Luiz Ruffato, Es waren viele Pferde

 

"São Paulo, ein Tag im Mai 2000. Es ist leicht bewölkt, und der Morgen geht auf. Gelegenheitsarbeiter stapfen entlang der Landstraße an ihre Arbeit, spärlich beleuchtete Busse karren Menschen aus allen Himmelsrichtungen heran.

In 69 Shortcuts entwirft der erste Roman des brasilianischen Ausnahmeautors Luiz Ruffato, ein kaleidoskopisches Abbild der Megacity São Paulo mit ihrem Glamour, ihrem Elend, ihrer Verlogenheit und ihrem Schmerz.

Luiz Ruffato bewegt sich nicht als Flaneur durch die brasilianische Metropole, sondern als "Zappeur", der sich kinematografisch in 69 drastischen Szenen durch die Stadt klickt. So gelingt es ihm, die einzelnen Stimmen wieder hörbar zu machen. Die verschiedenen Schlaglichter fügen sich zur Geschichte eines Landes, das von Gewalt und Entwurzelung gezeichnet ist. Jede der Geschichten hat eine eigene Stimme, einen eigenen Ton, eine eigene soziale Färbung. Mit fast paranoider Präzision gelingt es Luiz Ruffato, den Klang, die Gerüche, die Farben, die Angst der 22-Millionen-Stadt poetisch exakt zu erfassen und zu dem verstörenden Porträt einer zerrissenen Gesellschaft zusammenzusetzen."

(Text: Assoziation A)

 

Zum Autor:

 

Luiz Ruffato wurde 1961 in Cataguases im brasilianischen Bundesstaat Minais Gerais geboren und wuchs in einer armen Migrantenfamilie auf. Er arbeitete u. a. als Verkäufer und Mechaniker und studierte Journalismus. Im Jahr 1998 veröffentlichte er einen ersten Band mit Kurzgeschichten. Drei Jahre später folgte der Roman Es waren viele Pferde (Eles eram muitos cavalos), der die brasilianische Literatur revolutionierte, von der Kritik enthusiastisch aufgenommen und u. a. mit dem Prêmio Machado de Assis der brasilianischen Nationalbibliothek ausgezeichnet wurde. Eine Jury von Literaturkritikern der Zeitung Globo zeichnete das in mehrere Sprachen übersetzte Buch als einen der zehn besten brasilianischen Romane der letzten Dekade aus. Zwischen 2005 und 2011 schrieb Luiz Ruffato den fünfbändigen Zyklus Inferno próvisorio (Provisorische Hölle; auf Deutsch ab 2013 bei Assoziation A).
Luiz Ruffato lebt in São Paulo.

 

Eine Lesereise führt Ruffato zwischen dem 13. und dem 22. November 2012 nach Frankfurt, Berlin, München, Zürich, Bern, Salzburg, Worms und Wien. Termine hier.

 

  • Luiz Ruffato, Es waren viele Pferde. Aus dem Portugiesischen (Brasilien) von Michael Kegler. 160 Seiten, gebunden. Assoziation A, Hamburg 2012. 18,00 Euro

Den Literatur- und Filminteressierten wird bei dem Titel Es waren viele Pferde Cormac McCarthys Roman All die schönen Pferde in den Sinn kommen (bei Rowohlt).

 

Ein weiteres zu empfehlendes 'Pferdebuch' hat die Achilla Presse herausgebracht. Es trägt den markigen Titel Pferde und Männer und stammt von Sherwood Anderson.

 

Hier eine Leseprobe daraus:

"Es war ein schwerer Schock für mich, einer von den allerbittersten, mit denen ich mich je abfinden mußte. Und das alles ist überhaupt nur durch meine eigene Dummheit passiert. Sogar jetzt noch möchte ich manchmal, wenn ich daran denke, heulen oder fluchen oder mit selber einen Tritt geben. [...]"

 

"Wir sind alle aus Gogols Mantel geschlüpft", sagte Dostojewski (oder soll es gesagt haben) in Anspielung auf Gogols gleichnamige Erzählung.

Ein ähnliches, verbürgtes, Zitat gibt es von William Faulkner zu Sherwood Anderson (1876-1941), dem Erzähler von Winesburg, Ohio.:

"Ihm ist niemals der gebührende Platz in der amerikanischen Literatur eingeräumt worden. Für mich ist er der Vater meiner ganzen Generation: Hemingway, Erskine Caldwell, Thomas Wolfe, Dos Passos...".

 

  • Sherwood Anderson, Pferde und Männer. Erzählungen, lange und kurze, aus dem amerikanischen Leben. Herausgegeben, aus dem Englischen (USA) übersetzt und mit einer Zeittafel versehen von Jürgen Dierking. 377 Seiten, Hardcover mit Transparent-Schutzumschlag. Achilla Presse, Butjadingen 1996. 20,00 Euro
  • Cormac McCarthy, All die schönen Pferde. Roman. Aus dem Englischen (USA) von Hans Wolf. 320 Seiten, Broschur. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2000. 8,95 Euro

 

(mr)

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