jan Skudlareks Gedichten streifen keine verträumten Großstadtflaneure durch die nächtliche Berliner Luft, sondern hellhörige Gedanken-Gänger, ständig auf der Hut vor unvorhersehbaren Zwischenfällen. Der Spießrutenlauf, den Skudlarek für sie entwirft, führt sie an die Abgründe und Untiefen ihrer eigenen Sprache und endet in der 'Auslaufzone' des heimischen Liebeslagers. Eingebettet in eine absurde Variante der Wirklichkeit ist eine Szenerie, in der die Regeln der Logik von den Regeln des sprachlichen Gleichklangs außer Kraft gesetzt werden: Im Ohr wird Botanisches und Mathematisches ("primeln & primzahlen") miteinander kurzgeschlossen und dadurch ihre Unteilbarkeit in Frage gestellt. Danach braucht man sich auch nicht mehr über die Macheten zu wundern, mit denen das lyrische Wir, ein sich entliebendes Liebespaar, ausgestattet ist. Schlägt sich dieses nun durch Berlins Straßen- und Schienennetze, so gebraucht es die Buschmesser weniger zum Überleben im Großstadtdschungel als zum Zerstückeln der eigenen Wörter und Sätze, um nicht an ihnen zu ersticken: "schwer tragen wir an den macheten, mit denen sätze […] zu verdaulichen happen gehackt werden / für so manches gegenüber / & ab und zu bleibt wer zurück, ein sterbenswort".

 

Jan Skudlarek legt mit elektrosmog seinen Debütband vor, er schreibt sich mit ihm in die erste Riege der jungen deutschen Lyriker."

(Text: luxbooks)

 

Das Erscheinen des Bands ist sehr erfreulich, und ich möchte nur die Formulierung kritisieren, Botanisches und Mathematisches werde "miteinander kurzgeschlossen", da ein Kurzschluss immer zu einem Verlöschen der Lichter führt, während gute Lyrik (oder allgemein: gute Sprache) illuminierend ist. Die sogenannte dunkle oder hermetische Lyrik ist darin ausdrücklich mit eingeschlossen. Besser wäre es, den musikalischen Begriff "Engführung" zu verwenden, wenn ich das hier, zugegebenermaßen oberlehrerhaft, anmerken darf.

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8. Meldung aus Wien: Schweizer Debütantin bei Sprachsalz

 

Bettina Spoerri liest bei den 11. Internationalen Tiroler Literaturtagen Hall (13.-15. September 2013) (Foto: sw)

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Artur Becker, Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang

"Ausgerechnet an Allerseelen stirbt Karol, ehemaliger Fabrikdirektor und unbelehrbarer Kommunist, bei einem Deutschlandbesuch – und Mariola und ihr Cousin Arek verbringen eine Nacht  im Zimmer des Aufgebahrten.

Vor einem Vierteljahrhundert hatten sie eine verbotene Liebe miteinander, und in den Stunden mit Karol kommen nun alte Erinnerungen hoch: an längst verstorbene oder vergessene Freunde, an gefährliche Abenteuer wie an philosophische Diskurse; an lange Tage am See und Fahrten auf den Wassern Masurens – auf dem Hintergrund der politischen Transformation Polens zwischen 1980 und 1994.

Der aufmüpfigen Mariola und dem introvertierten Arek gelingt eine berauschende Totenfeier: Gemeinsam gehen sie bis ans Ende der Nacht und wieder zurück, durch Raum und Zeit: vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang."

(Text: weissbooks.w)

 

Zu Lesung und Gespräch mit Artur Becker lud am Mittwoch das Literaturhaus Lettrétage in seine neuen Veranstaltungsräume (Mehringdamm 61). Nach einer kurzen Begrüßung durch Tom Bresemann (Bresemann, der Hausherr, ein freundlicher Highbrow, der, ehe er sich ins Publikum setzte, die Beine übereinanderklappend, und in konzentriertes Zuhören versinkend, in einem kurzen Hinüberbeugen über die Soundanlage die Musik ausdrehte, die die Besucher beim Eintritt empfangen hatte; erst zum Gespräch mit dem Autor trat er wieder nach vorn), las Becker drei dichte Kapitel aus seinem ganz frisch erschienenen Roman Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang.

 

"Einen Untergang wollte ich in meinem Roman nicht haben", erklärte Becker – zum bereits dritten Mal in der Lettrétage zu Gast – den Umstand, dass er für das titelgebende Zitat aus den Psalmen (aus dem 50. Psalm, genau gesagt) die Luthersche Bibelübersetzung gewählt hat und rückte sich die Brille, die er sich für die Dauer der Präliminarien ins Haar geschoben hatte, auf die breite Nase; er hatte sie sich übrigens, sagte er, von einer Berliner Freundin ausgeliehen. – Es war schön, dass Becker schon erzählte, bevor er mit der eigentlichen Lesung anfing. Die Lettrétage bietet hierfür auch den richtigen Rahmen. Niemand muss hier über eine Schwelle steigen, um in den Genuss von Kunst zu kommen, und auch der Vortragende kann sich ganz natürlich geben und die Sache gelassen angehen.

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7. Meldung aus Wien: Wenn die Blätter fallen (II)

 

Die Herbstbücher des Literaturverlags Droschl (II)

Heute: Wahnsinn

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6. Meldung aus Wien: Wenn die Blätter fallen. Droschl im Herbst (1)

Droschl, da war doch was, jenseits des Laubraschelns. Weil es bald wieder soweit ist, der Literaturverlag aus Graz gewann 2012 den Hauptpreis der vierten Ausgabe der Hotlist für das beste unabhängige Verlagsschaffen.

 

Beworben hatte er sich mit Dunkelheit am Ende des Tunnels des hierzulande unbekannten norwegischen Dichters Tor Ulven. Dort gilt er als Kultautor. Selten hat man sich in einem derart düsteren und zwanghaften Prosakosmos verloren. Das Buch war 1994 Ulvens letzte Veröffentlichung vor seinem Freitod und das allererste in Deutsch überhaupt, in der beachtlichen Übersetzung durch Bernhard Strobel. Das ist Bücher machen mit Risikofreude und Leidenschaft.

 

Jetzt heißt es beim Literaturverlag Droschl feiern und fiebern: Die Dichterin Ilse Helbich, eine Spätberufene im Erzählfach, wird im Oktober 2013 neunzig Jahre alt und veröffentlicht dort mit Vineta im Eiltempo bereits ihren vierten Prosaband – Geschichten aus einer „versunkenen Welt“, geschrieben im hohen Alter.

 

Ilse Helbich – Vineta

 

Die 1923 in Wien geborene Ilse Helbich erinnert sich an Gegenstände, Berufe und gesellschaftliche Verkehrsformen, die längst untergegangen sind. Spucknäpfe in Wartezimmern, Beethoven-Büsten in Gips, der wöchentlich ins Haus liefernde Eismann, aber auch verhasste Sonntagsspaziergänge im Kreis der ganzen Familie und heimliche Ausflüge in die unheimlichen Terrains von Barackensiedlungen nehmen in diesem Panorama Gestalt an. Ohne Nostalgie, ohne Verharmlosung formen diese Erinnerungen allmählich ein umfassendes Bild einer Wiener großbürgerlichen Kindheit und öffnen sich, mit den 30er-Jahren, allmählich den politischen Schrecken des Nationalsozialismus. Ein großer Gewinn für jeden Leser – und ein ungetrübtes Leseglück! (Text: Literaturverlag Droschl)

 

Textauszug:

 

„Die Baracken liegen ganz nah; ihr ist verboten, dieses Areal zu betreten. Sie tut’s trotzdem immer wieder, mit Herzklopfen, denn alle wissen, dass dort Diebe wohnen und überhaupt Gesindel.
Sie muss nur die Grinzinger Allee wenige Schritte hinaufgehen und dann links abbiegen: und schon ist sie da.
Auf den ersten Blick würde keiner vermuten, dass hier Leute wohnen: zwischen schütteren Bäumen wächst das Unkraut an manchen Stellen hüfthoch, dann sind wieder kahle Flecken da und Betonblöcke liegen herum.
Hie und da Trampelpfade durch das stachelige Grün, gerade breit genug, dass einer hinter dem anderen gehen kann. Ein Gerät, das auf Rädern fortbewegt wird, könnte man hier nicht gebrauchen – nicht einmal einen Handwagen oder eine Schubkarre.
Wenn sie einem solchen Pfad folgt, kann es sein, dass er vor einem Brennnesseldickicht aufhört, aber er kann sie auch zu einer der ins Gelände geduckten grauen Baracken führen, von denen sie gehört hat, dass sie im letzten Krieg für die gefangenen Soldaten errichtet wurden.
Wenn sie vor einer Baracke lauscht, liegt das niedrige Gehäuse ganz still da, kein Mensch ist zu sehen und zu hören. Sie geht ein paar Mal auf dem nach dem gestrigen Regen im Dreck versinkenden Lehmboden vor dem verwahrlosten Bauwerk hin und her, sie schlendert scheinbar achtlos und sieht sich nicht um, aus den Augenwinkeln späht sie jedoch nach jeder noch so winzigen Bewegung.
Nichts. Also geht sie langsam weiter, einen anderen Pfad entlang, es ist sehr sehr still hier, sie hat die ganze Zeit das Gefühl, da sei etwas, da sei einer hinter ihr. Sie wagt es nicht, sich umzuschauen. Und wenn sie Glück hat, landet sie vor der anderen Baracke, wo der ungarische Offizier wohnt – dass er aus dem Krieg übriggeblieben und schwer krank sei, hat ihr die Mizzi verraten.
Und wirklich, da lehnt er ja an seiner Hauswand und ist blass und hat kohlschwarze Locken und ist sehr mager in seiner schlotternden alten Uniformhose, und wie immer hat er eine Zigarette zwischen den Fingern und zieht jetzt daran, ein wenig bläulicher Rauch steigt auf. Der schöne Offizier schaut an ihr vorbei – sie ist für ihn nicht vorhanden.“ (aus: Helbig, Vineta)

  • Ilse Helbich: Vineta. Graz: Literaturverlag Droschl 2013. 240 Seiten. 19 Euro.
  • Veranstaltungshinweis: Ein Abend für Ilse Helbich zum 90. Geburtstag am 13. September 2013 um 19 Uhr in Wien, Schauspielhaus 
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Mütze #5 ist da

Hund roughi, roughblog. Urs Engelers Erben-Wappentier (Wallpaper), bellt's in die Welt: Mütze #5 ist da!

 

Der Verleger schreibt:

 

"Gegen Ende dieses prächtigen Sommers (den ich hauptsächlich im Schatten der Platane verbrachte und am Abend an der Aare) erscheint die fünfte Mütze: Sie bringt einen Aufsatz von Guy Davenport zum Maler Balthus und einen Text von Stephan Broser zur Geburt der Psychoanalyse, eine "Ohrenperformance mit LiveQuide" von Brigitte Oleschinski und das Ende des ersten Kapitels von Absalom, Absalom! von William Faulkner im amerikanischen Original und der Neuübersetzung von Günter Plessow. Bestellt werden kann sie hier: http://muetze.me/muetze-bestellen.html"

 

The Paris Review (Herbst 2002) in Person von John Jeremiah Sullivan führte für die Reihe "The Art of Fiction" ein langes Telephoninterview mit Guy Davenport, das hier nachzulesen ist.

 

Den Anfang der Plessow'schen Faulker-Neuübersetzung ist in der Mütze #1 enthalten. Hier eine Inhaltsübersicht der bisher erschienenen Ausgaben.

Siehe auch den Beitrag im Hotlist-Blog: Mineur und Muetzeur. Urs Engeler sprengt neue Gänge in den Parnass: die MÜTZE #1 (22.9.2012).

 

Als anregend zu empfehlen auch ein Blick in die Mütze-Manufaktur:

http://muetzen.wordpress.com

 

 

Bild

Angelehnt an den Drucker des Verlegers: das brandneue Heft.

 

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Sascha Lobo mit eigenem Verlag

Sascha Lobo, der "Klassensprecher für das Web 2.0", wie ihn die FAZ einst nannte, der Blogger und Kolumnist für Spiegel Online, will einen Verlag gründen. Sobooks soll er heißen und Sachbücher sollen die Basis bilden. Bisher gibt es einen Webauftritt, der sich noch im Aufbau befindet, und ein paar großspurige Ankündigungen. Den ganzen E-Book-Markt will Lobo umkrempeln. Denn klar, dass Herr Lobo sich an E-Books versuchen will. Die erarbeiten sich mehr und mehr ihren festen Platz in der Verlagsbranche und bevor sie allzu fest sitzen, will Lobo schon einen Schritt weiter: Nicht mehr nur auf die gedruckten Seiten will sein Verlag verzichten, auch auf die Lesegeräte, auf denen sonst E-Books konsumiert werden. Der Weg soll in eine browserbasierte Richtung zeigen. In einer Welt, in der mittlerweile alles und jeder WLAN hat, scheint es nur folgerichtig, sich von der Hardware ganz zu lösen. Das Buch wird direkt im Browser vom PC, Tablet oder Handy gelesen. Und eignet sich damit bestens für das "social reading". Jeder Absatz, jede Zeile kann flink mit anderen Lesern geteilt werden. Ob das erstrebenswert oder gar die Zukunft des Lesens ist, das bleibt abzuwarten. Ein mutiger Schritt ist es allemal.

 

Alexander Schulz

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Karlheinz Stockhausen 1928-2007-2013

 

Am 22.8.2013 jährte sich zum 85. Mal der Geburtstag von Karlheinz Stockhausen, über dessen 75. Geburtstag 2003 die großen Zeitungen bereits Stillschweigen vereinbart hatten, als Strafe für Stockhausens nonkonforme Äußerungen zu den Geschehnissen des 11.9.2001.

 

Besonders das Wort von der Ästhetik der Fernsehbilder und dem angeblichen Kunstcharakter der Tat war Stockhausen übelgenommen worden.

Die es ihm aber übelnahmen, versammelten sich alljährlich heiligmäßig vor dem Fernseher und konnten sich an den Bildern nicht sattsehen.

 

Neue Musik aus religiösem Geist

 

"Nicht alle Musiker glauben an Gott, aber alle Musiker glauben an Bach."

Mauricio Kagel

 

Das Jahrmarktsflugzeug, das den Umschlag des Buchs Neue Musik aus religiösem Geist ziert, ist selbstverständlich absolut friedlich, ja kindlich. Wie könnte es anders sein, handelt Thomas Ulrichs im Pfau Verlag erschienene Monographie doch von "Theologische[m] Denken im Werk von Karlheinz Stockhausen und John Cage". (Die religiösen Implikationen von Cages Komponieren ließen György Ligeti streng urteilen: "Seine Musik ist eigentlich nicht anhörbar. Nur wenn man die zen-buddhistische Weltanschauung akzeptiert, macht sie einen Sinn[.]".)

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Neues im Anflug. Svenja Leiber

2014 erscheint, im Suhrkamp Verlag, ein neuer Roman von Svenja Leiber, wie Leibers minimalistisch aufgezogener Internetpräsenz zu entnehmen ist (bei Literaturport steht's auch).

 

Leiber gehört zu jenen ernsten Autoren, die über Jahre keinen Mucks machen, und dann kommen sie eines Tages mit einem Buch um die Ecke, das sich gewaschen hat, rasend gut geschrieben.

Da setzt man sich dann gerade auf den Stuhl, reibt sich die Augen, schlägt noch mal prüfend auf, stakt mit dem Finger durch die Seiten, kommt zum Schluss: Tja, sehr, sehr gut, da gibt es nichts!

 

Zwei solcher Bücher hat Leiber bisher geschrieben.

Büchsenlicht, ihr Debüt von 2005, enthält dreizehn Erzählungen, wuchtig, herb, lapidar, brutal.

Der Roman Schipino, 2010, ist eine deutsch-russische Geschichte (wie schon "Vermißling" in Büchsenlicht).

Eine bekannte Kritikerin konstatierte etwas verquält: "Man kann nicht verhehlen, dass diese Geschichte einen ganz starken Sog entwickelt."

So ist es.

 

Doch der Reihe nach.

 

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Berenbergs Herbstprogramm (2)

Angekündigt auch ein neues Buch von Maike Albath, die bei Berenberg vor drei Jahren Der Geist von Turin veröffentlicht hat, eine biographisch unterfütterte Geschichte des Einaudi Verlags und seines Umkreises.

 

Maike Albath, Rom, Träume

 

"Die vielleicht schönsten Seiten der italienischen Nach­kriegs­geschichte wurden in Rom zur Zeit der Dolce Vita, der fünfziger und sechziger Jahre geschrieben. Fellini und andere [Roberto Rossellini, Vittorio de Sica, Luchino Visconti, William Wyler... Anm. d. Red.] drehten in Cinecittà, auf der Via Veneto drängelten sich Hollywood-Stars. Das Antlitz der Zeit aber wurde geprägt von den Freunden um Elsa Morante, Alberto Moravia, Carlo Emilio Gadda, Ennio ­Flaiano und Pier Paolo Pasolini. Sie mischten sich mit polari­sierender Stimme in das politische und kulturelle Geschehen. Mit ihren Büchern und heiß umstrittenen Filmen schrieben sie ein bis heute unvergängliches Kapitel italienischer Kulturgeschichte. Maike Albath macht in ihrem Buch, in dem viele Zeitzeugen zu Wort kommen, die unvergleichlich kreative Atmosphäre jener römischen Jahre noch einmal fühlbar."

(Text: Berenberg Verlag)

 

  • Maike Albath, Rom, Träume. Moravia, Pasolini, Gadda und die Zeit der Dolce Vita. 304 Seiten mit Abbildungen, Halbleinen, Fadenheftung. Berenberg Verlag, Berlin 2013. 25,00 Euro – erscheint am 3.9.2013
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Berenbergs Herbstprogramm (1)

"Berenberg ist unter den Verlagen das, was bei Jane Austen der wohlwollende Mr. Bennett ist: Der sagt nicht viel, aber wenn er spricht, vernimmt der Leser es mit Lust."
Franziska Augstein, Süddeutsche Zeitung, Frühjahr 2006

 

Im nächsten Jahr feiert der Berenberg Verlag, den Augsteins Worte auch siebeneinhalb Jahre, nachdem sie geschrieben wurden, treffend charakterisieren, sein 10jähriges Bestehen.

Wie es zur Gründung kam, und welches Profil sich der Verlag gegeben hat, ist auf der Berenberg-Website nachzulesen (Über den Verlag), hier ein Auszug:

 

"Ein Grund, warum man vom Lektor zum Verlagsgründer mutiert, ist die Tatsache, daß man irgendwann den Büchern, die man entdeckt hat, den eigenen Stempel aufprägen möchte.

Eines der erfolgreichsten Bücher des neugegründeten Verlags, Freund und Feind von John Maynard Keynes, war in dieser Hinsicht das "Ur-Buch": Ende der neunziger Jahre entdeckte Heinrich von Berenberg auf dem Pariser Salon du livre die französische Ausgabe.

Mit diesem Titel verband sich zum ersten Mal der Wunsch, ein eigenes, nicht belletristisches Verlagsprogramm zu entwickeln. Die ersten vier Bücher erschienen im Herbst 2004, und seither sind pro Halbjahr zwischen drei und vier weitere hinzugekommen. Roter Faden: Autobiographische und biographische Literatur, Essay-Literatur, Memoiren-Literatur – Betonung auf "Literatur"! [Fettung vom Verlag, Anm. d. Red.]

 

Getreu dem Motto des amerikanischen Historikers Robert Darnton: "In jedem dicken Buch steckt ein dünnes, das schreit: Ich will raus!" überschreitet der Umfang unserer Bücher selten die 200 Seiten. In diesem Format erscheint bei uns erstklassige Literatur.

Vergeblich wird man dickleibige Biographien suchen. Finden wird man hingegen rhetorisch funkelnde und dezidiert subjektiv gehaltene biographische und autobiographische Literatur und Essays, Bücher zur Zeitgeschichte und seit Herbst 2010 hier und da auch hervorragende Belletristik."

(Text: Berenberg Verlag, weiteres hier)

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Phantastisch und wahr. Marie-Jeanne Urech im bilgerverlag

Ricco Bilger pflegt in seinem Verlag (auch) das Genre der Phantastischen Literatur. Solcherlei Phantastische Romane sind die Bücher der Marie-Jeanne Urech (hier das fröhlich-makabere Titelbild ihrer Website).

Derer zwei hat Bilger zusammen mit seinem Verlagspartner (seit 2005) Dario Benassa (der auch für die Gestaltung der schönen Bücher zuständig ist, mehr Informationen hier) verlegt bzw. schickt sich dazu an: Requisiten für das Paradies ist für Oktober angekündigt. Mein sehr lieber Herr Schöngengel gibt's schon und ist immer noch aktuell, s. u.

 

"Requisiten für das Paradies

 

ist Medizin gegen jegliche Art der Langeweile, des Überdrusses und der Besserwisserei. Man muss schon in die glamourösen Zeiten eines Boris Vian oder Georges Perec zurückblättern, um auf einen Verwandten im Geiste Marie-Jeanne Urechs zu stossen. Oder, um mit Herrn Bürger zu sprechen: "Heute abend lade ich sie alle ins Cabaret ein. Sonnabend in den Zirkus! Und Sonntag in den Botanischen Garten!""

(Text: bilgerverlag)

 

Marie-Jeanne Urech

 

Marie-Jeanne Urech, die uns auf diesem Porträt von Ayse Yavas so verschmitzt anguckt, wurde am 4.6.1976 in Lausanne geboren, studierte nach dem Abitur an einem altsprachlichen Gymnasium in ihrer Heimatstadt Soziologie und Anthropologie sowie Regie an der London Film School. Sie arbeitet als Schriftstellerin und Regisseurin.

 

Was ihren (auf Deutsch) neuen Roman betrifft, so finden sich nähere Anhaltspunkte auf der Website (le site web) ihres Welschschweizer Verlags, den Éditions de l'Aire in Vevey.

