Literaturnobelpreis für Mo Yan

Der Nobelpreis für Literatur des Jahres 2012 wird dem chinesischen Schriftsteller Mo Yan verliehen. Mo Yan sei ein Autor, "der mit halluzinatorischem Realismus Märchen, Geschichte und Gegenwart vereint", so die offizielle Begründung der Schwedischen Akademie in Stockholm.

 

Mo Yan (was so viel heißt wie "keine Sprache") ist das Pseudonym von Guan Moye. Er wurde 1956 in Gaomi in der Provinz Shandong geboren und entstammt einer bäuerlichen Familie. Seine Bücher wurden mit zahlreichen bedeutenden Literaturpreisen ausgezeichnet. Spätestens seit Zhang Yimous preisgekrönter Verfilmung seines Romans Das rote Kornfeld gilt Mo Yan auch international als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Autoren der chinesischen Gegenwartsliteratur.

 

Die Bücher von Mo Yan sind im Unionsverlag, im Horlemann Verlag, im Suhrkamp Verlag und im Rowohlt Verlag erschienen.

 

Was aber unter "halluzinatorischem Realismus" zu verstehen ist? - vielleicht helfen kurze Inhaltsangaben von Mo Yans fünf auf Deutsch vorliegenden Romanen weiter.

 

Das rote Kornfeld

 

"Die endlosen Felder sind der Glanz und der Reichtum des chinesischen Dorfes Gaomi. In mächtigen roten Wellen erstrecken sie sich bis zum Horizont. Rot sind auch die Vorhänge der Sänfte, in der die schöne Dai Fenglian zu ihrem zukünftigen Ehemann Shan getragen wird. Aber als der Sänftenträger Yu Zhan’ao und Dai Fenglian sich sehen, entbrennen sie in Liebe zueinander. Als opulente Familiensaga zeichnet der Roman das Schicksal eines Dorfes vor dem Hintergrund des chinesisch-japanischen Krieges nach. Vierzig Jahre später erinnert sich der Enkel an den süßen Duft des frisch gebrannten Schnapses und an die vielen Geschichten und losen Scherze. Die Geister seiner Vorfahren fordern ihn auf, die Tradition des Dorfes und seiner Familie fortzuführen, Vergangenheit und Gegenwart zu versöhnen.


Mo Yan beschreibt atmosphärisch dicht eine Familie am Übergang vom traditionellen zum modernen China. Die Verfilmung des Romans von Zhang Yimou wurde 1988 mit dem Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele ausgezeichnet und für den Oscar nominiert." (Verlagstext)

 

 

Die Knoblauchrevolte

 

"Mo Yan beschreibt mit viel Spannung den Kampf des Einzelnen gegen die staatliche Willkür im heutigen China. Die Stärke des Romans ist die Mischung aus bitterem Realismus und Poesie." - Der Spiegel


"Die Bauern des nordöstlichen Gaomi erwarten die alljährliche Knoblauchernte – doch zum Verkauf der Knollen kommt es nicht. Die Gemeinde weigert sich, den Knoblauch wie üblich abzunehmen: Es gibt einfach zu viel in diesem Jahr. Statt des würzig-herben Dufts legt sich erstickender Modergeruch über die Dörfer.
Die unwirtschaftlichen und schlicht falschen Planungen der Behörden bedrohen die Existenz der Bevölkerung. In ihrer unbändigen Wut revoltieren die Bauern gegen die erbarmungslose und korrupte Bürokratie – mit dramatischen Folgen." (Verlagstext)

 

Die Schnapsstadt

 

"Mo Yan verdient einen Platz im Pantheon der Weltliteratur. Seine Stimme wird den Weg ins Herz seiner Leser finden wie die von Kundera und García Márquez." - Amy Tan


"In China brodelt die Gerüchteküche: In einer entlegenen Provinz sollen dekadente Parteikader, skrupellose Parvenüs, die nach der Wirtschaftswende zu Reichtum gekommen sind, kleine Kinder nach allen Regeln der Kochkunst zubereiten lassen. Sonderermittler Ding Gou’er wird nach Jiuguo, in die so genannte "Schnapsstadt", entsandt, um der Fama dieser "Fleischkinder" auf den Grund zu gehen. Doch kaum hat Ding den Fall aufgegriffen, sieht er sich konfrontiert mit einer wahnhaften Welt, die von Aberglaube und Korruption, von Anmaßung und Gier beherrscht wird.


Die Schnapsstadt ist eine virtuose Groteske, eine politische Allegorie, die das neue China der toten Ideale und seine gesellschaftliche Wirklichkeit kühn gegen den Strich bürstet." (Verlagstext)

 

Die Sandelholzstrafe

 

""Wenn ich einen Nobelpreisträger küren dürfte, dann wäre es Mo Yan", sagte Kenzaburô Ôe einmal über den wichtigsten lebenden Romancier Chinas.

 

In seinem großen historischen Epos inszeniert Mo Yan eine farbenprächtige Pekingoper aus der deutschen Kolonialgeschichte seines Heimatlands. Vor der Kulisse einer untergehenden Epoche treten fünf Figuren auf die Bühne der Geschichte und kämpfen für das, was sie bewahren wollen, und für die, die sie lieben.

