Meldung aus Wien: Runder Geburtstag II – der auch schon 10!

Aus Wien gibt es weitere Verlagsjubiläen zu vermelden: Nach dem Luftschacht Verlag ist jetzt der Kyrene.Literaturverlag an der Reihe, der Verlag mit der Kuh, auch er wird zehn Jahre alt und bekommt an dieser Stelle seine Glückwünsche. Der Belletristikverlag wurde 2003 in Innsbruck gegründet und kam 2011 mit Schwung über die Berge nach Wien. Aus Innsbruck stammt auch Helmuth Schönauer, der zwar in Tirol geblieben ist, trotzdem ein Autor der ersten Stunde des Verlags ist und ein eifriger dazu. Er hat zum Geburtstagsprogramm (Frühjahr) ein Poem vom Rand der Stadt verfasst.


 

Ein lyrisches Ich kommt in den Mitterweg / und findet

nicht mehr hinaus / weil es am Ende der Welt angelangt ist /

es wurde seinerzeit zwischen Tobadill und Tösens / auf

Höhe der klassischen Pontlatzbrücke / zusammengepudert /

wie man so schön sagt / es hat ein Leben lang ziemliche

Schwächen / zum Beispiel für den Mitterweg / denn um

hier zu wohnen / reicht es bald einmal /

 

wer hier länger durch die Gegend rennt / kriegt dieses

Nasenzucken / das Helge Schneider beim Witzereißen so

berühmt gemacht hat / hier gibt es nichts zu blödeln / der

ganze Mitterweg ist eine Sperrzone / in die nur die Wucht

der Dummheit hineindarf / aber niemals eine Blödelei /

 

  • Helmuth Schönauer: Der Mitterweg ist ausweglos. Poem vom Rand der Stadt. Wien: Kyrene.Literaturverlag 2013. 124 Seiten. 12,50 Euro 

 

Der Mitterweg ist ausweglos ist ein langes Poem der entlegenen Zeit für eine geschlagene Generation, die vielleicht am Mitterweg die erlösende Erschöpfung findet. Schon der Name Mitterweg, für eine Straße im Westen einer kaputten Stadt, kann nichts Besseres anbieten, als mittelmäßig zu sein. Die Tiroler, seit ewigen Zeiten mit absurden Siedlungsformen vertraut, wurden erstmals durch Elias Schneitter beim Festival Sprachsalz mit dem amerikanischen „Poem der Verdroschenen“ in Berührung gebracht. Diese poetische Form des unendlichen Siedelns im Langgedicht würdigt der Mitterweg in seiner ureigensten Form. Die Beatniks und das Verrecken der Siedlungsform spitzen sich fassungslos zu. Der Mitterweg in Innsbruck, konzipiert als paralleler Wohn-Flughafen, worin die Menschen in Armweite zur Piste wohnen, erfüllt seine Aufgaben täglich. Die Menschen kommen nicht in die Höhe und zerschellen an sich selbst. Zwischen den Pisten-Enden „Mac 1“ und „West-End Inn“ stapeln sich mittlerweile Schicksale, die am eigenen Mitterweg zerbrochen sind. Und kein Follow-Me fährt durch das Gedicht vom Mitterweg. Das Poem vom Rande der Stadt ist vielleicht die letzte Form, dieser Piste zu entkommen.“ (Text: Kyrene.Literaturverlag)

 

Helmuth Schönauer, geboren 1953, lebt in Innsbruck. Keine Preise, keine Stipendien, keine Subventionen! Motto: „Schreiben, statt Ansuchen schreiben.“ Einzelgänger, gehört keiner gängigen Strömung an und wird daher auch nur außerhalb des Literaturbetriebes als Schriftsteller wahrgenommen.“ (Text: Schönauer)

Kyrene.Literaturverlag
Kyrene.Literaturverlag

Sachertorte im Benedikt oder alles unter einen Hut gebracht

 

Ein Doppelporträt des Verlegers und Schriftstellers Martin Kolozs


Einmal Sachertorte, bitte! Das Treffen mit Martin Kolozs im Caféhaus Benedikt in Wien Ende 2012 ist quasi ein Treffen mit zweimal dem gleichen Herrn. Verleger verlegen Bücher, schreiben sie aber eher selten selbst. Der 34-Jährige macht genau das seit vielen Jahren: Er ist Verleger und Schriftsteller (und Journalist und mehr) und beides bringt er, so macht er den Eindruck, mühelos unter einen Hut. Das eine ist ihm so lieb und teuer wie das andere. Als typischerweise erweitertes Büro dient ihm das enge Benedikt. Warum, versteht man bei der später gewünschten Kurzführung durch den Verlag. Der Hauptraum sieht aus wie eine dunkle Theaterbühne, in den kleinen Nebenräumen stapeln sich Bücher. Hier, bei elektrischem Licht, wird also Literatur gemacht.

 

Befragt wird zunächst der Verleger, Überschneidungen mit dem Tun des Schriftstellers sind nicht ausgeschlossen. Martin Kolozs ist gebürtiger Innsbrucker, und in Tirol gab es zwar schon immer Berge, aber vor einiger Zeit noch kaum Verlage. Dieser Umstand und die Entdeckung einer exquisiten Kunstmappe von Georg Trakl waren für Kolozs das Signal, den Seitensprung von der Arbeit im Antiquariat ins Verlagsgeschäft zu wagen. Gemeinsam mit einem Partner wurde dann fast blindlings, aber mit großer Begeisterung für Literatur 2003 der Kyrene.Literaturverlag gegründet. Dessen allererste Publikation im Jahr 2004 versteht Kolozs als Würdigung des berühmten Lyrikers (geb. 1887 in Salzburg, gest. in Krakau, überführt nach Innsbruck), mit dem sich heute noch die junge Dichtergeneration künstlerisch auseinandersetzt. Unterstützung bekamen die Verleger vom angesehenen Brenner-Archiv (dem Literaturarchiv Tirols).

 

„Am Moor“ beinhaltet neben ausgewählten Gedichten von Georg Trakl zwölf Radierungen von Hubert Sommerauer. Die initiierte Reihe nennt sich Reihe alte Autoren. Da waren ein gutes Gespür und Glück gleich am Anfang mit im Spiel, die lokale Presse und Leserschaft nahmen die Neulinge mit ihrem Debüt gut auf. Schnell wird man in Innsbruck bei der weiteren Autorensuche fündig und reicht die Reihe junge Autoren nach mit dem in drei Auflagen erscheinenden Tiefprovinz-Roman „Bürger Metzger Meisterin“ des Berufsnörglers Helmuth Schönauer. Man betrieb „Orientierungsarbeit“. Der Roman ist inzwischen vergriffen, Schönauer noch heute Verlagsautor und aktuell im Herbstprogramm vertreten.

 

Fortsetzung des Porträts auf CULTurMAG.

 

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