20 Jahre Verlag Krug & Schadenberg

 

So viele Jubiläen! 20jähriges Bestehen feiert der Berliner Verlag Krug & Schadenberg, der sich der lesbischen Literatur verschrieben hat. Der Hotlist-Blog gratuliert den beiden Verlegerinnen Andrea Krug und Dagmar Schadenberg und ermuntert seine LeserInnen, sich einmal (und auch mehrmals) auf der Verlagswebsite umzusehen, ob nicht der ein oder andere Titel ihr spontanes Interesse weckt.

Wegen meiner Vorliebe für die Epoche der 10er bis 30er Jahre lachen mich z. B. die Werke der allerdings streng dreinschauenden Schriftstellerinnen Mercedes de Acosta, Radclyffe Hall, Dorothy Strachey alias Olivia oder Renée Vivien an; auch eine späte Nachfahrin von Carmilla, dem von Joseph Sheridan LeFanu erschaffenen weiblichen (und lesbischen) Vampir guckt düster-einladend um die Ecke, nämlich die Marquise Diane de Rochelle im Schauerroman Die Marquise und die Novizin von Victoria Ramstetter (sie übrigens lacht, siehe die Galerie der Autorinnen).

 

Im folgenden ein Überblick über das Programm von Krug & Schadenberg, in den Worten der Verlegerinnen selbst.

 

"Verlag Krug & Schadenberg – gegründet vor 20 Jahren, am 1. Mai 1993, von der Grafikerin Dagmar Schadenberg und der Lektorin Andrea Krug mit dem Ziel, Bücher für Lesben und frauenliebende Frauen zu verlegen: Literatur (Romane, historische Romane, Krimis, Erzählungen), Porträts, Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen rund um das lesbische Leben: vom Coming-out über Liebe, Erotik und Sex bis hin zur Pflege von allerlei Liebesbeziehungen.

 

Ein bisschen ausführlicher …

 

Die erste Veröffentlichung im Herbst 1993 bot sofort Zündstoff für leidenschaftliche Diskussionen: Susie Brights Susie Sexperts Sexwelt für Lesben – ein im besten Sinne unverschämter, witziger Ratgeber, der aktualisiert und ergänzt als Best of Susie Sexpert vier Auflagen erlebte und ein Bestseller wurde. Nach diesem Start folgte der erste belletristische Titel, Die Wahl des Glücks von Nancy Toder – ein Coming-out-Roman, der zeitlos schön und noch immer im Programm ist. Eine weitere US-amerikanische Autorin, deren Roman verlegt zu haben uns besonders stolz macht, ist Leslie Feinberg mit Stone Butch Blues – Träume in den erwachenden Morgen, ein Roman, der hierzulande die Genderdebatte angestoßen hat. Weitere belletristische Highlights aus dem amerikanischen Sprachraum sind Mrs. Medina, eine feinsinnige Geschichte von Ann Wadsworth über das Abschiednehmen am Lebensabend und die Liebe jenseits der Fünfzig, sowie – am anderen Ende des Altersspektrums angesiedelt – Geschrieben für Dich, ein bezaubernder Roman von Sylvia Brownrigg um die erste große Liebe der jungen Flannery. Von 2004 an erscheinen in lockerer Reihenfolge die Romane der amerikanischen "Queen of Lesbian Romance", Karin Kallmaker, die sich auch hierzulande einer großen Fan-Gemeinde erfreut.

Aus dem französischen Sprachraum haben wir zwei Romane von Mireille Best im Programm, eine hochkarätige Literatin, die ihre Leserinnen fordert und über großen Scharfblick, bissige Ironie und feine Sensibilität verfügt: Es gibt keine Menschen im Paradies und Camille im Oktober. Mit beschwingtem Flair hingegen kommt Eine Sommerliebe in Paris daher – ein Roman der Frankokanadierin Louise Auger. Zu unserer großen Freude kürzlich neu entdeckt haben wir die k.d. lang der kanadischen Literatur: Ivan E. Coyote mit ihrem Roman Als das Cello vom Himmel fiel – hinreißend in seiner lakonischen Art und unendlich berührend.