 

Viel Neues geschieht im China des Jahres 1899: Von überall her drängen fremde Menschen in das zuvor verschlossene Reich. Sie bringen etwa die Eisenbahn, die bei der Provinzstadt Gaomi über die Gräber der Ahnen verlaufen soll. Vieles geht aber auch zu Ende in diesen letzten Tagen des Jahrhunderts: Das Kaiserreich liegt in Agonie, ebenso wie Sun Bing, der Opernsänger und Anführer des Aufstands gegen die Trasse und deren Erbauer. Um seinen Ungehorsam zu ahnden, bündelt die Staatsmacht all ihre Kräfte und verordnet ein letztes Mal die Sandelholzstrafe, die grausamste und zugleich kunstvollste der überkommenen Foltermethoden. Leib und Leben nicht allein des Opfers, sondern auch seiner Tochter, ihres Ehemanns, ja selbst des Henkers und des Richters stehen mit diesem Urteilsspruch auf dem Richtplatz der Geschichte.

 

In einem der bedeutendsten chinesischen Romane der jüngsten Zeit spielt Mo Yan virtuos das Spiel der Masken, Perspektiven und Kontraste. Gewalt und Poesie, Empathie und schwarzer Humor, Derbheit und Feinsinn, die Fülle des westlichen Romans und die Eleganz der chinesischen Oper gehen in seiner bilderreichen und suggestiven Sprache Hand in Hand." (Verlagstext)

 

Der Überdruss

 

"Mo Yans neuer Roman beginnt am 1. Januar 1950 in der Hölle. Kurz zuvor ist durch Mao Tsetungs Landreformbewegung die traditionelle Ordnung des ländlichen China abgeschafft worden.

Zwei Jahre lang hat Fürst Yama, der Herrscher der Unterwelt, den Grundbesitzer Ximen Nao jeder möglichen Folter unterworfen, um ihn zu zwingen, die Anklagepunkte zu akzeptieren, die zu dessen Hinrichtung durch die Kleinbauern führten. Aber Ximen Nao beteuert hartnäckig seine Unschuld.

Widerwillig lenkt Yama schließlich ein und erlaubt Ximen, auf die Erde zu seinem früheren Besitz im verarmten Shandong zurückzukehren. Aber als dieser dort ankommt, findet er zu seiner Enttäuschung heraus, dass er nicht als Mann wiedergeboren wurde, sondern als Esel. Mit den Augen des Tieres verfolgt er nun das Schicksal seiner früheren Familie, seiner Freunde, Rivalen und Feinde. Weitere Wiedergeburten lassen ihn zu einem Stier, einem Schwein, einem Hund und einem Affen werden und schließlich zu einem Jungen mit
großem Kopf, der ein verblüffendes Gedächtnis und ein Talent für Sprachen hat. Aus der derben und außerordentlich unterhaltsamen Perspektive eines jeden Charakters – sowie von Mo Yan selbst, der immer wieder unterbricht, um Ereignisse zu kommentieren – erzählt dieser Roman die letzten 50 Jahre der stürmischen Geschichte Chinas." (Verlagstext Horlemann Verlag)

 

In der Hölle, wo die Klassenfeinde schmoren

 

"In der Hölle, wo die Klassenfeinde schmoren, hadert der Großgrundbesitzer Ximen Nao mit seinem grausamen Tod. Nein, er war kein Feind der Revolution und hat seine Bauern immer gut behandelt! Der Höllenfürst Yama hat ein Einsehen und erlaubt ihm, in sein früheres Haus zurückzukehren. Doch welch ein Missgeschick, er wird als Esel wiedergeboren. Klug und willig dient er nun seinen früheren Untertanen und erstaunt sie durch unerwartete Talente. Doch auch dem Esel ist kein glückliches Leben beschieden, wieder und wieder wird er neu geboren – als kraftstrotzender Stier, als fruchtbarer Zuchteber, als oberschlauer Affe. So durchlebt er heroische und grausame Zeiten inmitten des Dorfes, dessen Herr er einst war. Als schelmischer Erzähler führt er den Leser durch große und kleine Abenteuer in den Höhen und Tiefen der chinesischen Geschichte.


Mo Yans zutiefst menschlicher Roman ist ein funkelnder Bilderbogen, sprühend vor Komik und berührend durch Anteilnahme." (Verlagstext Unionsverlag)

 

Die Bücher von Mo Yan auf Deutsch

 

  • Das rote Kornfeld. Roman. Aus dem Chinesischen von Peter Weber-Schäfer. 496 Seiten, Broschur. Unionsverlag, Zürich 2010 (2. Auflage). 12,90 Euro
  • Die Knoblauchrevolte. Roman. Aus dem Chinesischen von Andreas Donath. 384 Seiten, Broschur. Unionsverlag, Zürich 2009. 12,90 Euro
  • Die Schnapsstadt. Roman. Aus dem Chinesischen von Peter Weber-Schäfer. 512 Seiten, Broschur. Unionsverlag, Zürich 2012. 12,95 Euro
  • Die Sandelholzstrafe. Roman. Aus dem Chinesischen von Karin Betz. 652 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Insel Verlag, Berlin 2009. 29,80 Euro
  • Der Überdruss. Roman. Aus dem Chinesischen von Martina Hasse. 816 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag. Horlemann Verlag, Berlin 2009. 29,90 Euro
  • Der Überdruss. Roman. Aus dem Chinesischen von Martina Hasse. 816 Seiten, Broschur. Unionsverlag, Zürich 2012. 16,95 Euro

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