 

"Dans cette ville-là, les ingénieurs souffrent de dyscalculie, les infirmières sont fleuristes, les docteurs tombent malades, les balles de golf se volatilisent, les cigarettes n'ont pas d'odeur, les statistiques sont cruelles, les soeurs sont jumelles, les concierges commandent, les enfants s'en vont, les yeux bruns s'éteignent, l'atmosphère est chimique, les chaussettes sont dépareillées, les mendiants démembrés, les restaurants ne servent qu'une soupe, les prêtres tiennent les comptes, les mères dorment six jours d'affilée, les robes sont en fleurs, le soleil disparaît et les tunnels n'aboutissent jamais où on l'espère."

 

"In jener Stadt leiden die Ingenieure unter Rechenschwäche, die Krankenschwestern sind Floristinnen, die Ärzte werden krank, Golfbälle lösen sich in Luft auf, die Zigaretten sind geruchslos, die Statistiken sprechen eine grausame Sprache, die Schwestern sind Zwillinge, die Conciergen kommandieren, die Kinder gehen weg, die braunen Augen werden trübe, die Atmosphäre ist chemisch, die Strümpfe passen nicht zusammen, die Bettler sind zerstückt, die Restaurants servieren die immergleiche Suppe, die Priester machen die Abrechnungen, die Mütter schlafen sechs Tage durch, die Kleider blühen, die Sonne verschwindet und die Tunnel führen nie da ans Licht, wo man es erhofft."

 

Dies, ohne Garantie auf vollkommene Richtigkeit, meine Übersetzung. Da möchte man doch gern weiterlesen! (Mir geht's so.)

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Prager Frühling. Literatur und Zeitgeschichte (2)

Standen im vorigen Eintrag literarische Titel zum Prager Frühling im Mittelpunkt, soll es heute um zwei – in Ansatz, Form und Fokussierung sich stark voneinander unterscheidende – Sachbücher gehen.

 

Eduard Goldstücker/Eduard Schreiber,
Von der Stunde der Hoffnung zur Stunde des Nichts. Gespräche

 

"Eduard Goldstücker, eigentlich Jizchak Jakob Schalom ben Jozef, hat als slowakischer Jude und mitteleuropäischer Intellektueller die Hoffnungen und Schrecken des 20. Jahrhunderts durchlebt. Vor den Nazis flüchtete er ins Exil, seine Familie wurde ermordet. 1945 zurückgekehrt, geriet er bald ins Visier des Antisemitismus stalinistischer Prägung. Nach langer Zuchthaushaft gab er als Germanist an der Karls-Universität entscheidende Anstöße zur Würdigung Kafkas. Alle Hoffnung setzte er auf den "Prager Frühling." Von 1969 bis nach 1989 war er erneut im Exil. Schließlich begriff er seine lebenslange Hingabe an die kommunistische Ideologie als einen Irrglauben.

 

Die über mehrere Jahre mit Eduard Schreiber geführten, bisher unveröffentlichten Gespräche brachen mit Goldstückers Tod im Oktober 2000 ab, doch lassen sie den wunderbaren Erzähler und tiefsinnigen Geschichtsphilosophen erkennen. Goldstücker erinnert sich an seine Begegnungen mit tschechischen Schriftstellern wie Vancura, Seifert, Nezval und deutschen Exilanten in Prag. Am Ende seines Lebens zieht er kritisch Bilanz, spannt den Bogen von seiner Kindheit in Podbiel und Košice bis zu den politischen Erfahrungen der neunziger Jahre."

(Text: Arco Verlag)

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Prager Frühling. Literatur und Zeitgeschichte (1)

Vor fünfundvierzig Jahren, am 21. August 1968, wurde der Prager Frühling niedergeschlagen. Aus Anlass dieses Jahrestags weist der Hotlist-Blog heute und morgen auf einige Bücher hin, die das Ereignis literarisch verarbeiten oder zeitgeschichtlich behandeln.

 

Den Anfang macht Patrik Ouředník. 1957 in der Tschechoslowakei geboren, emigrierte er im Jahre 1985 nach Paris, wo er auch derzeit lebt. Er publizierte in französischer und tschechischer Sprache: lexikalische Werke, Gedichte und Prosa.

Bei Czernin sind, in der Übersetzung von Michael Stavaric, neben dem hier vorgestellten Band auch lieferbar:

- Haus des Barfüßigen

- Europeana

 

Das Jahr vierundzwanzig

 

"Patrik Ouředník beschreibt in seinem ungewöhnlichen Buch Das Jahr vierundzwanzig die Jahre 1965 bis 1989 in der damaligen Tschechoslowakei als persönliche und unmissverständliche Erinnerung an ein Leben im realen Sozialismus. Das "Sich-Erinnern" wird dabei zum maßgeblichen Faktor des "Verstehens" einer ganzen Generation, deren Alltag von Frustration und Ohnmacht geprägt ist.

Das totalitäre System und die daraus resultierenden Fatalitäten ersticken die Hoffnung auf ein eigenständiges Leben.

 

Ouředník erinnert sich der Zeit des Prager Frühlings, der Normalisierungsära und der Sanften Revolution, an deren Ende die ersehnte Freiheit wartet.

Er knüpft mit seiner Methodik an die literarischen Experimente zweier Autoren an: Joe Brainard und Georges Perec [s. hierzu auch den Eintrag vom 23.7.2013 im Hotlist-Blog, Anm. d. Red.].

Einen wesentlichen Unterschied bildet allerdings die Tatsache, dass Ouředník "wichtigen" Erinnerungen nicht ausweicht. Ganz im Gegenteil: Historische Ereignisse geben seinem Schaffen Struktur und Rahmen.

Das "Erinnern" verdeutlicht mit fortschreitender Lektüre nur eines: In einer totalitären Gesellschaft existiert kein privater Raum.

 

Der Autor selbst unterteilt seine Erinnerungen in vierundzwanzig Lebensjahre, wobei die Einträge mit zunehmendem Alter schwinden: ganz so, als würde seine Erinnerung abnehmen. Womit auch der erklärte Feind der Erinnerung thematisiert wird: das Vergessen."

(Text: Czernin Verlag)

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Giorgio Bassani, Dichter der Erinnerung

Bassani (1916-2000) mochte, nach dem Zeugnis der Gefährtin seiner letzten 23 Lebensjahre, Portia Prebys, die Wörter "prosa" und "narratore" (Erzähler) nicht, sondern bevorzugte die Bezeichnung "poeta". 

 

Die Gärten der Finzi-Contini

 

"Wohlverstanden, schrieb ich weiter, ihre Übersetzung sei auch in ihrer jetzigen Form sehr gut, da beim Übersetzen immer eine schöne Ungenauigkeit einer pedantischen Plumpheit vorzuziehen ist."

Giorgio Bassani, Die Gärten der Finzi-Contini, 3. Teil, 4. Kapitel

 

Dies schreibt Giorgio, der Ich-Erzähler des 1970 von Vittorio De Sica sehr schön (wenn auch nicht zur Zufriedenheit des Autors, hier der Trailer zur Originalfassung) verfilmten Romans, an dem Bassani vier Jahre lang, von 1958 bis 1961, gearbeitet hatte, an seine platonische Freundin Micòl. Diese hatte ein Gedicht Emily Dickinsons übersetzt, I Died For Beauty, das in ihrer Fassung, wie sie nun freilich ihrerseits von Herbert Schlüter ins Deutsche übertragen wurde, lautet:

 

Ich starb für die Schönheit

und war kürzlich erst ins Grab gelegt,

als einer, der für die Wahrheit starb,

in das Grab neben dem meinen gelegt wurde.

 

Leise fragte er mich: "Warum bist du gestorben?"

"Für die Schönheit", erwiderte ich.

"Und ich für die Wahrheit

– beide sind ein und dasselbe –

wir sind Geschwister", sagte er.

 

Und so, als Kinder der gleichen Familie,

die sich eines Nachts begegneten,

unterhielten wir uns von Grab zu Grab,

bis das Gras uns den Mund

und den Namen bedeckte.

 

Giorgio moniert in seinem Brief an Micòl, dass diese "moss" mit "Gras" wiedergegeben hat anstatt mit "Moos" und schlägt als Übersetzung der letzten Strophe vor:

 

Und so, als Kinder der gleichen Familie,

die sich eines Nachts begegneten,

unterhielten wir uns von Grab zu Grab,

bis unsere Münder und Namen

das Moos bedeckte.

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Applaus: Chapeau!

2012 verkauften Anaïs Walde und Peter Graf die Markenrechte ihres 2009 gestarteten Züricher Verlags Walde + Graf an die Berliner Aufbau Verlagsgruppe, die im selben Jahr bereits um den Blumenbar Verlag, 2011 Mitinitiator des Hotlist-Preises, vergrößert worden war.

 

Der 'alte' Verlag Walde + Graf ist nun ein Imprint des neu geschaffenen hippen (oder squaren?!) Metrolit Verlags, der seine Herkunft aus der Retorte nicht verleugnen kann, aber mit gutem, u. a. Ex-Indie-Personal aufwartet: Lars Birken-Bertsch (Ex-Blumenbar) und Peter Graf (Ex-Walde + Graf).

 

Ein Indie geht, ein Indie kommt: Der Applaus Verlag

 

2012 erschienen die ersten Bücher des neu benannten Applaus Verlags, der mit anderem Programmzuschnitt die Geschichte von Walde + Graf als unabhängigem Verlag in der Schweiz fortschreibt.

Applaus ist Mitglied von SWIPS, dem Verband Schweizer unabhängiger Verlage.

(Mehr zum Verlagsprofil hier [pdf].)

 

Die Auslieferung der Applaus-Bücher erfolgt in Deutschland über die GVA.

 

Neben speziellen, spezifisch eidgenössischen Titeln hat Applaus einige Bücher im Programm, die ohne weiteres auch nördlich der Alpen eine breitere Leserschaft finden sollten, wie zum Beispiel: Ein Eichhörnchen auf Wanderschaft

 

Gyrðir Elíasson erzählt die grotesk-märchenhafte Geschichte eines Grenzgängers zwischen Phantasie und Wirklichkeit

 

"Der isländische Junge Sigmar lebt irgendwo auf dem Land bei seinen Verwandten Björg und Agúst. Sein Alltag ist geprägt vom Rhythmus des Hoflebens und von gähnender Langeweile, der er mit selbsterdachten Spielen und dunklen Phantasien zu entfliehen sucht. Eines Tages malt Sigmar ein Bild mit einem Flugzeug, einem Hai, einer Hütte, einem Teich und sich selbst – als Eichhörnchen. Unerwartet beginnt das Tier sich zu bewegen, Sigmar verwandelt sich in das Eichhörnchen und verschwindet in seinem Bild. Das Eichhörnchen begibt sich auf Wanderschaft, bezieht in der gleichermaßen von Tieren und einigen Menschen bewohnten Stadt eine Kellerwohnung, geht ins Kino, langweilt sich und trifft auf der Suche nach Möbeln auf den Bären Hildibrandur, der als Antiquar arbeitet.

Gyrðir Elíasson liebt das Absurde, aber seine Geschichten sind von poetischer Kraft und – bei aller Skurrilität – zurückhaltend und leise im Ton."

(Text: Applaus Verlag)

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Spracherhellend: Die Phrasen-Dreschmaschine (konservativ/progressiv und Schwarz/Rot/Gold) und Der MATER

 

Emanzipatorische Organisations-Potenz

 

"Klaus Birkenhauers Phrasen-Dreschmaschine besteht aus drei doppelseitigen Drehscheiben in einer Kartonhülle und generiert mühelos wirkungsvolle Formulierungen jeder politischen Couleur.

Sie paßt wie ein Briefumschlag in jede Innentasche und läßt sich diskret unterm Rednerpult bedienen. Es gibt sie in zwei Versionen."

 

- Phrasen-Dreschmaschine konservativ/progressiv

- Phrasen-Dreschmaschine Schwarz/Rot/Gold für Macher und Durchblicker

 

"Ob Sie sich für multikulturelle Integrationsnetzwerke stark machen oder – im Gegenteil – für eine zielführende Privatisierungsstrategie, ob Sie die geschlechtergerechte Familienteilhabe als unverzichtbare Sozialressource propagieren oder lieber sinnmachende Managementinstrumente entwickeln, mit diesem Werkzeug haben Sie Ihre Karriere in der Hand!"

(Text: Straelener Manuskripte)

 

Die unverbindliche Preisempfehlung für beide Ausführungen ist jeweils 4,00 Euro. Nach Meinung des Redakteurs ein unverzichtbares Sprach-Spielzeug, übrigens auch für Zwischenrufer bei Flashmobs geeignet: Es muss ja nicht immer ein echoendes "Wachstum, yeah! Wachstum!" sein, auch mit raffinierteren Syntagmen lassen sich Sprechblasen zerstechen.

 

Auf ganz andere Weise spracherhellend der Mater, das rückläufige Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache.

 

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Monika Rinck, Dichterin, Essayistin und Übersetzerin (2)

Zsolt Nagy Koppány, mein großvater konnte fliegen

 

Unter dem Titel mein großvater konnte fliegen sind im vergangenen Jahr in der Reihe Literatur der Edition Solitude Kurzgeschichten von Zsolt Nagy Koppány erschienen, die das Bemerken und Lesen wert scheinen – wie überhaupt die Publikationen der Akademie, von denen allen man sich wünschte, dass sie den schmucken Mauern des Schlosses Solitude entwischten, um draußen, wenn nicht einer unwahrscheinlichen multitude in die Arme zu laufen, so doch den Weg Einzelner zu kreuzen. So verhält es sich wohl auch, denn die meisten der älteren Bücher sind vergriffen.

 

"Natürlich habe auch ich Gefühle. Aber ich vermische sie nicht mit der Arbeit. Ich schreibe sie auf, in dieses Heft, so habe ich mich vor Kurzem entschieden. Hier kann ich mir die eine oder andere Anmerkung und Reflexion erlauben, kann nur für mich über meine Überwachten schreiben. Die Behörde interessiert es nicht, ob eine Frau wunderschön ist."

Zsolt Nagy Koppány, mein großvater konnte fliegen

 

"Man ist bass erstaunt und hält die Luft an, angesichts der Welten, in die uns Zsolt Nagy Koppány mit seinen Geschichten entführt. Mit seinem kruden, männlichen Figurenpersonal beschwört der Autor archaische Zeiten und Bilder herauf. Lakonisch schildert er einen nächtlichen Auffahrunfall auf einsamer Landstraße, bei dem der verletzte Unfallverursacher keineswegs Hilfe erfährt, sondern stattdessen kurzerhand beseitigt wird.

Eine innige Verbundenheit mit seinen Hauptpersonen ist dem Erzähler nicht nur in der Geschichte über den "Lohnleser" Sebestyén anzumerken, der von seinen leseunwilligen Mitmenschen angeheuert wird, "damit er die – meistens anhand der Klappentexte ausgesuchten – Bücher für sie liest.""

(Text: Edition Solitude)

 

Zsolt Nagy Koppány, geb. 1978 in Marosvásarhely, Rumänien, lebt und arbeitet als Schriftsteller, Übersetzer sowie Sprach- und Literaturlehrer in Budapest.

 

  • Zsolt Nagy Koppány, mein großvater konnte fliegen. mythen, geschichten, geschichte. Aus dem Ungarischen von Orsolya Kalász und Monika Rinck. 160 Seiten, Paperback. 22 x 13,5 cm. Edition Solitude, Stuttgart 2012. 15,00 Euro
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Monika Rinck, Dichterin, Essayistin und Übersetzerin (1)

Zunächst zwei Zitate:

 

was der hund sieht

 

was der hund sieht, wenn er mich sieht. / der hund sieht mich als die tapete seines napfs. / [...]

Monika Rinck, zum fernbleiben der umarmung, S. 34

 

land des wohlergehns

 

[...] / wie widerwillig doch das licht vom wasser lässt, / die weichesten wellen, fältchen, noch immer / in matter beleuchtung. welch eine großmut. / [...]

Dieselbe, dasselbe, S. 70

 

Das letzte Gedicht in zum fernbleiben der umarmung, "tour de trance", endet mit den Worten: "[...] es dreht sich, / dreht sich unmerklich, und steht."

Doch ist dem Ruhepunkt zu trauen? Steckt nicht auch eine Unruhe darin? Es dreht sich, und steht?, oder: Es dreht sich, unstet?

 

Verzückte Distanzen

 

zum fernbleiben der umarmung (gerade wiedergelesen) ist Monika Rincks zweiter Gedichtband, der erste, im Jahr 2004, war Verzückte Distanzen, vom zu Klampen! Verlag unlängst aus Anlass der Verleihung des Peter Huchel-Preises an Rinck in broschierter Sonderausgabe wiederveröffentlicht. (Rincks Dankesrede ist online nachhörbar und wird auch im aktuellen Heft, Heft 4/2013, von Sinn und Form dokumentiert: "Hirsche wittern. Birken imitieren Lichtmaschinen. Zur Kultur des Naturgedichts".)

 

"Monika Rincks Lyrik [...] hat dank einer fein komponierten Auswahl im zu Klampen Verlag endlich den Buchmarkt erreicht. Von der Gestalt eines Lauts, vom Kreisen der Radsportler im Velodrom oder von einer ins Peinliche gleitenden Intellektuellen-Party erzählt sie in einer berückenden Mischung aus Pathos und Ironie, zudem in Rhythmen, denen Zauberkraft innewohnt. [...] Rincks Gedichte leben von der Extravaganz, von einer meist wunderwollen Verschrobenheit nicht nur im Ton und in der Bildsprache, sondern auch in der Bereicherung des lyrischen Vokabulars."
tip Berlin

 

Mein Exemplar lagert in einem Karton unter einer Treppe bei Freunden im Nachbarort, deswegen hier kein Zitat. Wie dem auch sei, Verzückte Distanzen ist ein hervorragender Gedichtband, ein starkes 'erstes' Buch (im Sinne: von einem breiteren Publikum wahrgenommen).

 

  • Monika Rinck, Verzückte Distanzen. Gedichte. Herausgegeben von Heinz Kattner. 48 Seiten, Englische Broschur, 13 x 21 cm. zu Klampen! Verlag, Springe 2013. 9,00 Euro (Neuausgabe)

 

In zahlreichen Veröffentlichungen hat Rinck seither ihren Rang (wenn das wichtig ist) als Dichterin, Essayistin und Übersetzerin bestätigt.

Aus ihrer Übersetzungsarbeit – vielleicht der verborgenste Teil ihres Schaffens – seien stellvertretend drei Titel hervorgehoben.

 

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Zwei Einsamkeiten. Pia Solèr und Jean-Pierre Abraham

"Einfach mal weg sein – eine der großen Sehnsüchte des zivilisierten Menschen. Pilgern auf dem Jakobsweg. Kein iPhone, kein Internet. Oder raus, aufs Land. Doch wie fühlt es sich an, schon immer einfach weg zu sein, von Berufs wegen?

Pia Solèr ist knapp 40 Jahre alt und Hirtin. Sie lebt in einem versteckten Tal im schweizerischen Graubünden. Ans Bücherschreiben hat sie nie gedacht – bis sie einer danach fragte. "Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass ich etwas zu sagen habe." Und jetzt erzählt sie. Im Oktober Schnee-Einbruch über Nacht.
SMS können nur verschickt werden, wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung kommt. Der Hund stirbt, der Tierarzt kommt zu spät, sie begräbt ihn allein.

Die Aufzeichnungen von Pia Solèr sind authentisch, alltäglich und einzigartig. Hier spricht kein Aussteiger, auch kein mönchischer Eremit. Hier spricht eine Frau aus der Mitte Europas, sie erzählt von harter Arbeit und einsamen Stunden, vom Fortschritt und Zerfall unserer Tage, vor allem aber erzählt sie vom Leben in der Natur, auf 2000 Metern Höhe, in der sich Weite fühlen lässt."

(Text: weissbooks.w)

 

  • Pia Solèr, Die Weite fühlen. Aufzeichnungen einer Hirtin. Mitarbeit Daniela Kuhn. 124 Seiten, gebunden. 16,5 x 11 cm. weissbooks.w, Frankfurt am Main 2013. 12,99 Euro (Sonderausgabe des erstmals im September 2011 erschienenen Buchs)
  • auch als E-Book erhältlich
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Svetislav Basara, Die Verschwörung der Fahrradfahrer

Zum Abschluss der kleinen Serie zur editionBalkan im Dittrich Verlag heute, weit im voraus, der Hinweis auf einen Titel aus dem Frühjahr 2014 (Erscheinungsdatum: 5.3.2014).

 

"Die Verschwörung der Fahrradfahrer von Svetislav Basara ist ein jugoslawischer Kultroman, der im Original vor zwanzig Jahren erschien.


Die Geschichte beginnt im staubigen Keller einer Bibliothek in der serbischen Provinz und führt den Leser durch das fantastische Labyrinth einer fiktiven Dokumentation über eine uralte Bruderschaft. Diese geheimnisvolle Organisation – ein mystischer Orden der Fahrradfahrer – leitet, kraft ihrer Beherrschung der Zukunft, die Geschicke der Menschheit.


Die Fahrradfahrer treffen sich im Traum, in einer frei schwebenden durchsichtigen Kathedrale, wo sie auch Anweisungen von Ordensmitgliedern aus der Zukunft empfangen.
Ebenso satirisch wie fantasievoll lässt der Autor eine Fülle exzentrischer Figuren auftauchen, erfundene und historische Gestalten – von Karl dem Grässlichen über Freud, Nietzsche, Sherlock Holmes bis hin zu Stalin.
Basara bedient sich ihrer, um die Einheit von Raum und Zeit in Frage zu stellen, und außerdem die These zu beweisen, dass Geschichte nie objektiv erzählt wird, sondern von jedem, wie es ihm passt."