 

Von der britischen Insel gelangte im Herbst 2007 Die verborgene Welt zu uns, der bezaubernde Debütroman der Autorin Shamim Sarif, der unter dem Titel "The World Unseen" verfilmt und auf internationalen Filmfestivals gezeigt wurde. Shamim Sarifs zweiter Roman, Das Leben, von dem sie träumten, eine Liebesgeschichte im Moskau während des Kalten Krieges, erschien im Herbst 2010 und bot gemeinsam mit Leslie Larsons Roman Turbulenzen Anlass zu einer Debatte über die lesbische Ausrichtung des Verlags. Zu dieser Diskussion ist auf www.lesben.org ein Interview mit der Verlegerin Andrea Krug erschienen – nachzulesen unter bit.ly/gLhqw0. Mit ihrem dritten Roman kehrt Shamim Sarif nun wieder zu einem lesbischen Kernthema zurück: Mitten ins Herz – verfilmt unter dem Titel I can’t think straight – erzählt vom Coming-out zweier junger Frauen mit sehr verschiedenem kulturellen Hintergrund: der Palästinenserin Tala und der Engländerin Leyla, die indische Wurzeln hat. Ebenfalls aus England zu uns gekommen sind zwei lange vergriffene Klassiker der renommierten Autorin Sarah Waters: Die Muschelöffnerin, ein fesselnder, vielschichtig-erotischer Liebesroman, der in der viktorianischen (Halb-)Welt der wilden 1890er Jahre angesiedelt ist, und Solange du lügst, ein historischer Kriminalroman mit atemberaubenden Wendungen.

 

Unsere erfolgreichste deutsche Autorin ist Manuela Kuck, die inzwischen mit Freispruch ihren zehnten Roman bei uns veröffentlicht hat. Dem ersten Auftritt der Anwältin Lena Bokken, die sich darin gleich mit zwei vertrackten Fällen zu befassen hat, folgt hoffentlich bald eine Fortsetzung. Eine weitere wichtige Autorin ist Claudia Breitsprecher, die nach ihrem eindrucksvollen Ost-West-Roman Vor dem Morgen liegt die Nacht ein längst fälliges Sachbuch über lesbische Lehrerinnen verfasste und im Herbst 2011 ihren nächsten Roman vorlegte: Auszeit – "ein leise und besonnen gelegtes Mosaik aus unzählig vielen Steinchen, an denen das Denken Anstoß nehmen kann", wie die Rezensentin Jule Blum schrieb. 2010 kam mit Bettina Isabel Rocha eine neue Autorin zu uns, die mit Tango mit Inés gleich so großen Erfolg hatte, dass sie zu einem Folgeroman inspiriert wurde: Buenos Aires, mi amor. Kürzlich wurde die Reihe der deutschsprachigen Autorinnen um zwei Neuentdeckungen ergänzt: Birgit Utz mit ihrem hinreißenden Roman Smalltown Blues, der bei so mancher Leserin eigene Erinnerungen wecken dürfte, und Astrid Wenke mit Eine Milliarde für Süderlenau, in dem sich die Autorin dem aktuellen, spannenden Thema Grundeinkommen widmet. Und wiederzuentdecken ist Christa Winsloes Klassiker Das Mädchen Manuela – ein Roman, der weit mehr bietet als nur die Grundlage für die Verfilmung "Mädchen in Uniform".

 

Auch sehr schön …

 

Neben der schönen Literatur finden sich in unserem Programm klassische wie auch erzählende Sachbücher, so zum Beispiel auf Interviews basierende Porträts von Frauen, die zu Themen rund um das lesbische Leben Auskunft geben: Viola Roggenkamp über Mütter lesbischer Töchter oder über deren Väter, Sonja Schock über einst heterosexuelle Frauen, die heute lesbisch leben (ein Longseller) und Traude Bührmann über Lesben und Alter/n. Ulrike Janz lässt in Verwandlungen wechseljährige Lesben über Hitzewallungen und Hormone bis hin zu neuen Ansätzen in Lust und Liebe zu Wort kommen, und Silke Buttgereit beleuchtet in Auf ewig war ich Dein die enorme Bandbreite der Beziehungen zur Ex-Geliebten: Modern und zeitgemäß knüpfen lesbische Frauen Beziehungsnetze, in denen vielfältige Lebensentwürfe ihren Raum finden. Mit Renate Stendhals Die Farben der Lust ist ein kluger Ratgeber zum Thema "lesbischer Bettentod" (und wie er zu vermeiden ist) erschienen, gefolgt von dem Ratgeber In jeder Beziehung – Anregungen für Liebespaare von Christa Schulte mit praxiserprobten Tipps, wie wir die Liebe fördern, stärken und feiern können. Und wer dann noch sein Liebesleben auffrischen möchte, kann zu Christa Schultes Bestseller Tantra für Genießerinnen greifen, zu Celeste Wests Klassiker Von der Kunst, Frauen zu lieben oder zu Felice Newmans Lesbensexbuch Sie liebt sie. Für junge Frauen wiederum, die ihr "Anderssein" gerade entdecken, ist mit Silvy Pommerenkes Küsse in Pink ein informatives und zugleich unterhaltsames Coming-out-Buch im Programm.

