10. Grüße aus Wien: Apropos Hotlistpreise

Wiener Riesenrad (Foto: sw)
Wiener Riesenrad (Foto: sw)

Gustav Ernst erhält Literaturpreis der Stadt Wien 2013

Es ist die Zeit der großen Literaturpreise: Deutscher Buchpreis, Nobelpreis, aspekte Literaturpreis und DIE Hotlistpreise. Und es sind noch so viele mehr, da müsste eigentlich jeder Literaturschaffende mal an der Reihe sein.

Auch Wien vergibt seit mehr als fünfzig Jahren jährlich Preise für herausragendes kulturelles Werken und Wirken in verschiedenen Sparten. Für die Literatur (8.000 Euro) ging er in diesem Jahr an den in Wien lebenden Schriftsteller, Dramatiker und Drehbuchautor Gustav Ernst. Seine beiden letzten Romane wurden im renommierten und unabhängigen Innsbrucker Haymon Verlag veröffentlicht.

 

Der Programmschwerpunkt des 1982 gegründeten Verlags liegt heute auf der Literatur, zu einem kleineren Teil auf dem Sachbuch. Man spanne einen weiten inhaltlichen und ästhetischen Bogen, der von Bewährtem und Bekannten bis zu Neuem und Unkonventionellen reiche. Neben Tiroler Autoren wie Felix Mitterer und Raoul Schrott wächst die ansehnliche Liste prominenter österreichischer Autoren heran (z. B. Mayröcker, Lydia Mischkulnig, Angelika Reitzer, Gerhard Rühm, Ferdinand Schmatz). Seit 2011 erscheint darüber hinaus das Werk des preisgekrönten Schweizer Dichters Klaus Merz in einer auf sieben Bände angelegten Gesamtausgabe. Und seit Mitte der 90er-Jahre setzt der Haymon Verlag mit den Lieblingsinspektoren seiner Leserschaft nun auch erfolgreich auf die Kriminalliteratur.

 

Gustav Ernst – Grundlsee

 

Von den glücklichen und weniger glücklichen Tagen einer Familie: Jedes Jahr verbringen John, Bella und Lili wohlbehütet einen schönen Sommer mit ihren Eltern am Grundlsee. An der Tagesordnung stehen die üblichen Quengeleien und liebevollen Querelen. Noch weiß keiner von ihnen, welche Herausforderungen das Leben für sie bereithält – doch holen sie diese schneller und heftiger ein, als sie ahnen können.
Gustav Ernst erzählt eine berührende Familiengeschichte über drei Generationen hinweg. Mit bestechend feinem Sensorium für das Zwischenmenschliche macht er die Bestimmungslinien und Unwägbarkeiten einer Familie sichtbar, wie sie auch die unsere sein könnte. Und zeigt, was passiert, wenn eintritt, womit jeder rechnen muss: mit dem Fortschreiten der Zeit, ihrer Gelassenheit, ihrer Unerbittlichkeit – unschlagbar lakonisch und authentisch wie das Leben selbst. (Text: Haymon Verlag)

 

Textauszug:

 

„Meine Frau sagt: Ich fühle mich ohnmächtig. Ich hätt’

mir nie gedacht, dass ich meinen Kindern gegenüber

einmal so ohnmächtig sein würde. Hättest du dir das

gedacht? Dass sie einmal ihrer Wege gehen würden,

war mir klar, aber dass das mit so einer Ohnmacht verbunden

ist, war mir nie klar. Sie sagt: Vielleicht war es

mir klar, aber so klar gefühlt habe ich es nie. Sie sagt:

Früher war unser Zuhause für sie immer größer als

die Welt. Heute ist für sie die Welt größer als unser

Zuhause. Und in dieser Welt bin ich nicht mehr, sagt

sie, in dieser Welt sind wir beide nicht mehr.“

(aus: Ernst, Grundlsee 2013)

 

  • Gustav Ernst: Grundlsee. Roman. Innsbruck: Haymon Verlag 2013. 120 Seiten.17,90 Euro.
Gustav Ernst (Foto: Gerhard Kresser, Theater KOSMOS)
Gustav Ernst (Foto: Gerhard Kresser, Theater KOSMOS)

Gustav Ernst – Beste Beziehungen

 

Lisa und Franz haben zwei nette kleine Kinder und arbeiten auf das gemeinsame Haus hin, deshalb soll Franz sich gefälligst um seine Beförderung bemühen, wie Lisa findet; Jack ist Büroleiter des Wirtschaftsministers und mitten im Wahlkampf, sieht seine Frau selten und seine Affäre gelegentlich; dass Hanno mit Exfrau Sabine und seiner neuen Freundin unter einem Dach wohnt, findet er in Ordnung, aber nur er; und Stöger, der pflichtbewusste Deutschlehrer, will seiner Nichte Pia eigentlich nur Nachhilfe geben …

 

Ungefiltert und ungeschönt lässt Gustav Ernst in seinem neuen Roman seine Figuren sprechen. In ihren bestechend authentischen Dialogen schwelt die Abneigung, keimt leise Aggression auf, stumpfen Gefühle allmählich ab und die Moral verfällt. Und dann kommt der Punkt, an dem alles eskaliert.
Gustav Ernst erweist sich in Beste Beziehungen als unbarmherziger Autor, der dort weiterspricht, wo andere längst schweigen – und er ist dabei glaubwürdiger, als einem lieb ist. (Text: Haymon Verlag)

 

  • Gustav Ernst: Beste Beziehungen. Roman. Innsbruck: Haymon Verlag 2011. 212 Seiten. 21,90 Euro.