(Text: Dittrich Verlag)

 

  • Svetislav Basara, Die Verschwörung der Fahrradfahrer. Roman. Aus dem Serbischen von Mascha Dabić. 464 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Dittrich Verlag, Berlin 2014. 22,80 Euro

 

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Die editionBalkan im Dittrich Verlag (2)

"Dystopien richten unseren Blick in eine erschreckende Zukunft – wie Orwells 1984, Samjatins Wir [nach unten scrollen] oder Uhrwerk Orange von Anthony Burgess. Doch oft geht es den Autoren mehr darum, einer schrecklichen Gegenwart den Spiegel vorzuhalten. So auch Iwantschew mit Die Farben des Grauens.

 

Der bereits 1995 veröffentlichte Roman spielt zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Bulgarien. Das Land ist isoliert vom Rest der Welt. Eine schwere Wirtschaftskrise führt zu Unruhen und letztlich zur Auflösung staatlicher Autorität in den osteuropäischen Ländern, der Balkan ist von Kriegen zerrüttet.

In dieser sich auflösenden, anarchischen Gesellschaft gibt es nur einen Weg zu überleben: die Flucht in den Westen.

 

Der Leser begleitet die drei Hauptpersonen des Romans, den Philosophieprofessor Vesselinow, seinen kleinen Sohn Christo und den Profifussballer Nedew, auf ihrem Fluchtweg durch ein Land, in dem jegliche gesellschaftliche Ordnung verloren gegangen ist: ein Land, das in kleine und kleinste Kantone zerfallen ist, in dem letztlich jeder für sich kämpft, jeder gegen jeden. Es herrscht weder Moral noch soziales Verantwortungsbewusstsein, sondern Eigensucht und Gewalt.
Diesem ethischen Verfall können sich auch die Protagonisten nicht entziehen – auch sie werden schließlich zu amoralischen Tätern."

(Text: Dittrich Verlag)

 

In ihrer Kritik für SWR2 nennt Gisela Erbslöh Die Farben des Grauens einen "schwarzen" Roman: "[i]n krassen Bildern, gleichwohl lakonisch und ungemein spannend erzählt".

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Die editionBalkan im Dittrich Verlag (1)

 

Im Herbst 2010 startete der Dittrich Verlag die so spannende wie verdienstvolle Buchreihe editionBalkan mit dem Ziel, "die intelligenten und poetischen Texte aus Südosteuropa hierzulande in erstklassigen Übersetzungen zugänglich zu machen, um so das gegenseitige Kennen- und Verstehenlernen der Kulturen zu fördern."

 

Bisher sind Romane aus Bulgarien, Serbien, Albanien, Kroatien und Bosnien erschienen – "Romane, die die politischen, sozialen und ökonomischen Turbulenzen auf dem Balkan reflektieren und das Potential besitzen, über die Grenzen des Balkans hinaus Wirkung zu zeigen."

 

Der Hotlist-Blog greift, um einen Anfang zu machen, fünf Titel aus den Jahren 2011, 2012 und 2013 heraus, plus einen sechsten, der für 2014 angekündigt ist.

 

Zlatko Paković, Die gemeinsame Asche

 

"Der Roman Die gemeinsame Asche erzählt über vier Generationen die Geschichte einer Familie. Ein Lebensweg von Serbien in die australische Emigration und wieder zurück in ein Belgrad, das sich – wie in einer futuristischen Vision – während ihrer Abwesenheit in eine kosmopolitische Weltstadt entwickelt hat.
Hauptfiguren sind Igor, Ljudmila und Aurora: Der Sohn, der im Laufe des Romans Vater und Großvater wird, die Emigrantentochter und das Enkelkind, das in serbisch-australischer Ehe zur Welt kommt.
Es ist ein Roman der Reifungsprozesse, der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Ein Roman über das Erinnern – und das Vergessen.
Paković erzählt seine Geschichte in kurzen Bildern und mit sehr reduzierten Erzählaussagen.
Die Qualität des Romans liegt in der feinen poetischen Suggestivität seiner Sprache."

(Text: Dittrich Verlag)

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Friedenauer Presse 1963-2013 und weiter. Die neuen Bücher

Einband: Horst Hussel
Einband: Horst Hussel

"WILLKOMMEN BEI DER FRIEDENAUER PRESSE" heißt es auf der Website des, hinsichtlich Personal, Budget und Umsatz, kleinen Berliner Verlags, der in Wahrheit natürlich ein grandioser Verlag ist, der ohne viel Aufhebens Großes auf die Beine stellt. Ein Gutteil des Ruhms gebührt der Verlegerin Katharina Wagenbach-Wolff, die das Haus seit 1983 leitet.

Die Bücher der Friedenauer Presse haben tatsächlich alle etwas überaus Einladendes, woran die Gestaltung der Bucheinbände durch Horst Hussel ihren besonders hervorzuhebenden Anteil hat.

 

Dies Jahr gibt's etwas Besonderes zu feiern:

 

"Gegründet von Andreas Wolff 1963 im Berliner Stadtteil Friedenau, kann der Verlag 2013 sein 50-jähriges Bestehen feiern. Seit 1983 führt die Tochter des Verlagsgründers, Katharina Wagenbach-Wolff, den Verlag.

Die Aufgaben, die sich der Verlag gestellt hat, spiegeln sich in seinem Buchprogramm wieder:
Lyrik, Essays und Romane den Lesern zugänglich zu machen und dem Vergessen zu entreißen, die Leser auf bisher nicht übersetzte und veröffentlichte Werke, oftmals aus dem Russischen, aufmerksam zu machen sowie eine sorgfältige Buchgestaltung, ohne den Anspruch, Luxusprodukte herzustellen."

(Presseinformation der LKG / Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft)

 

Klug beschränkt sich Wagenbach-Wolff auf drei Reihen: die Winterbücher, die Presse-Drucke und die Wolffs Broschuren. Im Oktober erscheinen die neuen Bücher, ein Winterbuch, zwei Presse-Drucke. Leonid Dobyčin, Robert Louis Stevenson und Ambrose Bierce sind die Autoren – den ersten würde man ohne das Engagement der Verlegerin und des Übersetzers Peter Urban in Deutschland gar nicht kennen.

 

Leonid Dobyčin, Die Erzählungen

 

"1987 wurde Joseph Brodsky, frisch gekürter Nobelpreisträger für Literatur, von Studenten gefragt, welchen russischen Prosaschriftsteller er im XX. Jahrhundert für den bedeutendsten halte. Brodsky zögerte mit einer Antwort, und als ihm Namen wie Babel, Bulgakov und Platonov zugeraunt wurden, sagte er schnell und bestimmt: "Dobyčin. Leonid Dobyčin", einen Autor, der selbst in Rußland den wenigsten bekannt war. An ihm – er lebte 1894 bis 1936 – bestachen Brodsky die "Gogolsche Kraft", "das geschärfte Gefühl für die Semantik", die "Proustsche Aufmerksamkeit für das Detail (das in seiner Bedeutung die Hauptsache überwuchere)" und eine "starke Joycesche Note", bezogen wohl vor allem auf The Dubliners.

 

Alle diese Eigenheiten erkannte Brodsky an Dobyčins Roman Die Stadt N. (1935): "Leben in der Provinz. Alles geschieht wie immer in der russischen Provinz, genauer: nichts geschieht. Geschehen war, übrigens, die Revolution."

 

Die hier vorgelegten kurzen Erzählungen Dobyčin – sie erschienen zwischen 1924 und 1930 verstreut in literarischen Zeitschriften und Almanachen Leningrads – bilden so etwas wie das Manifest des erzählerischen Stils dieses Autors, der sich im übrigen theoretisch nie geäußert hat, es sei denn in aphoristischen Bemerkungen in Briefen. Dobyčins Erzählstil ist geprägt von Puškins Diktum über die künstlerische Prosa: "Genauigkeit und Kürze" wie von Anton Čechovs Forderung nach "äußerster Kürze".

[...] Dobyčin rückt die Gattung der Prosaminiatur an die Grenze zum epischen, bisweilen sogar lyrischen Gedicht."

(Text: Friedenauer Presse)

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Bernardo Kucinski, K.

Beim Fest der Kleinen Verlage, das das Literarische Colloquium Berlin unlängst zum achten Mal ausgerichtet hat – die Klappentexterin und Caterina haben im Blog We read Indie (ein englischer Name ist für deutsche Seiten natürlich ein must) einen sehr schönen Bericht darüber veröffentlicht: Kleinverlagsoase am Wannsee –, fragte ich am Stand von TRANSIT die Verlegerin Gudrun Fröba nach einem Titel, den sie mir besonders ans Herz legen würde. Sie wies daraufhin auf den Roman K. oder Die verschwundene Tochter von Bernardo Kucinski, der zum diesjährigen Buchmesseschwerpunkt Brasilien erscheinen wird (und natürlich auch über diesen Anlass hinaus Aufmerksamkeit verdient, zumal die Geschichte sich ähnlich auch in Argentinien oder anderswo zugetragen haben könnte).

 

Bernardo Kucinski, K.

 

"São Paulo in den siebziger Jahren. K., Besitzer eines Geschäfts für Herrenmode, wartet seit vielen Tagen auf ein Lebenszeichen seiner Tochter, Dozentin an der Universität São Paulo: dort sei sie seit zwei Wochen nicht mehr erschienen. Er fragt ihre Freunde, Bekannte, geht mit ihrem Foto zur Polizei – bis er schließlich auf Umwegen erfährt, dass sie seit Jahren ein Doppelleben führte und mit ihrem Mann verdeckt politisch arbeitete. Für K. ist das aus mehreren Gründen schockierend: Er glaubte seine Tochter, sein Lieblingskind, genau zu kennen und hielt sie für völlig unpolitisch. Und er begreift nicht, warum gerade er, der Mitte der dreißiger Jahre in Polen selber Mitglied einer jüdischen Widerstandsgruppe und nach einer Haftstrafe nach Brasilien geflohen war, auffällige Indizien im Verhalten seiner Tochter komplett falsch eingeschätzt hatte. Er hätte es wissen müssen und sie retten können. Sein Leben besteht danach aus einer doppelten Suche: Er will herausfinden, wer seine Tochter wirklich war, und, am wichtigsten: ob sie noch lebt.
Diese Suche provoziert Erinnerungen an seine eigene Jugend, wichtige Phasen seines Lebens, die er vorher immer verdrängt hatte. So verschränkt sich brasilianische überraschend mit europäischer Geschichte."

 

"Ein großer, dichter Roman über das Klima von Terror, Unsicherheit, Schweigen und Trauer in einer Diktatur."

Carlos Tibúrcio

 

"Alles in diesem Buch ist erfunden, doch fast alles ist geschehen."

Bernardo Kucinski

 

Für den Buchhandel liegen Leseexemplare bereit, eine Leseprobe enthält die aktuelle Vorschau (pdf, auf Wunsch auch in Papierform erhältlich) bzw. findet sich auf der Verlagswebsite (nach unten scrollen).

 

  • Bernardo Kucinski, K. oder Die verschwundene Tochter. Roman. Aus dem Portugiesischen (Brasilien) von Sarita Brandt. 144 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. TRANSIT Buchverlag, Berlin 2013. 16,80 Euro (E-Book 14,99 Euro) – erscheint am 28. August 2013

 

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60 mal 140 Zeichen

Foto: Marion Ettlinger
Foto: Marion Ettlinger

Handy-Romane kennt man schon länger aus Asien, auch einen Facebook-Roman gab es schon und nun auch noch Twitter. Die Pulitzer-Preisträgerin Jennifer Egan hat einen Roman über den "New Yorker" komplett über Twitter veröffentlicht. "Black Box" heißt es und die Handlung, die sich im Agenten-Milieu ansiedelt, lebt dabei von kurzen, knackigen Absätzen - keiner länger als 140 Zeichen. Ab kommenden Montag will das Kulturressort vom Spiegel über seinen Twitter-Account (#spiegel.rezens) das Buch ebenfalls "zwitschern". An insgesamt 10 Tagen sollen jeweils 60 Tweets abgesetzt werden. 

Hier ein paar Beispiele:

 

"Schließ die Augen und zähle langsam von zehn rückwärts."

"Stell dir bei jeder Zahl vor, dass du dich von deinem Körper löst und jeweils einen Schritt weiter von ihm entfernst."

"Bei acht solltest du dich knapp außerhalb deiner Haut befinden."

"Bei fünf solltest du einen halben Meter über deinem Körper schweben und wegen des Geschehens höchstens noch eine diffuse Unruhe empfinden."

"Bei drei solltest du dich völlig von deinem physischen Ich abgekoppelt haben."

"Bei zwei sollte dein Körper in der Lage sein, ohne deine Mitwirkung zu agieren und zu reagieren."

"Bei eins sollte dein Geist so frei umherschweifen, dass dich nicht mehr interessiert, was sich unter dir abspielt."

"Weiße Wolken ziehen majestätisch dahin."

 

Das kann man nun innovativ finden, oder eben auch an den Haaren herbeigezogen. Ob 140 Zeichen ausreichen, um all das auszudrücken, wofür andere Autoren ganze Seiten brauchen, müssen letztendlich die Leser entscheiden. Medienaufmerksamkeit war der Autorin indes sicher. Und damit dieses Projekt nicht in der Versenkung verschwindet, sich in ein paar Tagen niemand mehr erinnern kann und auch kein Verleger oder Buchhändler sauer wird, gibt es den Roman ab dem 7. August (auf Deutsch) auch als gedrucktes Buch zu kaufen.

 

Alexander Schulz

 

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Esel und Insekten. Die neuen Bände der "Naturkunden"

"In den Naturkunden erscheinen Bücher, die von der Natur erzählen, von Tieren und Pflanzen, von Pilzen und Menschen, von Landschaften, Steinen und Himmelskörpern, von belebter und unbelebter, fremder und vertrauter Natur. Der Name der Reihe ist Programm: Hier wird keine bloße Wissenschaft betrieben, sondern die leidenschaftliche Erforschung der Welt: kundig, anschaulich und im Bewusstsein, dass sie dabei vor allem vom Menschen erzählt – und von seinem Blick auf eine Natur, die ihn selbst mit einschließt. Jedes Buch in dieser Reihe wird, ungeachtet seiner Gattung, eine eigene Kunde von der Natur formulieren und dabei so aufwendig, vielgestaltig und schön werden, wie die Natur ihrer Gegenstände es fordert: bebildert, in historischen Formaten gebunden, fadengeheftet und mit Frontispiz sowie farbigem Kopfschnitt versehen. So feiern die Naturkunden nicht zuletzt die unnachahmlichen und mannigfaltigen Möglichkeiten einer lebendigen Buchkultur."

(Text: Matthes & Seitz Berlin)

 

Die Naturkunden werden von Judith Schalansky herausgegeben. Das von ihr ersonnene pluriforme Reihenkonzept lässt verschiedene Größen, Dicken, Einbandarten, Typographien usw. zu, ja diese sind ausdrücklich erwünscht. Die gestalterische Zusammengehörigkeit der Bände, ob Foliant oder Vademekum, wird dadurch nicht angetastet, und so wie die Rundheit des Kopfes das Denken beweglich hält, wie Francis Picabia ein für allemal geklärt hat, so ist auch die Vielgestalt des Buch-Vierecks, die jeder neue Band der Naturkunden vorführt (war diese coole Variabilität der Buchformate nicht zum Teil schon vergessen?), geeignet, Grips und Wissbegierde aufmunternd in die Seite zu stoßen.

 

Zu den ersten Bänden siehe den früheren Beitrag im Hotlist-Blog:

http://www.hotlist-online.com/2013/01/05/naturkunden-bei-matthes-seitz-berlin/

 

 

Meister Langohr

 

"Störrisch, dumm und eigensinnig – die Eigenschaften, die dem Esel zugeschrieben werden, sind wenig schmeichelhaft. Und doch spielt kaum ein Tier in der Kulturgeschichte eine so bedeutende Rolle wie der Esel: Er steht für die geschundene Kreatur; auf ihm reitend zog Jesus in Jerusalem ein; Buridans Esel wurde zum philosophischen Paradigma, weil er vor zwei Heuhaufen verhungerte, zwischen denen er sich nicht entscheiden konnte. Jutta Person erzählt die erstaunlich reiche Geschichte dieses Lastentiers, betreibt eine Charakterologie des Esels, trifft seine Züchter und stellt domestizierte und wilde Eselarten sowie das Maultier vor. Nicht zuletzt zeigt sie, wie klug dieses vermeintlich dumme Tier mit den schönen Augen ist – und wie viel wir von ihm lernen können."

 

  • Jutta Person, Esel. Ein Porträt. 144 Seiten, flexibler Einband, fadengeheftet und mit Kopfschnitt. Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2013. 18,00 Euro – erscheint im Oktober

 

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Wiederentdeckt: Pierre Bost, Jacques Chauviré und Jacques de Lacretelle

 

In der Diskussion um Self Publishing wird immer wieder auf die Filterfunktion der Verlage hingewiesen. Diese bewährt sich nicht nur bei Autoren der Gegenwart, sondern auch bei jenen der Vergangenheit, die übrigens im Falle der drei wiederentdeckten bzw. im deutschsprachigen Raum überhaupt zum allerersten Mal vorgestellten Autoren Pierre Bost, Jacques Chauviré und Jacques de Lacretelle gar nicht so weit zurückliegt.

 

Ein Buch ist nicht gut, nur weil es neu ist, oder nur weil es alt ist. Viele Bücher kippen in der Überlieferung nach hinten über, werden vertrödelt und vergessen, und es ist nicht schade um sie. Bei anderen muss man heilfroh sein, dass ein Luchsauge sie, unter all den zusammengebrochenen Papierstapeln im Hinterzimmer des Jahrhunderts, noch aufgespürt hat und nun, abgeklopft, säuberlich parat legt, so dass auch ein bibliophiler Maulwurf sie endlich vor der Nase hat und seine Schaufel danach ausstrecken kann.

Die hier vorgestellten Titel sind drei von diesen Schatzbüchern, und der Dörlemann Verlag und der Lilienfeld Verlag können sich wirklich etwas darauf einbilden, dass sie sie gefunden haben.

 

Pierre Bost, Ein Sonntag auf dem Lande

 

"Monsieur Ladmiral, ein erfolgreicher, wenn auch konventioneller Maler, hat sich außerhalb von Paris niedergelassen, wo ihn – wie jeden Sonntag – der Sohn Gonzague mit seiner Familie besucht. Man isst, man spaziert, alles ist wie immer, bis Irène, die Tochter, auftaucht. Während Gonzague ein eher langweiliges bürgerliches Leben führt, geht Irène undurchschaubaren, doch umso lukrativeren Geschäften nach und lässt sich von niemand in die Karten ihres (Liebes-)Lebens blicken.

Der Familiensonntag wird in Pierre Bosts kleinem Roman zu einem Panorama der Gefühle, wie sie in Familien nicht nur kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges unter der Oberfläche brodeln. Rivalität unter Geschwistern, Eifersucht und die Angst vor dem Tod des Vaters treten zutage – nur die Mitglieder der Familie würden sich dies nie eingestehen."

(Text: Dörlemann Verlag)

 

Hier eine Leseprobe, und hier Pressestimmen zum Roman, dessen deutscher Titel natürlich, verglichen mit der wörtlichen Übersetzung "(Herr) Ladmiral wird bald sterben", verharmlosend klingt, aber was soll's, zumal Bost hier in der Maske eines resignierten Malers letzten Endes nur sich selbst, als Romancier, ins Gras beißen lässt. – Als Szenarist lebte Bost noch dreißig weitere Jahre und arbeitete u. a. für Bertrand Tavernier, der 1984 Monsieur Ladmiral va bientôt mourir verfilmt hat.

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Verlag Lettrétage: Zwei von 2013 (ein drittes folgt)

Zwei Bücher hat der Verlag Lettrétage dies Jahr herausgebracht; ein drittes folgt in Kürze, dazu in einem Extrabeitrag, beizeiten hier im Hotlist-Blog.

 

Schriftproben

 

Die Schriftproben gehen auf die gleichnamige Konferenz

und das Lesefestival nordischer und deutschsprachiger Autoren zurück, die Lettrétage, das "junge Literaturhaus" in Berlin-Kreuzberg (als das es sich, in berechtigter – Übermutter tut selten gut – Abgrenzung zur Mutter oder Übermutter der Literaturhäuser, dem Literarischen Colloquium Berlin, selbst bezeichnet), im letzten Jahr veranstaltete.

 

Die Organisatoren, Moritz Malsch und Susan Bindermann, denen ein kleiner Stab zur Seite stand, haben sich wie folgt über Ziel, Zweck und Spielregeln der SCHRIFTPROBEN geäußert (zwischendrin in den eiernden, parenthetischen, slashlastigen Schreibstil verfallend, der niemanden ausschließen und niemandem weh tun will, dabei aber der Sprache ungeniert auf die Füße tritt, aber das muss heute wohl so sein):

 

"Warum schreibe ich, was schreibe ich, wie schreibe ich und für wen?
Was bildet das Fundament meines Schreibens, welchen Einflüssen bin ich ausgesetzt, und wie bewusst gehe ich mit meiner Poetologie um?
In welchem Verhältnis stehen Schreiben und Alltagsrealität zueinander – sei es die individuelle, die gesellschaftliche oder die wirtschaftliche?
Wie sehen Literaturbetrieb und Fördersysteme in den verschiedenen Ländern aus?


15 Prosa-Autorinnen und -Autoren der Generation zwischen 25 und 40 aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Österreich und Deutschland treffen sich [...] in Berlin, um in ihrer täglichen Schreibpraxis innezuhalten und auf Grundsätzliches zu sprechen zu kommen.

 

Aus jedem der nordischen Länder wurde ein Autor oder eine Autorin benannt, der/die bereits mehrere eigenständige Prosapublikationen vorzuweisen hat. Diese(r) bringt je noch eine(n) jüngere(n) Autor(in) aus dem eigenen Land mit einer kürzeren Publikationsliste mit, der/die noch nicht in Fremdsprachen übersetzt ist, aber schon in den literarischen Kreisen seines Heimatlandes reüssiert hat und am Anfang seiner/ihrer Karriere steht.