DAPHNE Verlag

 

"… aus Neid auf die Engländerinnen, die im Frauenbuchladen Silver Moon in London meterweise Lesbenliteratur liegen hatten, und bei uns waren es nur 24 Zentimeter. Da musste etwas passieren" – so hat Susanne Amrain die Gründung ihres Daphne Verlags 1984 erklärt. Die Verlegerin ist vor einiger Zeit gestorben, doch ihre Bücher haben nun bei uns ein neues Zuhause gefunden und sind jetzt wieder problemlos lieferbar. Im Verlagsprogramm von Daphne finden sich zeitgenössische Schätze wie der Roman Unberechenbare Geometrie der Liebe von der Argentinierin Susana Guzner und Klassiker wie Quell der Einsamkeit von Radclyffe Hall (momentan vergriffen), Die Marquise und die Novizin von Victoria Ramstetter oder Desert of the Heart von Jane Rule. Hinzu kommen Bücher zur Lesbengeschichte wie Die Ladys von Llangollen, Verschleierte Porträts oder "… und sie liebten sich doch!" Lesbische Frauen in der Geschichte. 1840-1985. Diese historischen Werke werden ergänzt von einem feinen kleinen Lesbenkrimi-Programm und den Comics von Alison Bechdel."

(Text: Verlag Krug & Schadenberg)

 

Abschließend ein Hinweis aus der Redaktion:

 

Eine Biographie über Christa Winsloe von Doris Hermanns ist unter dem Titel Meerkatzen, Meißel und das Mädchen Manuela im AvivA Verlag erschienen.

 

"Der Film "Mädchen in Uniform", zum besten Film der Weltproduktion von 1931 ausgezeichnet, machte Christa Winsloe fast weltweit bekannt. Heute ist "Mädchen in Uniform" vor allem durch die dritte Verfilmung (1958) mit Romy Schneider, Lilli Palmer und Therese Giehse berühmt.

 

1888 in Darmstadt geboren, ging Winsloe 1909 nach München, um Bildhauerei zu studieren. 1913 heiratete sie den ungarischen Schriftsteller und Mäzen Baron Ludwig von Hatvany und lebte mit ihm in Paris, Ungarn, Berlin und Wien. Nach ihrer Scheidung kehrte sie 1924 nach München zurück, wo sie als Tierbildhauerin arbeitete, aber auch zur Münchener Literaturszene gehörte. Sie war u.a. mit Erika und Klaus Mann sowie mit Kurt Wolff befreundet. Zudem widmete sie sich dem Schreiben und veröffentlichte in der Vossischen Zeitung, Tempo, Querschnitt und im Berliner Tageblatt. Ihr erster Erfolg als Schriftstellerin war 1930 die Aufführung ihres Theaterstücks Ritter Nérestan über Mädchen in einem preußischen Internat, das im folgenden Jahr erstmals verfilmt wurde. Es folgten Romane in englischer und deutscher Sprache. 1932 traf Winsloe die nordamerikanische Journalistin Dorothy Thompson wieder, mit der sie eine leidenschaftliche Affäre hatte. Nach zwei Amerikaaufenthalten blieb sie jedoch wieder in Europa und zog sich 1939 zunächst ins französische Cagnes-sur-Mer, später nach Cluny zurück. Dort wurde sie im Juni 1944 erschossen."

(Text: AvivA Verlag)

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