Die editionBalkan im Dittrich Verlag (2)

"Dystopien richten unseren Blick in eine erschreckende Zukunft – wie Orwells 1984, Samjatins Wir [nach unten scrollen] oder Uhrwerk Orange von Anthony Burgess. Doch oft geht es den Autoren mehr darum, einer schrecklichen Gegenwart den Spiegel vorzuhalten. So auch Iwantschew mit Die Farben des Grauens.

 

Der bereits 1995 veröffentlichte Roman spielt zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Bulgarien. Das Land ist isoliert vom Rest der Welt. Eine schwere Wirtschaftskrise führt zu Unruhen und letztlich zur Auflösung staatlicher Autorität in den osteuropäischen Ländern, der Balkan ist von Kriegen zerrüttet.

In dieser sich auflösenden, anarchischen Gesellschaft gibt es nur einen Weg zu überleben: die Flucht in den Westen.

 

Der Leser begleitet die drei Hauptpersonen des Romans, den Philosophieprofessor Vesselinow, seinen kleinen Sohn Christo und den Profifussballer Nedew, auf ihrem Fluchtweg durch ein Land, in dem jegliche gesellschaftliche Ordnung verloren gegangen ist: ein Land, das in kleine und kleinste Kantone zerfallen ist, in dem letztlich jeder für sich kämpft, jeder gegen jeden. Es herrscht weder Moral noch soziales Verantwortungsbewusstsein, sondern Eigensucht und Gewalt.
Diesem ethischen Verfall können sich auch die Protagonisten nicht entziehen – auch sie werden schließlich zu amoralischen Tätern."

(Text: Dittrich Verlag)

 

In ihrer Kritik für SWR2 nennt Gisela Erbslöh Die Farben des Grauens einen "schwarzen" Roman: "[i]n krassen Bildern, gleichwohl lakonisch und ungemein spannend erzählt".

  • Jordan Iwantschew, Die Farben des Grauens. Roman. Aus dem Bulgarischen von Barbara Beyer. 184 Seiten, Englische Broschur. Dittrich Verlag, Berlin 2011. 16,80 Euro

Vladislav Todorov, Die Motte

 

"Mit einer ironischen Verbeugung vor dem sozialistischen Realismus beschwört Todorov im Gewand eines packenden Thrillers etwas ganz Reales herauf: die grausame Realität des Kommunismus in Bulgarien.
Die Geschichte schlägt einen Bogen von der Zeit kurz vor der kommunistischen Machtübernahme im September 1944 und dem Sofia der 1960er Jahre.

 

Nach 25 Jahren wird der zu Unrecht des Raubmords bezichtigte und verurteilte "Motte" aus der Haft entlassen. Sein ehemaliger Komplize, inzwischen Polizist, erwartet ihn, um zu erfahren, wo die Beute, ein Diamant, versteckt ist. Um dem Gedächtnis seines Kumpels auf die Sprünge zu helfen, mischt er ein Gift in dessen Essen, das "Motte" innerhalb von 24 Stunden töten wird.

Und "Motte" macht sich auf die Suche, um sein Leben zu retten."

(Text: Dittrich Verlag)

 

  • Vladislav Todorov, Die Motte. Roman noir. Aus dem Bulgarischen von Roumen M. Evert und Ines Sebesta. 190 Seiten, Englische Broschur. Dittrich Verlag, Berlin 2011. 14,80 Euro

 

 

Nach einer kleinen Zwischenmusik des serbischen Pianisten Bojan Zulfikarpašić (der seinen Namen zu Bojan Z verkürzt hat), geht's weiter mit einem weiteren bulgarischen Titel aus der editionBalkan.

 

Jetzt aber erst einmal "Grana od bora", ein von Zulfikarpašić arrangiertes bosnisches Volkslied (aus dem Album "Bojan Z Quartet", 1993)

 

Julien Lourau, sax

Bojan Zulfikarpašić, p

Marc Buronfosse, b

François Merville, dr

 

 

Palmi Ranchev, Der Weg nach Sacramento

 

"Der Weg nach Sacramento ist nach Einschätzung des Autors sein bislang gelungenstes Werk. Der Roman malt ein ungeschminktes Bild von Bulgarien kurz nach der Wende, eine Zeit der Massenarmut, der Massenverstörung. Eine Geschichte von jungen Menschen in der Hauptstadt Sofia, die, jeder Hoffnung und Zukunft beraubt, Drogen konsumieren und verkaufen. Und auch eine Geschichte der Vergangenheitsbewältigung und des Erwachsenwerdens, obwohl für den jungen Protagonisten am Ende nur die Emigration eine Lösung seiner Probleme verspricht.

 

Der zwanzigjährige Pavel lebt nach Beendigung seines Militärdienstes bei seiner Großmutter in einem Plattenbauviertel Sofias, da er zu seiner Mutter, einer gestörten promiskuitiven Frau, nicht zurückkehren möchte. Pavel indes hat ein ganz spezielles Problem: Er ist noch Jungfrau, ein Zustand, den er so bald wie möglich beenden möchte. Er verliebt sich in die drogensüchtige Marianna und schließt sich, um sie zu gewinnen, ihrer Clique an, eine Gruppe von jungen Drogensüchtigen.

 

Parallel zur Gegenwartshandlung wird die Geschichte des Vaters erzählt und dessen Leben im amerikanischen Exil seit seiner Flucht im Jahr 1970.

 

Gegen Ende des Romans bringt sich Marianna um, als einer ihrer Geliebten von der Mafia ermordet wird. Pavel selbst wird von der Drogenmafia verfolgt. Da erfährt er, dass sein Vater in Amerika gestorben ist und ihm Geld hinterlassen hat, wodurch er die Möglichkeit bekommt, Bulgarien und dem organisierten Verbrechen zu entkommen – Richtung Sacramento."

(Text: Dittrich Verlag)

  • Palmi Ranchev, Der Weg nach Sacramento. Roman. Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann. 222 Seiten, Englische Broschur. Dittrich Verlag, Berlin 2011. 17,80 Euro

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