 

Neben der Vielfalt der beteiligten Länder wurde auf die Auswahl einer möglichst großen Bandbreite an Stimmen und eigenständigen Schreib-Positionen geachtet. [...]"

(Über das Projekt)

 

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Victor Hugo, Der Mann mit dem Lachen

 

Bei der Veranstaltung Kleine Verlage am Großen Wannsee traf ich mich mit dem Autor und Übersetzer Rainer G. Schmidt. Anlass war dessen Neuübertragung des Victor Hugo-Romans L'homme qui rit (1869), die soeben in der Achilla Presse erschienen ist (siehe die ausführliche Kritik von Niklas Bender in der Frankfurter Allgemeine[n] Zeitung vom 5. Juli 2013: "Er war das Grauen, sie war die Anmut"), und über die ich aus erster Hand nähere Auskünfte erfragen wollte.

Ich wusste gar nichts, so war alles überraschend -

 

  • z. B. dass der Roman erst jüngst wieder verfilmt worden ist (2012), mit Gérard Depardieu, Emmanuelle Seigner und Marc-André Grondin; frühere Adaptationen datieren von 1928 (USA, Regie: Paul Leni, mit Conrad Veidt und Mary Philbin) und 1966 (Italien, Regie: Sergio Corbucci, mit Jean Sorel und Ilaria Occhini); eine erste französische Verfilmung kam 1909 in die Kinos, der deutsche Film "Das grinsende Gesicht" 1921 (Regie: Julius Herska)
  • dass er, ebenso wie Die Arbeiter des Meeres, während der Zeit von Hugos Exil (1851-1870) entstanden ist, und zwar zu großen Teilen auf Guernsey (nachdem der Autor wegen eines kritischen Worts über Königin Victoria von Jersey verjagt worden war)
  • dass die Hauptfigur, Gwynplaine, Vorbild für den Joker in den Batman-Comics ist (ab 1940)
  • dass der Roman, beginnend mit 1869 (!), schon acht Male ins Deutsche übersetzt wurde, z. B. 1925 von Carl Johann Perl (Erich Reiss Verlag, Berlin) sowie 1928, motiviert durch den Kinostart von Paul Lenis "The Man Who Laughs" (der im selben Jahr herauskam, s. o.), von L. Tronier Funder - was zweifellos ein Tarnname ist; für wen, ist ungeklärt (meine Suche mittels der Anagramm-Maschine erbrachte keine Lösung)

 

Vor allem spannend fand ich aber Schmidts Bemerkung, dass Hugo das zentrale Motiv des Romananfangs - jenes eines geteerten Gehängten - zunächst in sechs Zeichnungen ("Ecce Homo") 'formuliert' hatte, und dass er diesen visuellen Schreibansatz bereits bei seinem vorangegangenen Roman, eben Die Arbeiter des Meeres (1866), befolgt hatte, und da noch viel extremer: Es gebe zweitausend Zeichnungen, Frottagen, Klecksbilder, nach denen Hugo sein Werk ausgerichtet habe.

 

Den Plot von Der Mann mit dem Lachen zu referieren habe ich - zumal bei diesen heißen Temperaturen - keine Lust, was mir die Leser des Hotlist-Blogs verzeihen mögen.

Ich verweise aber auf die o. g. Kritik, die Näheres dazu weiß, und vielleicht findet sich auch sonst was im Internet, eventuell im Zusammenhang mit den früheren Übersetzungen (die Perlsche aus den 20er Jahren wurde übrigens Ende der 90er Jahre noch einmal bei Bastei Lübbe aufgelegt - wer hätte das gedacht!?).

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Be a Book Rebel - Help Luxbooks

Alle kleinen und größeren Verlage wissen, dass es nicht immer leicht ist mit dem Geldverdienen. Der Wiesbadener Verlag luxbooks versucht sich daher auf einem neuen Gebiet: Crowdfunding. Über eine Homepage (www.indiegogo.com) sammelt der Verlag unter dem Motto "Be a Book Rebel – Help Luxbooks" eine bestimmte Summe, die er für die Realisierung seines umfangreichen Herbstprogramms benötigt. Erst, wenn die angepeilte Summe auch tatsächlich erreicht wird, müssen die Unterstützer wirklich zahlen. Also alles oder nichts.

 

25.000 Euro hat sich luxbooks als Ziel gesetzt – 15.000 Euro für Druckkosten (deren andere Hälfte wird vom Verlag gestemmt), 5.000 Euro für Übersetzungskosten, 5.000 Euro für Werbung und Vertrieb –, 2.000 Euro sind schon erreicht.

 

Bis zum 23. August haben Freunde und Leser noch Zeit, um Annette Kühn und Christian Lux bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, das sind 29 Tage. Stiftungssummen zwischen 10 Dollar ("Be a Book Rebel Idealist Basic") und 5.000 Dollar ("Be a Book Rebel Che Package") sind möglich, als Belohnung gibt es – neben der Dankbarkeit der Verleger – Postkarten, Buchpakete des neuen Programms, längst vergriffene Titel u. a. Und ganz nebenbei ließe sich die Frage klären, wie unabhängig Verlage heute noch sein können.
Es wird spannend, ob das Vorhaben gelingt und sich vielleicht sogar Nachahmer finden werden.

 

Unter den elf zu fördernden Titeln sind:

 

  • Sylvia Plath, Crossing the Water / Über das Wasser. Gedichte. Übersetzt von Judith Zander
  • Kenneth Koch, Frischluft. Ausgewählte Gedichte. Übersetzt von Marcus Roloff und Tom Schulz
  • G. C. Waldrep, Goldschlägerhaut. Ausgewählte Gedichte. Übersetzt von Ron Winkler
  • Jan Skudlarek, Elektrosmog. Gedichte

 

Hier der Link zur Kampagne auf Indiegogo:

http://www.indiegogo.com/projects/be-a-book-rebel-help-luxbooks

 

Alexander Schulz

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Georges Perec und Harry Mathews (4)

"Ganz am Ende dieses autobiographischen Romans folgt Harry Mathews einer Einladung des Künstlerprogramms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Berlin. Er bezieht seine Wohnung in Charlottenburg und geht zum Mittagessen in die Paris Bar. Er belauscht ein Gespräch von zwei Gästen am Nebentisch. Sie streiten sich, ob Harry Mathews ein CIA-Agent gewesen sei oder nicht. Der eine beharrt darauf und berichtet von Mathews' Tod:

"Sie mußten ihn ausschalten. Er wurde mit äußerster Schadenszufügung aus dem Verkehr gezogen – die nasse Lösung." Der Ich-Erzähler kommentiert dies; es sind die letzten Sätze des Buches:

"Ich hatte genug gehört. Es bestand nicht der geringste Zweifel daran, daß dieser Mann die Wahrheit sagte.""

 

Joachim Sartorius, "Dieser Dichter ist ein Agent. Harry Mathews und die unglaublichen Abenteuer der Avantgarde im Geheimdienst". Süddeutsche Zeitung, 7. Oktober 2006

 

Mein Leben als CIA

 

"Paris 1973. Der amerikanische Schriftsteller Harry Mathews ist wohlhabend, gutaussehend, er verkehrt mit den großen Autoren, Philosophen und Künstlern der Zeit. Und wird von allen verdächtigt, CIA-Agent zu sein. Jetzt gibt es nur eine Schwierigkeit: Wie wird er wirklich einer? Mathews erfindet sich als CIA, er gründet ein Reisebüro, hält Vorträge über Reisen nach Russland und verkauft Schrott aus der Werkstatt des Künstlers Jean Tinguely als Teile von Spionageraketen. Bald beginnen sich die Geheimdienste mehr für ihn zu interessieren, als ihm lieb ist..."

(Text: Urs Engeler Editor)

 

Pressestimmen zur Originalausgabe:

"Wie könnte man eine Spionagetätigkeit besser tarnen als vor aller Augen einen Roman darüber zu schreiben?" (The New York Times) "Das Buch ist ein großer Spaß und wäre die perfekte Vorlage für eine Komödie über ein fast unglaubliches Geschehen – mit Bill Murray in der Hauptrolle." (The Hollywood Observer) "Voller bizarrer Sexszenen, absurder Geschehnisse und dunklen Gestalten. My Life in CIA ist elegant geschrieben und komponiert. Es bewegt sich mühelos vom Unterhaltsamen zum Verstörenden. Mathews Werk ist so bedeutend wie das von Saul Bellow und Italo Calvino und verdient mindestens so bekannt zu sein." (Globe and Mail) "Der Fred Astaire der amerikanischen Literatur. Nennt ihn Meta Harry!" (The New York Observer) "Ein höchst unterhaltsamer Spionageroman." (International Harold Tribune)

 

Die dicken Lügen, die Mathews auftischt, machen seine Geschichte absolut glaubwürdig (denn so läuft's wohl bei den Geheimdiensten und sogenannten Sicherheitsbehörden), das sagt viel aus über die Welt von heute, die der von 1973, als deren Chronik der Autor Mein Leben als CIA ausgibt, gar nicht so unähnlich ist.

An die von Globe and Mail gerühmten Sexszenen kann ich mich allerdings kaum erinnern, abgesehen von einer 'Stelle', in der eine Liliputanerin und ein Altar eine Rolle spielen, und das ist in der Tat bizarr (als obszön oder dirty habe ich es nicht wahrgenommen, das ganze Buch kommt in Nadelstreifen und einer Nelke im Knopfloch daher. - A propos, das gediegene Umschlagfoto der deutschsprachigen Ausgabe stammt von Sarah Quill und entstand 1976 in Venedig).

 

Urs Engeler hat Mathews ein vorbildliches Dossier eingerichtet (Menüpunkt "Autorinnen und Autoren" -> "Die übersetzten Autorinnen und Autoren" -> "Harry Mathews"); dort nachzulesen u. a. Kritiken von Thomas Böhm, Wieland Freund, Annett Gröschner, Jürgen Ritte, Joachim Sartorius (s. o.), Andreas Trojan und Dieter Wenk, die das hohe Niveau der deutschsprachigen Literaturkritik beweisen - und alle Unken- und Kassandrarufe widerlegen, die seit hundert Jahren ihren Niedergang behaupten.

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Georges Perec und Harry Mathews (3)

 

Damit es nicht langweilig wird (ist es denn langweilig?), zwischendurch der Hinweis auf ein, wie es scheint, sehr nützliches Büchlein Georges Perecs, dessen Titel schon fast alles sagt.

 

Hier eine Leseprobe, als Appetizer und Teaser.

 

"Im Buch ist ein Organigramm enthalten, also eine 'Landkarte', die die Wege zum Chef und zur Gehaltserhöhung veranschaulicht", lockt der Verlag. Ich stelle mir da eher eine M. C. Escher'sche Treppe vor, eine unendliche, unmögliche Treppe... In der Tat, Perecs vermeintliches Ratgeberbuch führt über viele Ecken und durch viele Türen ins Nichts. Was aber lässt einen ratloser zurück als das Nichts?

 

"Kafka hätte wohl seine helle Freude an dieser Beschreibung eines in den Mühlen der Verwaltung gefangenen, langsam alternden modernen Sisyphus gehabt, dessen Gehalt trotz aller Mühe nie steigen wird. Perecs Text ist nicht nur ein glänzender literarischer Scherz, sondern auch aktuell wie eh und je."
Georg Renöckel, Neue Zürcher Zeitung, 5.12.2009

 

  • Georges Perec, Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten. Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Mit einem Nachwort von Bernard Magné. 112 Seiten, Leinen mit Schutzumschlag, eingehängtes Organigramm. Klett-Cotta, Stuttgart 2009 (2. Auflage). 14,95 Euro

 

Im Literaturforum im Brecht-Haus, wo Ralph Schock (SR2 KulturRadio, stellvertretender Leiter der Programmgruppe Künstlerisches Wort) und Gernot Krämer (SINN UND FORM, Mitglied in der diesjährigen Jury der Hotlist) ein anregendes, erhellendes Gespräch über Anton Voyls Fortgang bzw. La Disparition führten, fiel neben zahllosen anderen Hinweisen auch der, dass der Name Voyl auf "(la) voyelle" zurückgeht = "(der) Vokal", was ich gern nachtragen wollte.

Die im Roman enthaltenen Anspielungen auf das gestrichene E liest man am besten selbst nach - Schock erwähnte, dass das fünfte Kapitel fehlt (analog zur fünften Stelle im Alphabet), wie auch, in einer im Roman vorkommenden Bibliothek, der fünfte Band eines 26bändigen Werks. Ich erwähne noch die Episode eines Pferderennens, bei dem das Pferd Nr. 5 auf der Startlinie stehenbleibt.

Schock und Krämer deuteten auch eine dunkle, biographische Lesart des Perec'schen Lautspiels an: Der 1936 geborene Autor verlor 1940 seinen Vater (père) (der im Krieg fiel) und 1943 seine Mutter (mère) (die in einem Konzentrationslager umkam). Der Wegfall des E im Roman bildet so auch den Wegfall der elterlichen Stütze ab (Perec wuchs bei Verwandten auf).

Im Verlauf der Handlung von Anton Voyls Fortgang verschwindet eine ganze Sippe.

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Georges Perec und Harry Mathews (2)

 

Harry Mathews und Georges Perec lernten sich 1970 kennen. Als Perec 1982 starb, widmete ihm der Freund einen wundervollen Nachruf, Mathews zitiert ihn in seiner Autobiographie (auf Deutsch im MaroVerlag) ausführlich im Kapitel "Freundschaften":

 

"Georges Perec trug so einen komischen Spitzbart, mit dem er aussah wie ein überkandidelter Wissenschaftler aus den Comics. Er hatte einen rauhen Teint und sein Gesicht war mit Warzen übersät. Als ich ihn kennenlernte, hielt er sich beim Sprechen immer eine Hand vor den Mund, um seine unansehnlichen Zähne zu verbergen. Borstige Haare wogten um seinen Kopf wie ein auseinanderfallendes Vogelnest. Oft benutzte ich Alkibiades' Worte über Sokrates, um ihn zu beschreiben: außen grotesk, innen das güldene Abbild eines Gottes."

 

Unter dem Titel Le Verger. Je me souviens de Georges Perec sind später Mathews' Erinnerungen an Perec erschienen (auf Französisch 1984, auf Englisch 1987).

Sie greifen ein Prinzip auf, das Perec selbst 1978 inauguriert hatte, nämlich fast völlig verblasste Erinnerungen an Banalitäten, die entweder allen gemeinsam oder wenigstens vielen vertraut sein sollten, schriftlich wiederaufzurufen. Ausgehend von dieser Idee, notiert Mathews seine Erinnerungssplitter, immer beginnend mit "Je me souviens".

 

Leseprobe (Französisch)

 

Die deutsche Ausgabe kam 1991 in der Berliner edition plasma heraus.

(Ich habe von der edition plasma leider keine Website noch sonstige Kontaktdaten gefunden, daher hier keine Coverabbildungen der erwähnten Titel; wer mit Informationen weiterhelfen kann, möge sich bitte bei mir melden: reul@satt.org).

 

Im selben Jahr 1991 publizierte die edition plasma auch eine Gemeinschaftsarbeit von Perec und Mathews, Roussel und Venedig (1977) - Raymond Roussel, der wohl für beide Schriftsteller bedeutsam war.

In seiner Autobiographie schreibt Mathews:

"Die Lektüre Roussels öffnete mir die Augen in mehrerer Hinsicht. Er zeigte mir, daß die Psychologie eine entbehrliche Mode war, daß die moralische Verantwortung des Schreibens sich nicht auf die Ehrfurcht vor dem erzählerischen Stoff erstreckte und daß Prosa genauso exakt aufgebaut werden kann wie Sir Philip Sidneys doppelte Sestinen."

 

  • Harry Mathews, Autobiographie. Herausgegeben von Armin Abmeier. Aus dem Englischen (USA) von Michael Mundhenk. 148 Seiten mit 17 Fotos, Broschur. MaroVerlag, Augsburg 1995. 14,00 Euro (Reihe Die Tollen Bücher, Bd. 5)
  • Harry Mathews, Der Obstgarten. Erinnerungen an Georges Perec. Herausgegeben von Jürgen Ritte. Aus dem Französischen von Uli Becker.  44 Seiten, Broschur. edition plasma, Berlin 1991. 10,00 Euro (Reihe Oulipo & Co.)
  • Harry Mathews/Georges Perec, Roussel und Venedig. Entwurf zu einer melancholischen Geographie. Herausgegeben von Jürgen Ritte. Aus dem Französischen von Hanns Grössel. 48 Seiten, Broschur. edition plasma, Berlin 1991. 12,50 Euro (Reihe Oulipo & Co.)

 

Dee Weedergenger

 

Drei Jahre nach Anton Voyls Fortgang hat Perec dem darin verschmähten E den roten Teppich ausgerollt im Roman Les Revenentes, den der Münsteraner Verlag Helmut Lang 2003 als deutsche Erstausgabe unter dem Titel Dee Weedergenger herausgebracht hat (Übersetzer Peter Ronge). In einem überraschend (nicht unsympathisch!) exklamatorischen Stil heißt es auf der Verlagswebsite:

 

"Eine Passion Perecs war die Beschäftigung mit lipogrammatischen Werken, ein literarisches Genre, das wir seit der Antike kennen: Just durch Auslassen bzw. Vermeiden von bestimmten Lettern wird eine sprachliche Erweiterung und Bereicherung gesucht und gefunden! Perecs zweites geradezu artistisches Werk dieses Genres freuen wir uns nun in deutscher Sprache vorzustellen: Dee Weedergenger (Les Revenentes), ein monovokalischer Roman, der ausschließlich den vokalischen Buchstaben e und seltener den Halbvokal y zuläßt!

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Georges Perec und Harry Mathews (1)

 

Der Verlag diaphanes, Zürich und Berlin, hat im vergangenen Jahr verdienstvollerweise eine Georges Perec-Werkausgabe gestartet. Als erstes erschien W oder die Kindheitserinnerung (März 2012), dann Ein Mann der schläft (Juli 2012), und zuletzt Anton Voyls Fortgang (Februar 2013). Für September ist der Band Träume von Räumen angekündigt, die Verlagsvorschau zitiert daraus den schönen Satz: "Man begegnet überall Leuten, die Uhren haben, und sehr selten Leuten, die Kompasse haben."

In Deutschland waren es vor allem der Suhrkamp Verlag und der Bremer manholt verlag, die sich um Perec verdient gemacht haben.

Der manholt verlag, auf Editionen französischer Literatur spezialisiert, ist leider nicht mehr existent - was nicht hundertprozentig stimmt, denn der einstige manholt-Verleger Dirk Hemjeoltmanns verantwortet seit 2004 die edition manholt im dtv, die sich der französischen Literatur vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart widmet. Bisher sind Bücher von Dominique Barbéris, Philippe Besson, Jean-Paul Dubois, François Gantheret, Philippe Grimbert, Michèle Lesbre und Christian Pernath erschienen.

Von dieser Stelle Dank an die geleistete Pionierarbeit!

 

Anton Voyls Fortgang

 

"1969 als Resultat einer Wette entstanden, taucht in Perecs wohl außergewöhnlichstem Werk La Disparition kein einziges Mal der Buchstabe E auf. Der Roman zeigt, was mit Sprache möglich ist, wenn nicht mehr der Autor erzählt, sondern – durch das Korsett einer strengen Regel – die Sprache selbst. Ausgehend vom verfügbaren Wortmaterial hat sich die Geschichte, haben sich die Personen und die Handlung zu entwickeln. Zwischen Revolutionskomödie, Rätseln, die auf Rätsel folgen, und turbulenter Kriminal­parodie schimmern Gewaltexzesse und der nackte Terror hervor. Doch der Terror, der hier herrscht, hat Methode, und zwar linguistische Methode, indem er durch Sprach­manipulation entsteht. Und so manifestiert sich das allmähliche, fast ausnahmslos grau­same Verschwinden einer ganzen Sippe im verschwundenen Buchstaben. Anton Voyls Fortgang, die deutsche Übersetzung von Eugen Helmlé, ist ein Abenteuer, das kaum seinesgleichen kennt. Die Schwierigkeit des Originals, das Sprachkorsett, wird dem Übersetzer zur Zwangsjacke, so Helmlé in seinem unbedingt lesenswerten Nachwort: "Er kann nicht mehr die Sprache selbst erzählen lassen, denn dann wäre sein Text keine Übersetzung mehr... dabei hat der Übersetzer nicht nur einen Kiesel im Mund, sondern gleich einen ganzen Pflasterstein."

(Text: diaphanes)

 

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Meldung aus Wien: Lieder, wie sie in keinem Gesangbuch stehen

Klagenfurt am Wörthersee (Foto: Senta Wagner)
Klagenfurt am Wörthersee (Foto: Senta Wagner)

Noch einmal Klagenfurt, weil es so schön und fast wie immer war – und weil der renommierte Ingeborg-Bachmann-Preis gerettet ist. Halleluja! Das Verdienst vieler Verantwortlicher aus Stadt und Land und von höchsten Stellen. Die Empörung der Empörten nicht zu vergessen.

Haupt- und Nebenpreise sind für diese Wettbewerbsrunde längst vergeben, es bleibt die Erwartung manches Romanwerks, vor allem jenes von Katja Petrowskaja, der Gewinnerin des Bachmannpreises (25.000 Euro). Vielleicht extra für dieses (befürchtete letzte) Mal produziert, das bisweilen erlesene, sonst solide Niveau der Textbeiträge. Watschen gab es freilich auch, dezente.

Nun ist es so, dass die siebenköpfige Jury noch so viel jubilieren, kritisieren, sich verlieben, verzetteln und widersprechen kann, das Publikum vor Ort wie an den Bildschirmen, also DIE Leserschaft, bildet sich im Laufe der Tage der deutschsprachigen Literatur seine eigene Meinung und wählt mit dem Publikumspreis (7.000 Euro) per Internetabstimmung seinen Liebling. Liebling muss nicht einmal auf der Shortlist der Veranstaltung landen.

Die überraschte Gewinnerin 2013 heißt Nadine Kegele. Die 1980 geborene Vorarlbergerin, die längst in Wien lebt, war eine der beiden österreichischen Teilnehmerinnen am diesjährigen Wettbewerb und kam auf Einladung des Juryvorsitzenden Burkhart Spinnen. Bevor losgelesen wurde, entfuhr der jungen Autorin bereits ein kleiner Stoßseufzer bei der Auslosung der Lesereihenfolge. Ihr Beitrag mit dem ungemütlichen Titel „Scherben schlucken“ ist ein Romanauszug. Wie gesagt, in der Literaturkritik geht es auch um Liebe, für Spinnen war es in diesem Fall eine unglückliche.

 

Nadine Kegele hat mit ihrem im Frühjahr 2013 beim Wiener Czernin Verlag erschienenen Erzählungsband „Annalieder“ ihr literarisches Debüt vorgelegt und damit für „Erfrischung“ in der Presse gesorgt. Von der würde man noch hören, heißt es. Kegele veröffentlicht darüber hinaus in Zeitschriften und Anthologien und schreibt Artikel für verschiedene Feuilletons. Sie wurde bereits mit diversen Preisen ausgezeichnet, darunter ein weiterer Publikumspreis, nämlich des Wortspiele Literaturfestivals Wien 2013, wo sie aus ihrem Erstling gelesen hat.

 

Keine Frage, die Texte kommen an. Die zwölf komprimierten Erzählungen belauern Alltagsauschnitte aus dem Leben von Frauen wie Michaela, Helena und Co. und summen dabei eine verstörende Melodie, eher in Moll als in hellem Dur. Irgendetwas geht in dem Leben der Heldinnen nicht auf, was, bleibt als ungute, mal rätselhafte Leerstelle im Raum und den Lesenden zur Interpretation überlassen. Die Lieder haben irgendwie einen Sprung, dennoch sind die Erzählungen in sich geschlossen und rund. Kegele ist Sympathisantin ihrer Frauenfiguren, sie habe starke Typen erschaffen, die mit Verve ihren Weg der Anverwandlung des Lebens gehen. Keine wird denunziert.

In dem engen Erzählrahmen ist es ihr staunenswert gut gelungen, die Zumutungen im Leben der Frauen und ihre möglichen Ausbrüche in jeder Geschichte neu zu verhandeln. Die Themen mögen hässlich sein: Verlassenwerden, Identitätsverirrungen oder das Sterben als Möglichkeit. Dazu bedarf Kegeles Prosa keiner schrillen Töne, keiner Larmoyanz, ihre Stärke liegt vielmehr im direkten, zierdelosen und beobachtungsscharfen Gestus. Dabei überrascht sie mit einem flapsigen Ton und formalen Einfällen wie Satzabbrüchen und Zeilensprüngen.

 

Zum Textauszug hier entlang:

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Kleine Verlage am Großen Wannsee

Die Verlage A1 (München), Asphalt & Anders (Hamburg), Berenberg (Berlin), binooki (Berlin), Diaphanes (Zürich/Berlin), Dörlemann (Zürich), edition fünf (Gräfelfing), Edition Rugerup

(Hörby), J. Frank (Berlin), kookbooks (Berlin), Lilienfeld (Düsseldorf),  luxbooks (Wiesbaden), mairisch (Hamburg), Matthes & Seitz (Berlin), Milena (Wien), Mitteldeutscher Verlag (Halle), poetenladen (Leipzig), Rimbaud (Aachen), Salis (Zürich), Secession (Zürich/Berlin), Transit (Berlin), Verbrecher (Berlin), Voland & Quist (Dresden) und Das Wunderhorn (Heidelberg) mit ihren Autoren zu Gast im LCB.

 

"Im Jubiläumsjahr laden wir zum mittlerweile achten Mal ausgewählte Verlage aus dem deutschsprachigen Raum an den Wannsee ein. 24 Verlage haben unsere Einladung angenommen und stellen ihre Bücher und Autoren am Nachmittag und Abend des 20. Juli in entspannter Atmosphäre vor. Alle Literaturfreundinnen und -freunde sind herzlich eingeladen zu stöbern, zu entdecken, sich auszutauschen. Für kulinarische Genüsse wird gesorgt sein."

(Text: Literarisches Colloquium Berlin)

 

Kleine Verlag am Großen Wannsee

Samstag, 20. Juli 2013

15.00 Uhr bis 22.00 Uhr

 

Literarisches Colloquium Berlin

Am Sandwerder 5 (S-Bahnhof Wannsee)

 

Eintritt 6,00 Euro/4,00 Euro

 

 

Das Programm

 

15.00 Uhr: Einlass
 
15.45 Uhr: Matthes & Seitz
Michael Roes liest aus Die Laute
16.00 Uhr: mairisch
Buchvorstellung Die Philosophie des Radfahrens
16.15 Uhr: J. Frank
Mikael Vogel, Florian Voß, Birgit Kreipe und Asmus Trautsch
16.30 Uhr: binooki
Inci Bürhaniye und Selma Wels stellen ihren Verlag vor
16.45 Uhr: Voland & Quist
Leif Greinus präsentiert den Verlag
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Katja Petrowskaja und Benjamin Maack

 

Katja Petrowskaja hat bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt knapp über Benjamin Maack obsiegt (wenn man es so sehen will) - glücklich können beide sein, Petrowskaja über den Ingeborg Bachmann-Preis, Maack über den 3sat-Preis.

 

Bis Vielleicht Esther bei Suhrkamp erscheint, müssen wir uns noch etwas gedulden (nach Verlagsangaben bis Januar 2014, das ist, aus Sicht der Autorin, morgen...); das Verzeichnis Lieferbarer Bücher führt aber auch das oben abgebildete Buch auf, das die Wartezeit verkürzen kann.

Und was ist lieferbar von Benjamin Maack? Man kann gleich loslegen mit Lesen, dazu weiter unten mehr.

 

 

Die Auserwählten

 

Ein Sommer, 3000 Kinder, 2500 Betreuer

 

"Das Kinder- und Jugendferienlager Orlionok, an der russischen Schwarzmeerküste gelegen, ist auch nach dem Ende der Sowjetzeit mit hohem Ansehen und hohen Erwartungen verbunden. Es gilt als Ort der Talentförderung für die Besten in Schule, Sport, Musik und die Aktivisten der Jugendorganisationen. Die Fotografin Anita Back hat drei Wochen in Orlionok verbracht und in ihren Fotografien die widersprüchliche Grundstimmung des Ferienlagers festgehalten, die sich aus dem Nebeneinander von Badeferien und Propaganda, von Jugendkultur und Waffenkunde ergibt. Katja Petrowskaja begleitete Anita Back und beschreibt in ihrem Essay die Suche nach einem Stück ihrer sowjetischen Kindheit."

(Text: Edition Braus)

 

Auf jeden Fall scheint es in Orlionok zivilisierter zuzugehen als bei den US-amerikanischen Spring Breakers (wie Harmony Korine sie zeigt).

 

  • Anita Back, Die Auserwählten. Ein Sommer im Ferienlager von Orlionok. Mit einem Essay von Katja Petrowskaja und einem Vorwort von Joachim Jäger. Deutsch und Englisch. 124 Abbildungen, 180 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Edition Braus, Berlin 2012. 29,95 Euro
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Bastien Vivès bei Reprodukt (2)

Bevor der Glückwunsch des Hotlist-Blogs an die GewinnerInnen bei den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt ergeht - an Katja Petrowskaja (Ingeborg Bachmann-Preis), Verena Güntner (Kelag-Preis), Benjamin Maack und den mairisch Verlag (3sat-Preis) sowie an Nadine Kegele und den Czernin Verlag (Publikumspreis) - heute erst noch einmal weiter im Text mit Bastien Vivès.

 

Die große Odaliske

 

Die große Odaliske heißt Vivès' neues Werk, das in Zusammenarbeit mit Florent Ruppert und Jérôme Mulot entstanden ist.

 

"Die Beutezüge der Einbrecherinnen Alex und Carole könnten spektakulärer kaum sein – haben die beiden es doch nur auf die besten Museen und die hier ausgestellten Meisterwerke der Kunstgeschichte abgesehen. Wobei das clevere Duo selbst vor dem Louvre nicht haltmacht. Doch um Ingres’ "Die große Odaliske" am Sicherheitssystem vorbeizuschleusen, brauchen sie Verstärkung. Dass die Motorrad-Akrobatin Sam das Team komplettiert, verspricht einen kühnen Plan…

 

Für Die große Odaliske haben sich Ruppert & Mulot, die Meister des subversiven Independentcomics, mit Bastien Vivès zusammengetan. Das Resultat überzeugt mit zeichnerischer Eleganz und erzählerischer Finesse."

(Text: Reprodukt)

 

Eine Leseprobe gibt es hier.

 

  • Bastien Vivès/Florent Ruppert/Jérôme Mulot, Die große Odaliske. Graphic Novel. Aus dem Französischen von Mireille Onon. 128 Seiten, farbig, 19 x 25,5 cm, Klappenbroschur. Reprodukt, Berlin 2013. 20,00 Euro
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Bastien Vivès bei Reprodukt (1)

 

Der Geschmack von Chlor

 

Gestern habe ich Bastien Vivès' brillant gezeichnete Geschichte Der Geschmack von Chlor gelesen, angeschaut und bewundert. Ich hatte es als Geburtstagsgeschenk für eine Freundin vorgesehen, wollte es aber nicht blind aus der Hand geben. Es ist ein Buch, das, auch wenn der Sommer wieder einmal murksig zu werden droht, gut in die Jahreszeit passt - aber eigentlich in jede Jahreszeit, denn es ist unbedingt ein Buch zum Verlieben / für Verliebte / für Verliebtseinswillige, und da sind die R-Monate so wenig ausgenommen wie die anderen zwischen Mai und August.

 

 

"Wäre Comiczeichnen eine olympische Disziplin, dann gewänne Bastien Vivès für Der Geschmack von Chlor mit einigen Längen Abstand eine Goldmedaille", schrieb Roger Aeschbacher in der gegenüber der Comic-Kunst aufgeschlossenen FAZ.

Die Schwimmerin, die Vivès zur Hauptfigur seines Buchs macht, würde sagen: "Eine Medaille... Das heißt doch nichts...", und der namenlose Held würde widersprechen: "Doch! Das heißt, dass Du was gewonnen hast." (Und das sagt er wirklich.)

Vivès hat mit Le goût du chlore auch etwas gewonnen, nämlich den "Essentiel Révélation" des Comic-Festivals in Angoulême, den Preis für den besten Nachwuchskünstler. Das war 2009. Inzwischen sind weitere Alben von ihm erschienen, deutsch bei Reprodukt in Berlin.

 

"Schwimmen! Und das regelmäßig! Der dringliche Rat des Physiotherapeuten stößt bei seinem schwächlichen Patienten auf wenig Gegenliebe. Bis der junge Mann im Hallenbad die Bekanntschaft einer echten Athletin macht, die sich seiner ungelenken Schwimmversuche annimmt. Der Widerwille weicht bald einer Vorfreude auf den wöchentlichen Termin und einer vagen Hoffnung...

Berührend und mit bemerkenswert präziser Beobachtungsgabe erzählt Bastien Vivès von der zufälligen Begegung zweier Menschen. Er zeichnet, als bewege er sich mit seinen Figuren im Bassin - den Geschmack von Chlor auf der Zunge."

(Text: Reprodukt)

 

Hier eine - wortlose - Leseprobe (so zu finden auf der Website des Verlags):

 

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Meldung aus Wien: Wilde Geschichten aus der Ukraine

Cordula Simon (Foto: Wolfgang Schnuderl)
Cordula Simon (Foto: Wolfgang Schnuderl)

Solange es das Literaturspektakel noch gibt: Einmal in die Wettlesearena in Klagenfurt steigen und um den Bachmannpreis lesen, das will nicht jeder – Cordula Simon schon. Mit ihrer Einladung zu den diesjährigen 37. Tagen der deutschsprachigen Literatur (3sat-Liveübertragung vom 4. Juli bis 7. Juli 2013) ist für die 27-jährige Jungautorin ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Simon ist neben Nadine Kegele eine der beiden nominierten Österreicherinnen der insgesamt 14 Teilnehmenden am Wettbewerb, inklusive Plantschen im Wörthersee. So viele oder wenige Hoffnungen waren es auch im letzten Jahr.

 

Klagenfurt ist praktisch nur einen Katzensprung von Odessa entfernt wie überhaupt Europa. Dort lebt und schreibt (meist im Kaffeehaus) die aus Graz gebürtige Cordula Simon seit einer Weile. Am Anfang war es das Studium, das sie in die ukrainische Stadt führte. „Beim Wort ‚Odessa‛ denken viele ans Meer, an die große Treppe und Spuren von Prunk. Ein Überbleibsel des Pompösen. An Palais und Kostümschinken-Kitsch“ (Der Standard, 23.06.2013). Der Jurykritik, dem „Auseinandernehmen“ der Texte sieht sie gelassen entgegen: „Wer schreibt, kann auch dafür belangt werden“ (Falter 48/2012).

 

So unerschrocken klingt auch ihre Literatur. Cordula Simon veröffentlichte 2012 ihren abenteuerlichen Debütroman „Der potemkinsche Hund“ beim Picus Verlag in Wien.

Ein Friedhof in Odessa: Auferstehung leicht gemacht, per Stromexperiment am offenen Grab: Das geht nicht, gibt es bei Simon nicht. Ihre Schilderungen sind zwingend realistisch, es wird einfach geschissen, wo es sein muss. Irina liebt Anatol und erweckt den kürzlich Verstorbenen daher wieder zum Leben. Weiß aber nichts von ihrem geglückten Vorhaben, weil sie Hals über Kopf türmt. Anatol nichts von dieser Liebe. Die Ukraine ist groß und dreckig, sie ist Milicija und Kakerlaken und spuky Tummelplatz der Wiedergänger und Doppelgänger. Besser geht’s nicht, die Autorin beweist Talent.

 

Dort sind nun beide Menschlein und ein Hund (mit Herz und Hirn) schwer angekratzt unterwegs und suchen was: sich, das Leben, den Sinn, ein Zuhause, Essbares. An Literatur und Mythologie fehlt es nicht, Verweise hier und da (Bulgakov), „Oblomov“ als treuer Begleiter in Irinas Handtasche. Kunstfertig hat die junge Simon ihr sprühendes Husarenstück in eine unterhaltende Form gebracht.

 

„Auch Anatol sehnte sich nach Schlaf, nicht weil er müde gewesen wäre, die Müdigkeit vermisste er, aber weil er die schwere Ruhe des Schlafes über sich gezogen hätte wie die Bettdecke, sich unter dem Schlaf von der Welt oder eher dieser Stadt, wie sie ihn gerade von sich stieß, verbergen wollte, erst wieder aufwachen wollte, wenn er eine Ordnung vorfände, auf die er sich verlassen konnte.“ (Auszug aus dem Roman)

 

Cordula Simon: Der potemkinsche Hund. Wien: Picus Verlag 2012. 208 Seiten. 19,90 Euro.

 

 

 

 

 

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Meldung aus Österreich: Nicht mit uns

Klagenfurt im Bachmann-Fieber (Foto: Senta Wagner 2012)
Klagenfurt im Bachmann-Fieber (Foto: Senta Wagner 2012)

Gegen die Abschaffung des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs

 

Widerstand, Empörung, Schreck und Schock allerorten – mit Protestschreiben, Unterschriftenaktionen, Medienberichten, Statements wehren sich Verleger, Autorinnen und Autoren, Journalisten, Kunst- und Kulturschaffende und jetzt auch die Wettbewerbsjury in einem offenen Brief gegen die Sparpolitik des ORF und seine geplante Einstellung einer als „Kulturwunder“ (Juror Hubert Winkels) titulierten Medienveranstaltung mit Ewigkeitswert – die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt, übertragen nun seit undenkbar langen 25 Jahren live vom Kultursender 3sat. Gelesen und diskutiert wird seit 1977. Ja, es geht hier um Literatur, es ist Ernst, am Rande nur um einen 15-Stunden-Übertragungsmarathon. Budgetierung muss sein, Absetzung nein.

 

Im Ohr die Texte vom letzten Jahr Bachmann-Preis live vor Ort, Offenbarungen, das Mitlesen, die stille Spannung, die Entladung sowie weitere Zustände der Entrückung, die man überlebt hat. Und die soll es nicht mehr geben?

 

Von der IG Autorinnen Autoren und dem Österreichischen Journalisten Club stammt folgender Protestaufruf (24.06.2013):

 

Wir lassen uns die Eliminierung der letzten Reste der Kunst aus den ORF-TV-Programmen nicht gefallen

 

Die Unternehmensleitung des ORF hat beschlossen zu sparen. Das Sparprogramm richtet sich auf „Randzonen“ und soll Kernaufgaben nicht betreffen. Als Mitverursacher für die Einsparungen werden die nicht mehr aus staatlichen Mitteln bezahlten Gebührenbefreiungen genannt. Prominentestes Opfer der Einsparungen ist der im ganzen deutschen Sprachraum bekannte Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Am Sparprogramm soll sich auch dann nichts ändern, sollte die Refundierung der Gebührenbefreiungen doch noch erfolgen. Auf diese Weise uneingeplant zustande kommende Einnahmen sollen der Filmproduktion zufließen. Selbst im Fall der doch noch erfolgenden Refundierung von Gebührenbefreiungen würden also Gelder aus dem Kultur- und Bildungsbereich auf andere Bereiche umverteilt und bisherige Kultur- und Bildungsaufgaben nicht mehr wahrgenommen werden. Die eigentliche Kernkompetenz des ORF ist aber sein öffentlich-rechtlicher Auftrag. Sparten der Kunst und Kultur gegeneinander auszuspielen, ist ein Verstoß gegen diesen gesetzlichen Auftrag und schadet dem Ansehen der Kunst in der Gesellschaft und im gesamten deutschen Sprachraum.

Laut ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner ist die ORF-Unternehmensleitung für die Entscheidung zur Einstellung des Bachmann-Wettbewerbs nicht zuständig, obwohl die Vorgaben vom ORF-Generaldirektor Wrabetz stammen. Das ist Sparkursmarketing und entspricht nicht der Realität. Das Landesstudio Kärnten setzt so wie alle anderen Landesstudios die von der ORF-Geschäftsführung entweder konkret oder budgetär vorgegebenen Sparmaßnahmen um. Beendet werden soll auch die Zusammenarbeit des ORF mit dem steirischen herbst zur Durchführung des „musikprotokolls“.

Die vergleichsweise lächerlichen Kosten von 350.000 Euro, um die es beim Rückzug des ORF aus dem Bachmann-Wettbewerb geht, sind sicher nicht der Grund für die Einstellung. Rund 100 Millionen gibt der ORF allein für Sportrechte im kommenden Jahr zusätzlich aus. Vielmehr dürfte es dem ORF einmal mehr um die Befüllung von Sendezeiten mit quotenträchtigeren Programmen für andere Zielgruppen gehen und zum anderen um den Rückzug aus dem Gemeinschaftsprogramm 3sat mit dem ZDF, der SRG und ARD.

 

Zur Unterstützung des Protests hier entlang

 

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20 Jahre Verlag Krug & Schadenberg

 

So viele Jubiläen! 20jähriges Bestehen feiert der Berliner Verlag Krug & Schadenberg, der sich der lesbischen Literatur verschrieben hat. Der Hotlist-Blog gratuliert den beiden Verlegerinnen Andrea Krug und Dagmar Schadenberg und ermuntert seine LeserInnen, sich einmal (und auch mehrmals) auf der Verlagswebsite umzusehen, ob nicht der ein oder andere Titel ihr spontanes Interesse weckt.

Wegen meiner Vorliebe für die Epoche der 10er bis 30er Jahre lachen mich z. B. die Werke der allerdings streng dreinschauenden Schriftstellerinnen Mercedes de Acosta, Radclyffe Hall, Dorothy Strachey alias Olivia oder Renée Vivien an; auch eine späte Nachfahrin von Carmilla, dem von Joseph Sheridan LeFanu erschaffenen weiblichen (und lesbischen) Vampir guckt düster-einladend um die Ecke, nämlich die Marquise Diane de Rochelle im Schauerroman Die Marquise und die Novizin von Victoria Ramstetter (sie übrigens lacht, siehe die Galerie der Autorinnen).

 

Im folgenden ein Überblick über das Programm von Krug & Schadenberg, in den Worten der Verlegerinnen selbst.

 

"Verlag Krug & Schadenberg – gegründet vor 20 Jahren, am 1. Mai 1993, von der Grafikerin Dagmar Schadenberg und der Lektorin Andrea Krug mit dem Ziel, Bücher für Lesben und frauenliebende Frauen zu verlegen: Literatur (Romane, historische Romane, Krimis, Erzählungen), Porträts, Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen rund um das lesbische Leben: vom Coming-out über Liebe, Erotik und Sex bis hin zur Pflege von allerlei Liebesbeziehungen.

 

Ein bisschen ausführlicher …

 

Die erste Veröffentlichung im Herbst 1993 bot sofort Zündstoff für leidenschaftliche Diskussionen: Susie Brights Susie Sexperts Sexwelt für Lesben – ein im besten Sinne unverschämter, witziger Ratgeber, der aktualisiert und ergänzt als Best of Susie Sexpert vier Auflagen erlebte und ein Bestseller wurde. Nach diesem Start folgte der erste belletristische Titel, Die Wahl des Glücks von Nancy Toder – ein Coming-out-Roman, der zeitlos schön und noch immer im Programm ist. Eine weitere US-amerikanische Autorin, deren Roman verlegt zu haben uns besonders stolz macht, ist Leslie Feinberg mit Stone Butch Blues – Träume in den erwachenden Morgen, ein Roman, der hierzulande die Genderdebatte angestoßen hat. Weitere belletristische Highlights aus dem amerikanischen Sprachraum sind Mrs. Medina, eine feinsinnige Geschichte von Ann Wadsworth über das Abschiednehmen am Lebensabend und die Liebe jenseits der Fünfzig, sowie – am anderen Ende des Altersspektrums angesiedelt – Geschrieben für Dich, ein bezaubernder Roman von Sylvia Brownrigg um die erste große Liebe der jungen Flannery. Von 2004 an erscheinen in lockerer Reihenfolge die Romane der amerikanischen "Queen of Lesbian Romance", Karin Kallmaker, die sich auch hierzulande einer großen Fan-Gemeinde erfreut.

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Meldung aus Wien: Runder Geburtstag II – der auch schon 10!

Aus Wien gibt es weitere Verlagsjubiläen zu vermelden: Nach dem Luftschacht Verlag ist jetzt der Kyrene.Literaturverlag an der Reihe, der Verlag mit der Kuh, auch er wird zehn Jahre alt und bekommt an dieser Stelle seine Glückwünsche. Der Belletristikverlag wurde 2003 in Innsbruck gegründet und kam 2011 mit Schwung über die Berge nach Wien. Aus Innsbruck stammt auch Helmuth Schönauer, der zwar in Tirol geblieben ist, trotzdem ein Autor der ersten Stunde des Verlags ist und ein eifriger dazu. Er hat zum Geburtstagsprogramm (Frühjahr) ein Poem vom Rand der Stadt verfasst.


 

Ein lyrisches Ich kommt in den Mitterweg / und findet

nicht mehr hinaus / weil es am Ende der Welt angelangt ist /

es wurde seinerzeit zwischen Tobadill und Tösens / auf

Höhe der klassischen Pontlatzbrücke / zusammengepudert /

wie man so schön sagt / es hat ein Leben lang ziemliche

Schwächen / zum Beispiel für den Mitterweg / denn um

hier zu wohnen / reicht es bald einmal /

 

wer hier länger durch die Gegend rennt / kriegt dieses

Nasenzucken / das Helge Schneider beim Witzereißen so

berühmt gemacht hat / hier gibt es nichts zu blödeln / der

ganze Mitterweg ist eine Sperrzone / in die nur die Wucht

der Dummheit hineindarf / aber niemals eine Blödelei /

 

  • Helmuth Schönauer: Der Mitterweg ist ausweglos. Poem vom Rand der Stadt. Wien: Kyrene.Literaturverlag 2013. 124 Seiten. 12,50 Euro 

 

Der Mitterweg ist ausweglos ist ein langes Poem der entlegenen Zeit für eine geschlagene Generation, die vielleicht am Mitterweg die erlösende Erschöpfung findet. Schon der Name Mitterweg, für eine Straße im Westen einer kaputten Stadt, kann nichts Besseres anbieten, als mittelmäßig zu sein. Die Tiroler, seit ewigen Zeiten mit absurden Siedlungsformen vertraut, wurden erstmals durch Elias Schneitter beim Festival Sprachsalz mit dem amerikanischen „Poem der Verdroschenen“ in Berührung gebracht. Diese poetische Form des unendlichen Siedelns im Langgedicht würdigt der Mitterweg in seiner ureigensten Form. Die Beatniks und das Verrecken der Siedlungsform spitzen sich fassungslos zu. Der Mitterweg in Innsbruck, konzipiert als paralleler Wohn-Flughafen, worin die Menschen in Armweite zur Piste wohnen, erfüllt seine Aufgaben täglich. Die Menschen kommen nicht in die Höhe und zerschellen an sich selbst. Zwischen den Pisten-Enden „Mac 1“ und „West-End Inn“ stapeln sich mittlerweile Schicksale, die am eigenen Mitterweg zerbrochen sind. Und kein Follow-Me fährt durch das Gedicht vom Mitterweg. Das Poem vom Rande der Stadt ist vielleicht die letzte Form, dieser Piste zu entkommen.“ (Text: Kyrene.Literaturverlag)

 

Helmuth Schönauer, geboren 1953, lebt in Innsbruck. Keine Preise, keine Stipendien, keine Subventionen! Motto: „Schreiben, statt Ansuchen schreiben.“ Einzelgänger, gehört keiner gängigen Strömung an und wird daher auch nur außerhalb des Literaturbetriebes als Schriftsteller wahrgenommen.“ (Text: Schönauer)

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Alexander Losse, Strophen

 

Durch Stöbern im Verzeichnis Lieferbarer Bücher, unter dem Suchbegriff "Bert Papenfuß", gelangte ich auf die Website des Karin Kramer Verlags und stieß dort auf den Band Strophen von Alexander Losse.

 

Die drei auf der Verlagshomepage reproduzierten Strophen weisen Losse als originellen Dichter aus. Die lobenden Worte von Urs Engeler (bezeichnend für ihn) und Hendrik Jackson machen zusätzlich neugierig.

 

XXII
Die Möwen fliegen, kaum gerührt von Dauer,
dem Bug voraus, der dunkle Wellen trennt.
In der Kajüte eine Kerze brennt.
Das Luftmeer schmeckt nach einer Art von Trauer.

XXV
Tage, die aus nichts bestehn,
wollen leise untergehn,
nicht im Fleisch begangen sein,
doch betäubt von mildem Schein.

XXVIII
Das Unpoetische, genannt das Wahre,
darf sich schlafend auf der Straße zeigen.
Traumlos klappern alle Jahre
durch das absatzhohe Schweigen.

 

Der Karin Kramer Verlag fährt - dies ist bekannt - unter der Flagge der Anarchie. Das Engagement (eines Verlags, einer Buchhandlung) für die Poesie, und allgemein: für literarisch anspruchsvolle Literatur, kann in Zeiten, da "Keinebücher" und Mainstreamtrallala sich unbotmäßigerweise in den Vordergrund spielen, selbst als anarchische, mindestens nonkonforme, Tat gelten.

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Octave Mirbeau, 628-E8

 

Gut Ding will Wei(d)le. Aus dem Weidle Verlag kommt die Meldung, dass der langerwartete Roman 628-E8 von Octave Mirbeau erschienen ist. Es scheint - und das ist, nach dem Vorsatz, keine Ironie - ein flottes Buch zu sein!

 

"628-E8 nimmt eine auffällige Sonderstellung in Mirbeaus Œuvre ein: Es ist sein umfangreichstes und undefinierbarstes, sein formal dekonstruktivstes und inhaltlich skandal-trächtigstes, sein heiterstes und zugleich boshaftestes und das letzte literarische Werk, das er selbst noch vollständig abgeschlossen hat. Die eigentliche Hauptfigur darin ist nicht mehr ein Mensch, sondern eine Maschine, wenn auch mit Merkmalen eines idealen Lebewesens, ein Automobil mit dem Nummernschild "628-E8". Und das Buch ist nicht, wie bis dahin dem literarischen Kanon entsprechend, einem Gönner, Freund oder literarischen Kollegen oder einer verehrten Dame gewidmet, sondern überraschend einem Industriellen, dem Konstrukteur dieses Luxusvehikels: Fernand Charron.


Mirbeaus Buch erzählt lustvoll unchronologisch und chaotisch in einem Patchwork von Erlebnissen, Träumen, Phantasien und abschweifenden Exkursen von seiner Autoreise im Mai 1905 durch Belgien, Holland und Deutschland.
Er reist mit seinem eigenen Automobil (30 PS, 4 Zylinder, 4 Gänge) samt Chauffeur und wird begleitet von seiner Frau Alice und drei weiteren Freunden (die aber nie namentlich genannt werden und nie zu Wort kommen)."

(Text: Weidle Verlag)

 

"Octave Mirbeau ist der größte französische Schriftsteller unserer Zeit und derjenige, der in Frankreich den Geist des Jahrhunderts am besten repräsentiert." - Leo Tolstoi

 

  • Octave Mirbeau, 628-E8. Roman. Aus dem Französischen, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Wieland Grommes. Mit Fotos von Dirk Dahmer. 600 Seiten, fadengeheftete französische Broschur. Weidle Verlag, Bonn 2013. 29,00 Euro
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Weiteres von kookbooks

Die Mainzer Minipressenmesse, die am vergangenen Sonntag zu Ende ging, bot trotz ihrer verwirrenden Mischung aus elitärer Buchkunst, Esokram und Underground manche Sensationen.

Zu nennen wären die Verlage Edition Zwiefach (Potsdam/Groß Glienicke) mit - zum Beispiel - einer schönen illustrierten Fontane-Ausgabe (Onkel Dodo) und einem Blick in die Werkstatt des Dichters Richard Pietraß (Kippfigur), die Edition Thurnhof (Horn) mit feinen Büchern von Xaver Bayer, Barbara Frischmuth, Karl-Markus Gauss, Bodo Hell, Friederike Mayröcker etc., der Verlag altaQuito Publikationen aus Göttingen mit einer Wundertüte voller Entdeckungen aus der US-amerikanischen (Beat-)Literatur, Das Fröhliche Wohnzimmer (Wien), in das man immer gern einfällt, oder der exklusive Verlag Klaus G. Renner - der sehr schöne, aber kostspielige Editionen herausbringt, die man nach dem Erwerb gleich in den Safe schließt... Bücher für Leute, die genug Asche hätten, um mäzenatisch alle Low Budget-Verlage zu unterstützen, die Saison um Saison Bücher von neuen (sie müssen nicht mal jung sein) Autoren veröffentlichen, von denen einst viele berühmt sein werden (wenn das ein Kriterium ist). Man muss aber kein reicher Kafuppert sein - ein Wort aus der Kindheit, das mir gerade wieder einfällt... -, um sie heute schon zu lesen. Das ist doch super!

Übrigens, in puncto Preisgestaltung das andere Extrem: SuKuLTuR mit seiner Reihe "Schöner Lesen". Leider war der Berliner Verlag in Mainz ohne Stand (überhaupt habe ich manche Verlage vermisst), was durch die Präsenz der Verleger aber fast wieder wettgemacht wurde.

 

Nach dieser Intro nun zum Geburtstagskind kookbooks (ebenfalls in Mainz dabei). - Auch binooki hat Geburtstag, dazu bei späterer Gelegenheit.

 

Auf Martina Hefters Vom Gehen und Stehen. Ein Handbuch hat der Hotlist-Blog kürzlich schon hingewiesen, siehe hier. meine schönste lengevitch, der neue Gedichtband von Uljana Wolf, ist noch nicht erschienen (folgt bald).

Hier also ein Blick auf die andere Hälfte der Frühjahrsneuerscheinungen von kookbooks.

 

Steffen Popp, Dickicht mit Reden und Augen

 

"Wenn wir schon heute – behaupte ich mal – grundsätzlich dazu imstande sind, alles Erdenkliche poetisch zu verhandeln, was ist in Zukunft, neben allen schon im Voraus gebuchten Unsäglichkeiten, noch vom Gedicht zu erwarten?

Professor Gnu gibt sich optimistisch: "Fortschreitende Entkrampfung fördert das Absterben perspektivischer Verpeilung: Ticks, Tricks, Posen, nutzlose Priesterschaft, Gelehrtheit, Diskursgefuchtel, Jugend- und Altersweh, didaktischer Überbiss.

Wo alles dekonstruiert ist (de-, re-, de-) und auch in Bezug auf das Dichterselbst wohltuend nichts mehr herumsteht, ist Hoffnung auf – nachdenkliches Starren Gnus in den von PVC-Bodenbelag, PVC-Möbeln und einer PVC-Zimmerpalme als Anhängsel der petrochemischen Industrie markierten Seminarraum – nun, wohl auf den Exodus aus dem Text, Erweckung des poetischen Impulses in allen Domänen."

(Text: Steffen Popp, vom Verlag zitiert aus: Helm aus Phlox. Zur Theorie des schlechtesten Werkzeugs. Merve Verlag, Berlin 2011, S. 123)

 

Steffen Popp, geboren 1978 in Greifswald, aufgewachsen in Dresden, lebt seit 2001 als Autor und Übersetzer in Berlin. Weiteres auf der Website von kookbooks. Der Redakteur merkt an: Guter Mann.

 

  • Steffen Popp, Dickicht mit Reden und Augen. Gedichte. Herausgeben von Daniela Seel. 88 Seiten, Broschur mit Umschlagposter, gestaltet von Andreas Töpfer. kookbooks, Berlin 2013. 19,90 Euro (= Reihe Lyrik, Bd. 29)
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Runder Geburtstag – endlich 10! Schon 10?

Kerzen auspusten und jubilieren: Nicht nur kleine Bücherleser werden zehn, auch Verlage feiern Geburtstage, kleine und große, manche still, manche laut. Besonders bemerkenswert ist der zehnte der kleinen und unabhängigen Verlage.

Hinter solchen Labels stecken Büchermacher mit Leidenschaft, Eigenwille und Mut. Die Profilschärfung läuft über ein unerschrockenes, meist mainstreamfernes Programm, ein eigener Sound ist vernehmbar. Die Kontakte zu den Autoren und Autorinnen sind eng, auch Entdeckungen gehören dazu. Freilich: „Das amortisiert sich nicht“ (Marquardt, kookbooks) kennen alle, so bleibt man flexibel und offen für Veränderungen.

 

Zu den Jubiläumsverlagen in diesem Jahr gehören etwa kookbooks aus Berlin sowie der Kyrene.Literaturverlag, der Luftschacht Verlag und der Seifert Verlag aus Wien. Glückwünsche gehen an die vier und ein extra Leseappell ans Publikum. Leser für die nächsten zehn Jahre wünschen sich alle Verlage. Spezielle Gratulationen gehen mit folgendem Porträt an den Luftschacht Verlag.

 

Veranstaltungshinweis: 20.06.2013, 20 Uhr, pulse, Wien: 10 Jahre Luftschacht Verlag - Schlusspunkt der Feierlichkeiten!
Wir laden all unsere Autoren, Freunde, Kollegen und Weggefährten, die Händler, Journalisten und Juroren, die Sammler natürlich auch ... also jeden, der sich angesprochen fühlen möchte, laden wir herzlich ein, mit uns zusammenzukommen und auf die nächsten 10 anzustoßen.

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Der Zorn. Eine Hommage

 

"Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht."

Papst Gregor der Große

zitiert von Georg Schramm alias Lothar Dombrowski

 

"In Deutschland wird es keine Revolution geben, weil man dazu den Rasen betreten müsste."

Stalin

 

Der erfreuliche Erfolg der Schrift Empört Euch! von Stéphane Hessel sollte nicht vergessen machen, dass es ja auch noch den Zorn gibt - das Wort zumindest. Von der Empörung vielleicht gar nicht so weit entfernt, scheint er doch mehr Feuer und Kawuppdich in sich zu bergen als jene. Die Empörung knickt das Gras, der Zorn verschreut es.

 

Der ekz-bibliotheksservice hat es ganz richtig formuliert:

"Eine facettenreiche 'Hommage' an den Affekt "Zorn" mit der Intention seiner Rehabilitation als positive Kraftquelle und eine indirekte Aufforderung (...) zur Teilnahme an einer neuen Zornkultur zur Veränderung sozialer Verhältnisse."

 

Voilà.

 

"Der Zorn hat keinen guten Ruf. Wir kennen nur noch die ressentimentgeladene Variante eines "gerechten Zorns", der auf Vergeltung sinnt, es dem Anderen heimzahlen will. Mit Zorn assoziieren wir den "Zorn Gottes" oder den Affektausbruch mythologischer Heroen, allenfalls gebrauchen wir das Wort noch im Sinn von Jähzorn, einer Unbeherrschtheit. An die Stelle des Zorns sind Begriffe wie "Aggression" oder "Empörung" getreten.
Die Essays in diesem Band thematisieren die unterschiedlichen Varianten des Zorns unter historischen und gegenwartsdiagnostischen Vorzeichen. Dabei geht es auch darum, die produktiven Seiten eines modernen Begriffs von Zorn auszuloten. Philosophische, psychologische, politische, sozialwissenschaftliche, kulturelle und moralische Aspekte des "Zorns" werden miteinander in Beziehung gesetzt.


Mit Beiträgen von Jürgen Busche, Ute Frevert, Peter Glaser, Claus Leggewie, Jutta Limbach, Wolf Lotter, Bascha Mika, Christian Nürnberger, Alan Posener, Jürgen Werner, Uwe Wittstock und mit einem Nachwort von Michel de Montaigne."

(Text: zu Klampen! Verlag)

 

Herausgeber Helmut Ortner spricht hier einige Worte zur Einführung und liest aus seinem Vorwort [2:30 Minuten]:

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Mara Genschel & Valeri Scherstjanoi, Vom Nachtalpenweg

 

Was läge näher, als zu Pfingsten auf ein Buch hinzuweisen, das sich dem Zungenreden verschrieben (versprochen) hat?! So einem Buch, das ist klar, muss auch eine CD beiliegen: Valeri Scherstjanoi (Stimme) und Mara Genschel (Stimme und Geige) interpretieren historische Glossolalien (altgriechisch glôssa = "Zunge" + altgriechisch laleô = "sprechen"), eigene Lauttexte sowie das Lautgedicht "Maori Toto-Vaca" aus dem von Richard Huelsenbeck 1920 in Berlin herausgegebenen DADA Almanach. (Der Abdruck darin erfolgte damals auf Anregung Tristan Tzaras, dem der Text später fälschlicherweise zugeschrieben wurde.)

 

Eine Hörprobe des titelgebenden Stücks findet sich auf lautland, der Website Scherstjanois, der es auch geschrieben hat und hier auf

unnachahmlich hals- und zungenbrecherische Weise intoniert. Genschel steuert mauschelige, dämmerige, schabende, kratzende Geigenklänge bei, die sehr gut zum konspirativen Gestus passen, mit dem Scherstjanoi die Worte "und zurück. Mit dem Fahrrad" mehr verschluckt als ausspricht:

"Friss fifk oder Vom Nachtalpenweg über den Gnomenplatz in den Schwarzelfenweg und zurück. Mit dem Fahrrad" [2:42].

 

Wer's mal versuchen möchte:

 

"Fkfu

Fkfu ufif kufk

n.........fefe

fefk

fyrk fyrk k ffffyr yyyyr farr

fyfk fyfk kfyf

kfrr

schtsch

t oss fffru [...]"

 

"Über den Nachtalpenweg, aus dem mitteleuropäischen Raum, Mitte des 19. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts, verdeckt von Missverständnis und Vergessen, kommen [...] die Glossolalien [...], denen unser Projekt gewidmet ist. Zu ihrer Zeit erregten sie ein großes öffentliches Interesse in der so genannten Pfingstbewegung. Uns sind sie heute nur als Schriftsprache überliefert. Wie sie als Lautsprache [...] klangen, bleibt ein Rätsel", schreiben Genschel und Scherstjanoi in ihrem informativen Vorwort.

Sie erwähnen den Einfluss, den die Glossolalien auf Dada, aber auch auf die russische Dichtung ausübten. Viele Beispiele dieser ekstatischen Poesie "in unverständlicher Sprache" (Alexej Krutschonych) sind im dickleibigen Band Religiöse Ekstase im russischen mystischen Sektierertum von Dmitry Konowalow versammelt. Scherstjanoi und Genschel bringen daraus sechs Beispiele, dazu eines aus dem Buch Die Lieder des russischen Volkes, in lautpoetischer Bearbeitung. 

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Martina Hefter, Vom Gehen und Stehen. Ein Handbuch

 

"Ein Handbuch vom Gehen und Stehen in Gedichtform? Ja! Martina Hefters neue Gedichte balancieren leichtfüßig zwischen Gewichten und Aufstieben und entfalten wie nebenbei ein fein choreografiertes "Movarium" beinahe alltäglicher Bewegungen und Gesten. Ist etwa Sitzen eine typische Haltung des Denkens? Oder doch lieber liegen, nein hüpfen und springen? Wie ändert Bewegung mein Reden? Martina Hefters Texte erkunden die Wechselspiele zwischen Körperhaltungen, Denken und Sprechen, ob beim "Schnürsenkel binden auf der Straße", "humpeln, simuliert auf dem Fußballfeld", "tanzen auf einer Party inmitten von anderen Gästen, die man nicht kennt" oder "die Hand ausstrecken bei einer Begrüßung, während der andere die Arme ausbreitet". Aus absichtsvollem Missverstehen und verfremdender Imitation gewinnen "Stille Post"-Variationen neuen Sinn, und Miniaturtexte, die auch als Anleitungen taugen, stiften an, Bewegungen – wie "Vergröbern Verkörpern" oder "Loope super zurück" – selbst auszuprobieren.
Über die Buchform hinaus entwickelt Martina Hefter auch fortwährend Übertragungen ihrer Texte in Lecture Performances, die Gedichte und Bewegungen/Tanz zu neuen Formen verschmelzen."

(Text: kookbooks)

 

Martina Hefter, geboren 1965 in Pfronten/Allgäu, lebt als Dichterin und Performerin in Leipzig. Ihre Gedichte versteht sie als Erweiterungen körperlicher Bewegung. Neben ihrer literarischen Arbeit beschäftigt sie sich mit Performanceprojekten, die mit dem Zustand des Festgeschriebenseins von Literatur spielen. 2012 war sie Initiatorin und künstlerische Leiterin von "Bewegungsschreiber. Dichtung trifft Tanz" am Dock 11, Berlin. Zuletzt veröffentlichte sie den Gedichtband Nach den Diskotheken, kookbooks 2010, und erhielt den Lyrikpreis Meran sowie ein Arbeitsstipendium des Freistaats Sachsen.

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Unkonventionell, eigenwillig und kämpferisch. Lutz Schulenburg zum Gedenken

 

Am 1. Mai ist überraschend der Verleger der Edition Nautilus Lutz Schulenburg gestorben. Der Verlust ist schmerzlich. Und doch: die Energie ist noch da, die Entdeckerlust, die Bildung, die Menschenfreundlichkeit Lutz Schulenburgs. Sie werden diejenigen, die ihn kannten, weiter begleiten.

Das Foto zeigt Lutz Schulenburg gemeinsam mit seiner Crew, die nun ohne ihn weitermachen muss - und wird. Hanna Mittelstädt, 1974 neben Schulenburg und Pierre Gallissaire Mitgründerin des Verlags, wird mit der Nautilus weiter beweglich im Büchermeer kreuzen.

 

Ein Verlags(selbst)porträt können Sie hier lesen.

 

 

Außerdem lesenswert:

 

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Christian Broecking, Respekt!

 

"Die politische Intention und Rezeption ihrer Musik hatten in den USA zur Folge, dass afroamerikanische Musiker an den Rand der Gesellschaft und Existenz gedrängt wurden. Die 'Fire Music' der sechziger und frühen siebziger Jahre hat tiefe Spuren hinterlassen. Bei denen, die überlebten, hat sich der Kampf gegen den Mainstream tief in den Gesichtern eingegerbt."

 

Der Jazzjournalist Christian Broecking hat in diversen Interviews mit den damaligen und heutigen Protagonisten erfragt, was aus den Initiativen zur Selbstbestimmung und Selbstorganisation geworden ist.

 

In diesem Band sind erstmals die drei Interview-Bände Respekt, Black Codes und Jeder Ton eine Rettungsstation zusammengefasst und durch ein aktualisiertes Nachwort ergänzt. Eine beeindruckende Geschichte der Fire Music von den sechziger Jahren bis zur Gegenwart, von den Protagonisten selbst erzählt."

(Text: Verbrecher Verlag)

 

Interviews u. a. mit Amiri Baraka (LeRoi Jones), Ornette Coleman, Bill Dixon, George Lewis, Abbey Lincoln, Roscoe Mitchell, David Murray, Amina Claudine Myers, Dewey Redman, Max Roach, Sonny Rollins, Roswell Rudd, Gil Scott-Heron, Archie Shepp, Wayne Shorter und vielen anderen mehr.

 

Eine Leseprobe und das Inhaltsverzeichnis mit den Namen aller Interviewten gibt es hier (pdf).

 

  • Christian Broecking, Respekt! Die Geschichte der Fire Music. 480 Seiten, broschiert. Verbrecher Verlag, Berlin 2011. 18,00 Euro

 

Zur Einstimmung eine Aufnahme (1962) des Archie Shepp - Bill Dixon Quartetts, mit einer Komposition von Leonard Bernstein: "Somewhere"

 

Archie Shepp, Tenorsaxophon

Bill Dixon, Trompete

Don Moore, Bass

Paul Cohen, Schlagzeug

 

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Die Philosophie des Radfahrens

 

"Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren."

Albert Einstein

 

"Warum macht Fahrradfahren glücklich – trotz Regen, Gegenwind und steiler Berge? Warum geht alles schief, wenn man sich zum ersten Mal auf eine lange Fahrradtour wagt? Wie sieht der ideale Radweg aus? Was bedeutet Critical Mass? Warum passieren die kuriosesten Ereignisse der Tour de France immer am Alpe d’Huez? Und sollte das schnellste Fahrrad der Welt weiterhin verboten bleiben?

 

In Die Philosophie des Radfahrens zeigen internationale Autoren aus verschiedenen Disziplinen - Philosophieprofessoren, Sportjournalisten, Radprofis - kenntnisreich und leicht verständlich, dass Philosophie und Radfahren ein perfektes Tandem bilden können. Sie nehmen Helden und Anti-Helden aus der Welt des Radsports ins Auge, schreiben über die Ethik von Wettbewerb und Erfolg, finden auf dem Rad Momente der Muße und zeigen, wie Radfahren unsere Sicht auf die Welt dauerhaft verändern kann. Und sie geben stichhaltige Argumente für das Radfahren in all seinen Ausformungen: Als tägliche Fahrt zur Arbeit, als Sport, als Reise, als Lebensart.

 

Ein Buch für alle, die es glücklich macht, sich tagtäglich auf den Sattel zu setzen."

(Text: mairisch Verlag)

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Marchesa Colombi, Ein Bräutigam fürs Leben

 

"Meine Schönheit stieg mir zu Kopf. Alles andere war mir egal."

 

"Mit schnörkelloser Raffinesse und feiner Ironie wird die Geschichte von Denza erzählt, die früh die Mutter verliert. Der ohnehin ereignislose Alltag wird noch trister, als sie eine Stiefmutter bekommt. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als dem ebenso kleinbürgerlichen wie verschrobenen Elternhaus zu entkommen. Im Piemont des 19. Jahrhunderts gibt es nur einen Weg hinaus: Heiraten. Und so verliebt sich Denza in einen Verehrer, den sie gar nicht kennt. Schon bevor sie ihm endlich begegnet, weiß sie, es ist Liebe. Wann wird er ihr endlich den ersehnten Antrag machen?

Mitte der 1970er empfahl Natalia Ginzburg diesen kleinen Roman von 1885 Einaudi zur Neuveröffentlichung: Als Kind habe sie den Text wieder und wieder gelesen, als Erwachsene neu entdeckt und überrascht festgestellt, dass sie in ihrem eigenen Schreiben jene bitterfrohen Züge zu schaffen suchte, die dieser Geschichte ihren Reiz verleihen. Diese Klassikerin des späten 19. Jahrhunderts ist ein edition fünf-Titel par excellence: Ein Vorbild weiblichen Schreibens der italienischen Literatur."

(Text: edition fünf)

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Victor Zaslavsky, Der Sprengprofessor

 

Als ich von der Leipziger Buchmesse zurück nach Hause fuhr, wählte ich langsame Verbindungen. In Berlin startend, hatte ich Umsteige in Magdeburg, Halberstadt, Hannover, Minden, Dortmund und Krefeld. Verlagsprospekte, der abermals wunderbare, anregende Katalog der Kurt Wolff Stiftung "Es geht um das Buch" (pdf), Zeitungen und Literaturbeilagen boten mir auf der zehnstündigen Reise, neben Dutzenden von Ortsnamen auf den Bahnhöfen, an denen die Regionalexpresszüge, S-Bahnen, der HarzElbeExpress (HEX), die NordWestBahn Halt machten, reichlich Material zum Lesen.

 

Ich hatte mir auch ein paar Leseproben eingesteckt, so lernte ich Der Sprengprofessor, "Lebensgeschichten" von Victor Zaslavsky kennen, von dem ich schon eine Todesgeschichte hier stehen habe, Klassensäuberung, eine Studie über das Massaker von Katyn, die mit den bedenkenswerten Worten schließt:

"Die Erinnerung an Katyn hilft uns, eine bedeutende Lehre aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts zu ziehen, kann sie doch dazu beitragen, die Maßstäbe für eine neue Kultur des politischen Miteinanders und für eine Außenpolitik herauszubilden, die die Verteidigung der Menschenrechte nicht länger als innenpolitisches Problem definiert und der Verantwortung einzelnder Regierungen überlässt."

 

Nun also eine Autobiographie in Geschichten.

 

"Diese Geschichten aus der Zeit des Totalitarismus sind leise und
gehen doch unter die Haut." - Corriere della Sera

 

"Kein politisches Sachbuch, keine Reportage könnte das Leben in Russland zur Zeit des Stalinismus und danach intensiver und plastischer darstellen als diese oft sehr persönlichen Lebensgeschichten.

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Jérôme Ferrari, Predigt auf den Untergang Roms

 

"Ein korsisches Dorf. Das Leben, vom Alltag bestimmte Monotonie. Sommer, Hitze, Jagd auf Wild, wiederkehrend Tag um Tag. Und dann: ein Ereignis, eine Erschütterung. Folgenreich. Wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Zur allgemeinen Verwunderung haben zwei Söhne des Dorfes ihr vielversprechendes Philosophiestudium auf dem Kontinent vorzeitig beendet und übernehmen die Dorfkneipe. Um ganz im Sinne der Leibnizschen Lehre in ihrem Dorf die "beste aller möglichen Welten" zu errichten.

 

Aber: es richtet sich die Hölle selbst am Tresen ein. Und es wird eine korsische Dorfkneipe zur Weltenbühne des menschlichen Dramas. Mit prächtiger Sprache erzählt, dicht und bildkräftig, ein Wunder an Ausgewogenheit von Wucht, Weite, Tiefe und Leichtigkeit." (Text: Secession Verlag)

 

Jerôme Ferrari (geb. 1968 in Paris) unterrichtet als Philosophielehrer seit 2012 am französischen Gymnasium in Abu Dhabi. Und meine Seele ließ ich zurück war sein vierter Roman und gleichzeitig der erste, der auf Deutsch erschien. Er gewann 2010 den Grand Prix Poncetton SGDL und den Prix Roman France Télévision. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang Ferrari mit dem Roman Predigt auf den Untergang Roms, der 2012 mit dem renommierten Literaturpreis Prix Goncourt ausgezeichnet wurde.

 

"Ferraris Roman zieht seine Kraft aus der Spannung zwischen einem scheinbar banalen Unterfangen und philosophischen Überlegungen zur Vergänglichkeit alles Irdischen."

Niklas Bender, FAZ (14.3.2013)

 

Weitere Pressestimmen finden Sie hier (mit L/links).

 

  • Jérôme Ferrari, Predigt auf den Untergang Roms (Le sermon sur la chute de Rome). Roman. Aus dem Französischen von Christian Ruzicska. 208 Seiten, gebunden ohne Schutzumschlag, Fadenheftung. Secession Verlag, Zürich 2013. 19,95 Euro

 

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Abbas Khider, Brief in die Auberginenrepublik

 

"Oktober 1999 – im Irak herrscht Saddam Hussein, in Libyen Gaddafi, in Ägypten Mubarak, in Syrien Hafiz al-Assad und in Jordanien König Abdullah II bin Hussein. Die arabische Facebook- und Twitter-Revolution gegen die Despoten ist noch fernste Zukunft. Einen Brief an der Zensur vorbeizuschicken, ist ein langwieriges und gefährliches Abenteuer. Das nach dem Golfkrieg verhängte Handelsembargo treibt die irakische Bevölkerung ins Elend – einzig Auberginen gibt es im Überfluss, sodass die Iraker ihrem Land den Beinamen "Auberginenrepublik" verpasst haben.

 

Salim, ein ehemaliger Student, schlägt sich im libyschen Exil als Bauarbeiter durch. Er war wegen des Besitzes verbotener Bücher verhaftet worden. Über seinen Onkel ist ihm die Flucht aus dem Irak gelungen, doch er hat nie wieder von seiner Familie, seinen Freunden und vor allem von seiner Geliebten Samia gehört, deren Namen er auch unter Folter nicht preisgegeben hatte. Nun erfährt er in Bengasi von einem die ganze arabische Welt überspannenden Netzwerk von illegalen Briefboten und wagt es, Samia einen Brief mit einem Lebenszeichen zu senden…"

(Text: Edition Nautilus)

 

Abbas Khider steht oben auf meiner Lese(erst einmal: Anschaffungs)liste.

Die Orangen des Präsidenten, Khiders zweiten Roman - nach seinem Debüt Der falsche Inder von 2008 - hat mir eine Freundin ausgeliehen, aber da ich beim Lesen meist in die Bücher hineinschreibe...

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Lisa Kränzler, Nachhinein

 

Lisa Kränzlers zweiter Roman, Nachhinein, der, wie schon ihr vorjähriges Debüt, Export A, im Verbrecher Verlag erschienen ist, befindet sich unter den Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse (Belletristik).

Wie immer die Wahl schließlich entschieden werden wird - zu diesem Erfolg darf man schon mal gratulieren: Herzlichen Glückwunsch!

 

Aus der Begründung der Jury: "Lisa Kränzler hat mit Nachhinein einen sprachlich und szenisch turbulenten, überwältigenden Roman über eine Mädchenfreundschaft geschrieben, der trotzdem die großen existentiellen und moralischen Dimensionen von Liebe und Lust, von Schuld und Verrat thematisiert. Immer konkret in den Stimmen der Erzähler. Uptempo-Existentialismus im coming-of-age-Roman."

 

Bereits 2012 erhielt Lisa Kränzler den 3sat-Preis beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt für einen Auszug aus Nachhinein. Juror Paul Jandl: "Ein sehr intensiver und durchkonstruierter Text, dabei aber nicht spröde - hier wird der Leser wieder seinen eigenen Kindheitserfahrungen ausgesetzt."

 

Zum Buch:

"Der Roman Nachhinein erzählt von der Entwicklung zweier Mädchen und ihrer sich verändernden Freundschaft. Zwischen ihnen gibt es einen wesentlichen Unterschied: Die eine wird behütet, geliebt, entschuldigt, darf sogar rebellisch sein, die andere hingegen ist arm, wird angegriffen und missbraucht. Aus diesem Grund ändert sich bald auch die Beziehung der Mädchen zueinander, die zunehmend von Liebe, Eifersucht und erwachender Sexualität, von Machtspielen und Grausamkeit geprägt wird. Bis die Ereignisse außer Kontrolle geraten…"

(Text: Verbrecher Verlag)

 

Eine Leseprobe (pdf) gibt es hier, eine Hörprobe hier.

 

  • Lisa Kränzler, Nachhinein. Roman. 272 Seiten, gebunden. Verbrecher Verlag, Berlin 2013. 22,00 Euro

 

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Roland Reuß, Ende der Hypnose

 

"Dreißig Jahre nach dem Vordringen digitaler Technik ins Wohnzimmer leiden wir immer noch unter der kollektiven Hypnose, die Marshall McLuhan als erste Konsequenz der Heraufkunft eines neuen Mediums diagnostiziert hat. Wer sich ihr zu entwinden versucht und Kritik am fallout der Digitalisierung übt, wird schnell als konservativ denunziert – obwohl allein Kritik so etwas leisten könnte wie eine Überschreitung des Rahmens, der von den zunehmend monopolistischer agierenden Großkonzernen wie Google, Apple, Microsoft et al. vorgegeben wird. Deren Interessen spiegeln sich im manipulierten Bewußtsein einer zutiefst verunsicherten Öffentlichkeit, die sich mehr oder weniger bereitwillig über das Medium ausbeuten läßt. Das Einverständnis mit der immer mehr alle Kreativität erstickenden Entwicklung wird als 'alternativlos' verstanden.

 

Die Analysen von Ende der Hypnose wenden sich gegen die weitverbreitete Komplizenschaft mit den technokratischen Grundzügen des Zeitalters. Sie versuchen, einen nach vorne gewandten Begriff von Kritik zu gewinnen, der die Gegenwart an ihren eigenen Ansprüchen auf Freiheit, individuelle Entfaltung und Authentizität mißt.

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Edward Gorey, Ein fragwürdiger Gast

 

Wunderbar exzentrisch und aufs vornehmste schwarzhumorig: Der Klassiker Edward Gorey ist wieder da.

 

"Edward Gorey steht für feinsinnig-schrägen Spaß mit reichlich viktorianischem Flair, der nicht selten auch in schöne Düsternis kippt. Seine Bildergeschichten wurden von Vladimir Nabokov, Max Ernst, Oskar Kokoschka, Agatha Christie und vielen, vielen anderen gerühmt. Sein extravaganter Stil sowohl im wirklichen Leben als auch in seinen Büchern machte ihn zu einem einmaligen Klassiker.

Es ist an der Zeit, ihn wieder neu zu entdecken. Den Anfang macht eines seiner berühmtesten Werke, in dem die Geschichte eines sehr fragwürdigen Gastes erzählt wird, der plötzlich da ist, seltsame und mitunter recht störende Dinge treibt, einfach nicht mehr geht und übrigens die gleichen weißen Stoffschuhe trägt, die neben dem langen Pelzmantel auch Markenzeichen des ungewöhnlichen Autors waren."

(Text: Lilienfeld Verlag)

 

The Doubtful Guest ist zum ersten Mal 1957 erschienen. Die Bizarrerie der Geschichte und ihre zeichnerische Umsetzung sind wunderbar: ein großer Spaß.

Der Osterhase macht nichts falsch, wenn er Groß und Klein Ein fragwürdiger Gast zwischen die Schokoladen und Bunten Eier ins Nest legt, und ich möchte den Verlag jetzt schon drängen, bald ein neues Gorei auszubrüten.

 

  • Edward Gorey, Ein fragwürdiger Gast. Aus dem Englischen von Alex Stern. 32 Seiten, illustriert. Halbleinen, Fadenheftung, ca. 18,5 × 12,5 cm. Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2013. 12,90 Euro - erscheint diesen Monat
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Lindita Arapi, Schlüsselmädchen

 

"In einer kleinen albanischen Stadt, in einer Mustergemeinde im Aufbau in kommunistischer Zeit, betrachtet das Mädchen Lodja Lemani die Welt vom Küchenfenster des kleinen Elternhauses aus. Sie darf nicht draußen mit anderen Kindern spielen, flaniert nicht, schön gekleidet wie ihre Freundinnen, auf dem ersehnten Abendgiro. Ihre Freizeit verbringt sie nur im kleinen Vorhof des Elternhauses. Und nachts setzt sich ein männlicher Schatten, finster und furchterregend, auf ihre Bettkante.

 

Die Familie Lemani lebt ausgegrenzt, weil sie eine "schwarze Biografie" hat. Lodjas Großvater wird 1952 als Großbauer vor den Augen seiner Tochter von den neuen Machthabern gelyncht. Gesprochen wird darüber in der Familie nicht. Für Lodja ist alles undurchsichtig und geheimnisvoll.

 

Nach der kommunistischen Zeit und nach Ende der Selbstisolierung Albaniens, verlässt Lodja ihr Land und lebt als junge Frau alleine in einer westeuropäischen Stadt. Die ungewohnte Freiheit ist verwirrend für sie, vertraut ist ihr nur die Selbstisolation, in die sie sich auch hier zurückgezogen hat.

 

Sie reist nach Albanien, um das familiäre Geheimnis aufzudecken. Eine Reise in die Vergangenheit zu den Sippen ihrer Mutter und ihres Vaters beginnt. Die archaischen Strukturen auf dem Land haben sogar den Kommunismus überlebt.
Lodja trifft auf große Ablehnung bei ihrer Spurensuche, aber auch auf Menschen, die ihr helfen, sich der dunklen Vergangenheit ihrer Familie zu nähern. Und danach bricht auch Lodjas Mutter ihr Schweigen."

(Text: Dittrich Verlag)

 

"Lindita Arapi wächst in der bleiernen Zeit des Kommunismus in einer albanischen Kleinstadt auf. Was das bedeutet und wie sehr das Leben der Menschen damals von Angst bestimmt war, beschreibt die Schriftellerin in eindringlicher und poetischer Sprache [...]."

(André Vincze, Bayerischer Rundfunk; der vollständige Beitrag kann hier angehört werden.)

 

  • Lindita Arapi, Schlüsselmädchen. Roman. Aus dem Albanischen übersetzt von Joachim Röhm. 240 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Dittrich Verlag, Berlin 2012. 19,80 Euro
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Lew Tolstoj, Hadschi Murat

"Als Lew Tolstoj Ende Oktober 1910 Jasnaja Poljana schwer krank verläßt, trägt er das Manuskript von Hadschi Murat mit sich. Er stirbt auf der Flucht vor Frau, Familie und der Presse am 20. November 1910 in der Bahnstation von Astapowo unter den Augen der Weltöffentlichkeit, und Hadschi Murat wird zu seinem letzten Roman, 1912 postum veröffentlicht.

 

Der Anblick einer Tatarendistel ruft dem Erzähler bei einem Spaziergang die Kaukasuskriege ins Gedächtnis, in denen sich die Welt des Okzident und jene des Orient gegenüber standen. Erzählt wird die Geschichte des Widerstandes der um Freiheit kämpfenden Völker des Kaukasus und jene von Hadschi Murat, der zu den Russen überläuft und den Tod findet."
(Text: Dörlemann Verlag)

Aus Anlass seines ersten Erscheinens vor hundert Jahren bringt der Dörlemann Verlag Hadschi Murat in der Übersetzung von Werner Bergengruen neu heraus. Das Buch ist ab Mittwoch im Handel. Eine Vorab-Leseprobe gibt es hier.

  • Lew Tolstoj, Hadschi Murat. Roman. Aus dem Russischen von Werner Bergengruen. Mit einen Nachwort von Thomas Grob. Etwa 288 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Leseband. Dörlemann Verlag, Zürich 2013. 18,00 Euro
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Antreten zum Dichten! Neue Bücher bei Reinecke & Voß

Zwei neue Bücher kündigt der Verlag Reinecke & Voß für März an.

 

Jürgen Buchmann - eine Art Hausautor, -übersetzer und -herausgeber des Verlags (siehe unten sowie den Beitrag "Ein bitterlustiges Büchlein zu Sprache und Kultur der Wenden" im Hotlist-Blog (3.9.2012) - hat eine Dichterfehde aus dem Zeitalter des Barock ins Deutsche übertragen. Robert Wohlleben stellt Dichter um Arno Holz vor.

 

Episteln und Pistolen

 

"Die legendären Wortduelle, die sich Giambattista Marino (1569-1625), der berühmteste Dichter des Barocks, und Gaspare Mùrtola (1570-1624), Jurist und Literat, am Turiner Hof lieferten und die in einer Mordattacke gipfelten, hielten ein europäisches Publikum in Atem. Jürgen Buchmann hat den Zank dieser beiden poetischen Primadonnen erstmalig ins Deutsche übertragen - Gedichte und Briefe, die funkeln vor Bosheit, Obszönität, surrealem Witz und sprachlicher Artistik: Die Geschichte der Literatur dürfte wenig Vergleichbares zu bieten haben."

(Text: Reinecke & Voß)

 

  • Giambattista Marino/Gaspare Mùrtola, Episteln und Pistolen. Eine barocke Dichterfehde. Ausgewählt und erstmals aus dem Italienischen übertragen von Jürgen Buchmann. Reinecke & Voß, Leipzig 2013. 8,00 Euro
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Dominique Manotti bei Assoziation A

 

Die ehrenwerte Gesellschaft

 

"Eine Gruppe junger Ökoaktivisten plant einen spektakulären Coup gegen die französische Atompolitik und hackt den Rechner eines Ermittlers des Kommissariats für Atomenergie CEA. Sie übernimmt die Kontrolle der Webcam und wird zufällig Zeuge eines Kampfes zwischen dem Polizisten und zwei Geheimagenten, bei dem der Polizist zu Tode kommt.

Ein Zwischenfall zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, kurz vor dem ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl. Gegenüber stehen sich der blasse Kandidat der Linken, Eugène Schneider, und der zynische, machtbesessene Pierre Guérin, Finanzminister und Kandidat der Rechten, wenig zufällig an einen gewissen Nicolas S. erinnernd. Tief verstrickt in ein Machtgeflecht aus Politik, Geheimdiensten und den Eliten der französischen Industrie, will der voraussichtliche neue Präsident seinen Förderern die Privatisierung der französischen Atomindustrie auf dem Silbertablett servieren.
Von der Polizei als Mörder ihres Kollegen von der CEA verdächtigt, ziehen sich die Ökoaktivisten zurück, um ihren Coup nicht zu gefährden. Doch das Spiel beginnt für sie lebensgefährlich zu werden, denn nicht nur die ermittelnde Kriminalpolizei ist ihnen auf den Fersen, sondern auch die Schergen der Atommafia, die die Aufdeckung ihres Komplotts befürchtet.

Dominique Manotti und der mysteriöse DOA legen mit Die ehrenwerte Gesellschaft einen vierhändig verfassten Roman vor. Fesselnd, präzise und schnörkellos beschreiben sie die Korruptheit, die Intrigen und inzestuösen Machtverflechtungen der herrschenden Klasse. Ein mitreißend schneller Rhythmus, sich atemlos überschlagende Ereignisse und packende Dialoge sorgen für höchste Spannung. Eine düstere Affäre, fiktiv und doch so nahe an der Realität, dass es einen frösteln lässt."

(Text: Assoziation A)

 

"Auch vierhändig haben die beiden Autoren nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren. Sie sprengen die Grenzen des Genres, wildern gekonnt auf den Feldern der Polit-Fiction, der sozialen Utopie, des erotischen Polaroids. Dicht, knapp, lebhaft, keuchend, kinematografisch." Le Monde

 

Die ehrenwerte Gesellschaft gewann den "Grand Prix de Littérature Policière" für den besten französischen Kriminalroman 2011 und stand im September und Oktober 2012 auf Platz 2 der KrimiZEIT-Bestenliste.

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Alfred Kerr-Preis für Daniela Strigl

(c) Elke Mayr
(c) Elke Mayr

 

Aus dem Börsenblatt folgende Nachricht:

 

Der Alfred Kerr-Preis für Literaturkritik geht in diesem Jahr an die österreichische Kritikerin und Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl.

 

"Mit pfadfinderischer Begabung beobachtet Daniela Strigl seit vielen Jahren die literarische Produktion. Immer wieder stellt sie Bücher ins Licht, die ohne diese Entdeckerfreude der Kritikerin womöglich unbeachtet geblieben wären", begründet die Jury ihre Entscheidung.

Die Jury betont weiterhin: "Als zunehmend gefragte Akteurin im Literaturbetrieb bewahrt sie sich dennoch eine Distanz, die erforderlich ist für das eigensinnige, nie korrumpierbare Urteil."

Nicht zuletzt verschaffe die Wienerin Strigl den wichtigen österreichischen Autoren Aufmerksamkeit im gesamten deutschsprachigen Raum.

 

Die promovierte Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl lehrt seit 2007 an der Universität Wien Neuere deutsche Literatur. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts sowie deutschsprachige Gegenwartsliteratur und -lyrik. Sie ist Herausgeberin verschiedener Buchausgaben zur österreichischen und europäischen Literatur und Autorin einer Marlen Haushofer-Biografie.

 

Strigl publiziert Essays sowie Literatur- und Theaterkritiken in überregionalen Medien. 2001 wurde sie mit dem Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet, 2007 mit dem Max Kade-Essay-Preis.

 

Von 2003 bis 2008 sowie seit 2011 ist sie Jurorin beim Ingeborg Bachmann-Preis, im Jahr 2009 war sie Jurorin beim Deutschen Buchpreis [und 2012 beim Preis der Hotlist, Anm. der Red.].

In diesem Jahr ist Strigl Mitglied der Jury zum Preis der Leipziger Buchmesse. 

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Clemens Brentano Preis an Philipp Schönthaler

Philipp Schönthaler (Graphik von Falk Nordmann)
Philipp Schönthaler (Graphik von Falk Nordmann)

 

Hotlist-Blogs herzlichen Glückwunsch!


Der Clemens Brentano Preis der Stadt Heidelberg 2013 geht an Philipp Schönthaler

 

Der mit 10.000 Euro dotierte Clemens Brentano Förderpreis für Literatur der Stadt Heidelberg geht an Philipp Schönthaler für seinen bei Matthes & Seitz Berlin erschienenen Erzählungsband Nach oben ist das Leben offen.

 

Der Jury gehören an: die Literaturkritiker Dr. Ina Hartwig (Frankfurt am Main), Felicitas von Lovenberg (Frankfurt am Main), Dr. Hubert Winkels (Köln) und Markus Clauer (Ludwigshafen) sowie die Germanistik-Studierenden der Universität Heidelberg Marilena Tsirantonaki, Katharina Schönebeck und Kevin Fernando.

 

Der Clemens Brentano Preis der Stadt Heidelberg wird seit 1993 jährlich im Wechsel in den Sparten Erzählung, Essay, Roman und Lyrik an deutschsprachige Autorinnen und Autoren vergeben, die mit ihren Erstlingswerken bereits die Aufmerksamkeit der Kritiker und des Lesepublikums auf sich gelenkt haben.

Der Preis ist deutschlandweit einmalig, da die Jury sowohl mit professionellen Literaturkritikerinnen und -kritikern, als auch mit Studierenden des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg besetzt ist.

 

Die bisherigen Preisträger sind Alexander Gumz, Wolfgang Herrndorf, Sven Hillenkamp, Andreas Stichmann, Felicia Zeller, Ann Cotten, Clemens Meyer, Stefan Weidner, Anna Katharina Hahn, Raphael Urweider, Andreas Maier, Doron Rabinovici, Sabine Peters, Hendrik Rost, Oswald Egger, Norbert Niemann, Benjamin Korn, Daniel Zahno, Jörg Schieke, Barbara Köhler, Gabriele Kögl und Günter Coufal.

 

Der Preis wird am 18. Juni 2013 durch Bürgermeister Dr. Joachim Gerner in Heidelberg an Philipp Schönthaler überreicht.

Eine öffentliche Lesung des Preisträgers findet am 19. Juni 2013 in der Stadtbücherei Heidelberg statt.

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Julien Gracq, Aufzeichnungen aus dem Krieg

 

"Als 2011 die Manuscrits de Guerre aus Julien Gracqs Nachlass erschienen, wurden sie in Frankreich sofort zu einem literarischen Ereignis – die Neugier, von diesem eigensinnigen und unbeirrbaren Meisterstilistiker endlich auch ein authentisches "privates" Zeugnis lesen zu können, machte diese Aufzeichnungen zu einem der meistgelesenen Bücher des Jahres.

Julien Gracq beschreibt in diesem Journal seine Zeit als Leutnant vom 10. Mai bis zum 2. Juni 1940 in Flandern, wenige Kilometer entfernt von Dünkirchen. Und er beschreibt sie gewissermaßen in zwei Genres, einmal als unmittelbare Tagebuch-Aufzeichnungen – und, in einem zweiten Heft, verwandelt in eine klassische Erzählung. Seine Sätze sind, schon am Beginn seiner literarischen Laufbahn (erschienen war bis dahin erst der kleine Roman Auf Schloß Argol, 1938), von bemerkenswerter Präzision und einer sinnlichen Schärfe, die sogar die tristen Ereignisse des Soldatenalltags magisch zu verwandeln imstande ist. Gracqs Schilderung vermittelt sowohl die ungeheuer spannende Situation vor Ort, als auch das lächerliche und nervenbelastende Warten in diesem "Kriegsspiel", das ja die zentrale Erfahrung in den großen Romanen Gracqs (Das Ufer der Syrten, Der Balkon im Walde) darstellt."

(Text: Literaturverlag Droschl)

 

  • Julien Gracq, Aufzeichnungen aus dem Krieg. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. 192 Seiten, gebunden mit Lesebändchen. Literaturverlag Droschl, Graz 2013. 22,00 Euro
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Textem Verlag: Literatur und Essay

 

Ehe es zu den Neuerscheinungen des Textem Verlags geht, weise ich auf ein älteres Buch dieses Verlags hin, das im Bewusstsein von Buchhändlern und Lesern noch gar nicht richtig aufgetaucht ist. Die Anziehungskraft von inszeniertem Käse scheint eben doch höher zu sein als die eines kleinen cleveren Büchels, das mit nichts mehr prunkt als mit seiner eigenen Klasse.

 

Immerhin, unter der Überschrift "Das liest man zum Fest!" notierte David Hugendick in der ZEIT: "Witzel: schwungvoll, ein bisschen verrückt, ein herrlich komischer Betriebsnudelroman zum Ausklang des Jahres. Und Satzungetüme kann Witzel wie der Tellkamp."

 

Frank Witzel, Vondenloh

 

"Warum schreibt die Schriftstellerin Bettine Vondenloh niemals Romane über 120 Seiten? Steckt tatsächlich nur eine Maximumklausel in ihrem Autorenvertrag dahinter? Oder der prägende Einfluss von Peter Handkes Kurzem Brief zum langen Abschied (zumindest wenn dessen zweiter Teil im Klosett gelandet ist)? Oder hat es doch etwas mit den geheimnisvollen Ausflügen zu tun, von denen sie einst mit einem kugeldurchlöcherten Wagen zurückkam? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich der Erzähler dieses Romans konfrontiert sieht. Dabei versucht er doch nur, Kontakt zu seiner verschollenen Jugendliebe Helga aufzunehmen.

 

Frank Witzels hinreißend komischer Roman Vondenloh kombiniert die wenig beachtete Form des Literaturbetriebskrimis mit der zu Unrecht anstaubenden Gattung der Dorfgeschichte: Ein gigantischer Wal beginnt gehörig zu stinken, die Psychoanalytiker Ernest Jones, Jacques Lacan und Wilhelm Reich entkommen knapp einem gefährlichen Sturz, eine riesige Wachsstatue des Reichsführers Himmler offenbart ihr Innenleben, und eine extravagante Schriftstellerin hat gehörig Probleme mit dem Älterwerden. Zum Glück gibt es noch Siegfried Lenz. Auf den alten Ostpreußen scheint jedenfalls mehr Verlass als auf Witzels Erzähler. Immerhin: Jedes Mal wenn man glaubt, er verliere sich endgültig auf den Ab- und Umwegen seiner Geschichte, rettet er sich und die Leser mit einer absurden Volte in die nächste Bredouille."

(Text: Textem Verlag)

 

  • Frank Witzel, Vondenloh. Roman. 224 Seiten, gebunden. Textem Verlag, Hamburg 2008. 18,00 Euro 
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Deborah Levy, Heim schwimmen

 

"Es ist heiß. Sehr heiß. Sie sind aus London gekommen, um in einem Haus bei Nizza Ferien zu machen: Das Ehepaar Jozef und Isabel Jacobs, er Schriftsteller, sie Kriegsberichterstatterin; die beiden teilen schon lange nichts mehr, außer der Zeit, die sie miteinander verbracht haben -; ihre vierzehnjährige Tochter Nina, die wenig von ihren Eltern hält, aber umso mehr in pubertäre Gefühlsschwankungen verstrickt ist; schließlich ein befreundetes Ehepaar, dessen Laden gerade pleitegeht.

Beste Voraussetzungen für geruhsame Ferien. Tatsächlich bricht schon bald das Unheil herein. Ein nackter Frauenkörper treibt im Schwimmbad. Aber diese junge Frau namens Kitty Finch ist nicht tot. Schwankend zwischen verletzlich und exaltiert, nistet sich die selbsternannte Botanikerin mit den grüngelackten Nägeln in der Villa ein und mischt die ohnehin komplizierte Lage auf. Und sie wünscht sich nichts mehr, als dass der
Dichter sich mit ihr und ihrem Gedicht "Heim schwimmen" beschäftigt.

 

Deborah Levy gelingt es, in 160 Seiten und sieben erzählten Tagen ein beunruhigendes und doch vertrautes Familienpanorama zu zeichnen – unbehauste Personen, unfähig zu einem gemeinsamen Zuhause. Ein wahrer Albtraum, wäre das Buch nicht voller witziger Episoden und komischer Figuren."

(Text: Verlag Klaus Wagenbach)

 

Eine Probe aus Heim schwimmen können Sie hier nehmen.

 

Wer im Rheinland lebt, kann Deborah Levy am 19. März 2013 bei einer Lesung im Literaturhaus Köln erleben.

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Die Frühjahrstitel im bilgerverlag

 

Vier neue Bücher aus dem bilgerverlag. Die Autoren: Anne Cuneo, Patrick Deville, Reto Ehrbar und Roger Monnerat. Ein unwesentlich älteres, Letzter Zug nach Buenos Aires von Hernán Ronsino, bewarb sich um den Preis der Hotlist 2012. Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich empfohlen.

Weitere Lektüreempfehlungen im Culturmag. Zum Beispiel.

 

Ein Überblick über das komplette Programm des bilgerverlags findet sich hier, Näheres zur Verlagsgeschichte hier.

Wer sich allgemein für die Schweizer Verlagsszene interessiert, wird bei SWIPS (Swiss Independent Publishers) fündig, einem Zusammenschluss von zur Zeit sechsundzwanzig unabhängigen Verlagen der deutschsprachigen Schweiz.

 

Es ist dreißig Jahre her, dass Ricco Bilger in Zürich die Buchhandlung sec52 gründete, in der die ersten Bücher des nachmaligen bilgerverlags erschienen. Ein Jubiläum also. Herzliche Glückwünsche!

 

Anne Cuneo, Eine Welt der Wörter

 

Eine Welt der Wörter. Die Memoiren von Master John Florio, Kammerherr Ihrer sel. Majestät Königin Anna, zum Zwecke der Bekanntgabe seiner Herkunft, seines Lebens und seiner Werke an die Nachwelt. So der vollständige Titel des neuen Romans von Anne Cuneo. Der schnörkelige Touch ist allemal gerechtfertigt, denn die Geschichte, die Cuneo erzählt, ist im 17. Jahrhundert angesiedelt.


"Von der ersten Zeile an in Anne Cuneos neuem Roman glaubt sich die Leserin, der Leser im Originalmanuskript von John Florio, dem großen Übersetzer.

John Florio (*1553 in London; †1625 in Fulham in London) wurde in England geboren, sein Vater war Italiener, seine Mutter wohl Engländerin. Die Kindheit verbrachte er in Soglio, dem kleinen Bergeller Bergdorf. Hochbegabt, wurde er gefördert, reiste zu Studien nach Tübingen. Kaum fünfzehnjährig, führte ihn sein Weg weiter nach England, wo er, sprachbegabt und neugierig auf die Welt, bald einmal selbst unterrichtete: Italienisch und auch Französisch, Männer und Frauen aus allen Schichten, Händler, Adlige, Künstler, Prinzen und selbst eine Königin.

Shakespeare war nicht nur ein Schüler John Florios, sondern ein Freund, so plausibel kommt das in Anne Cuneos Roman daher. Monumente seines Schaffens sind das italienisch-englische Wörterbuch und die Übersetzung der Essais von Montaigne ins Englische.

 

Eine Welt der Wörter ist ein von minutiös recherchiertem Wissen durchwobenes Werk, beginnend in den Kerkern der Inquisition und endend in Fulham, im Goldenen Löwen, am Ufer der Themse.

Es ist - nach den Bestsellern Der Lauf des Flusses und Dark Lady - Anne Cuneos dritter Roman, der zur Zeit und in der Welt Shakespeares spielt."

(Text: bilgerverlag)

 

  • Anne Cuneo, Eine Welt der Wörter. Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Erich Liebi, Lektorat Daniel Rothenbühler. 600 Seiten, gebunden, Lesebändchen. bilgerverlag, Zürich 2013. 32,00 Euro
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Blicke, die töten können. Eine Anekdote zu Henri Michaux

Nachtrag zu vorgestern, als es um Christopher Isherwood und Henri Michaux in Südamerika ging (die beiden sind keineswegs zusammen gereist).

 

Als ich in Köln lebte, spazierte ich des öfteren in Konzerte mit Neuer Musik. Einmal, es war im Kleinen Sendesaal des Westdeutschen Rundfunks im Funkhaus am Wallrafplatz, wurden vier Werke von Giacinto Scelsi aufgeführt, der Musikwissenschaftler Heinz-Klaus Metzger hielt einen Vortrag über den Komponisten und Peter Lieck, der einigen vielleicht im Zusammenhang mit seiner Proust-Mammutlesung (zusammen mit Bernt Hahn) in der Lengfeld'schen Buchhandlung in Köln ein Begriff ist, trug Texte von Scelsi und Michaux vor.

 

Dem Programmheft zu diesem Konzert verdanke ich die Begegnung mit dieser eindrucksvollen Anekdote, die Scelsi erzählt hat:

 

Blicke, die töten können

 

"Ich habe hier in meinem Haus in Rom einige Abende mit Henri Michaux verbracht. Wir waren auf der Suche nach einer verrückten Treppe. Er sollte einen Text über das Bild einer Treppe schreiben. Er dachte, dafür sei am besten eine verrückte Treppe geeignet... Es gibt viele Treppen, die Wendungen nehmen, ohne daß man weiß, warum. Endlich habe ich eine gefunden, eine Barocktreppe, in einem Palast. Eine unglaubliche Treppe, die vier oder fünf Wendungen machte. Sie provozierte eine immense visuelle und geistige Irritation. Im Laufe des Abends hier hat Michaux eine junge Französin zum Weinen gebracht... sie war sehr charmant. Wir hatten zusammen zu Abend gegessen und dabei hatte sie alles zum Besten gegeben, was sie über Literatur wußte... Das ärgerte Michaux ungeheuer: vor einem solchen Mann prahlt man nicht ungestraft mit seiner Bildung... Besser sollte man schweigen... Und ihn ansehen. Er hatte sehr faszinierende und gefährliche Augen...

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Indiebookday Nr. 1

Der 23. März ist zum Indiebookday ausgerufen worden - leicht zu merkendes Datum, denn genau einen Monat später, am 23. April, wird traditionell der UNESCO-Welttag des Buches begangen.

 

Zum Hintergrund

 

Es gibt viele kleine tolle Verlage, die mit viel Herzblut und Leidenschaft schöne Bücher machen. Aber nicht immer finden die Bücher ihren Weg zu den Lesern. Der Indiebookday kann da für ein bisschen Aufmerksamkeit sorgen.

 

Wie funktioniert's?

 

Geht am 23.3.2013 in einen Buchladen Eurer Wahl und kauft Euch ein Buch. Irgendeines, das Ihr sowieso gerade haben möchtet.

Hauptsache ist: Es stammt aus einem unabhängigen/kleinen/Indie-Verlag.

 

Danach postet Ihr ein Foto des Covers, des Buches, oder Euch mit dem Buch (oder wie Ihr möchtet) in einem sozialen Netzwerk (Facebook, Twitter, Google+) oder einem Blog Eurer Wahl unter dem Stichwort "Indiebookday". Wenn Ihr die Aktion gut findet, erzählt davon.

 

Wer bei Facebook ist, kann hier weiterlesen:

Indiebookday bei Facebook

 

Indiebookday.de ist eine Initiative des mairisch Verlags Hamburg.

 

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Christopher Isherwood und Henri Michaux in Südamerika

 

"Erstmals in deutscher Übersetzung: Christopher Isherwoods Reisetagebuch über Südamerika.

 

Kondor und Kühe ist das einfühlsame, hellsichtige Porträt eines Kontinents, der beherrscht wird von Armut und Unterdrückung, dessen Lebensmut jedoch ungebrochen ist. Ein außergewöhnliches Buch eines großen Autors.

 

Am 20. September 1947 schifft sich Christopher Isherwood zusammen mit dem Fotografen William Caskey in New York ein, um den südamerikanischen Kontinent zu bereisen. Fast sechs Monate brauchten die beiden, um von der venezolanischen Hafenstadt La Guaira über die Anden nach Buenos Aires zu gelangen. Entdeckt haben sie einen Kontinent voller Gegensätze. Schneeberge, die senkrecht aus dem Dschungel ragen, und Gletscher, die über Bananenplantagen hängen. Kondore, die über Kühen kreisen. Flugzeugpassagiere, die auf Packkarawanen von Lamas hinabblicken. Brandneue Cadillacs, die Maultiere von der Straße hupen. Aber auch einen Kontinent voller Gewalt. Ein falsches Wort, und ein Messer wird gezückt. Autos und Lastwagen werden mit einer selbstmörderischen Gleichgültigkeit gesteuert. Immer wieder kommt es zu Unruhen, die ebenso blutig sind wie sinnlos...

 

In einer glasklaren, bildmächtigen Sprache erzählt Christopher Isherwood von seinen Abenteuern in Südamerika. Entstanden ist ein Reisetagebuch, das uns einen Kontinent vor Augen führt, der lange Zeit als unregierbar galt. Kondor und Kühe ist eine literarische Glanzleistung – und ein beeindruckendes historisches Dokument."

(Text: Liebeskind Verlag)

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